» Kapitel 30 «

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Die Menge teilte sich wie auf Kommando. Nur ich blieb wie angewurzelt stehen und starrte die Neuankömmlinge an. Nicht aus den Gründen, aus denen ich das vielleicht hätte tun sollen: zum Beispiel, weil mein Bräutigam herausgeputzt und dennoch unscheinbar war, oder weil die Tyrannin mich feindselig musterte. Nein, meine Aufmerksamkeit war einzig und allein auf Connor gerichtet. Auf Connor, an dessen Seite ein Mädchen stand und die Unterseite seines Oberarms mit ihrer grazilen, schlanken Hand umfasste.

Ich hatte noch nie ein so schönes Paar gesehen.

Wenn ich schon die anderen Frauen im Saal überirdisch attraktiv fand, so übertraf diese sie alle mit ihrer Schönheit. Sie war nur wenige Meter von mir entfernt und strahlte eine solche Lieblichkeit aus, dass meine Knie weich wurden. Ein engelsgleiches Gesicht mit unglaublich hohen Wangenknochen, vollen Lippen und geschwungenen Augenbrauen. Ihre Augen waren so grün und eiskalt, dass ich den Blick abwenden musste, weil sie mir förmlich das Blut in den Adern gefroren. Ihr Haar hatte die Farbe reifen Weizens, kurz vor der Ernte, und fiel ihr gelockt auf die nackten Schultern. Auch das Kleid, das sie trug, war umwerfend. Es hatte denselben smaragdenen Ton wie ihre Augen und hob all ihre Reize verschwenderisch hervor. Ich hatte noch nie einen so schönen Menschen gesehen.

Und sie passte ganz ausgezeichnet zu Connor.

Warum stand sie so nah bei ihm und wieso ließ er sich von ihr auf diese vertraute Weise berühren?

Ich kam nicht mehr dazu, mir noch mehr Gedanken über diese Unbekannte zu machen, denn der König hatte diesen denkbar ungeeigneten Zeitpunkt ausgesucht, um sie versammelten Adligen als Auditorium zu missbrauchen und eine Ansprache zu halten.

Er löste sich von seinem Gefolge und trat zu mir, nahm meine Hand und küsste mich auf den Mund. Ich war so überrascht, dass ich mich nicht einmal davor ekelte. Dann löste er sich von mir und leckte sich über die Lippen. Ich sah Hohn in seinen Augen aufblitzen, Hohn und Frohlocken über seinen Sieg, aber...da war noch etwas. Verlangen, Hunger...

Ich schluckte und warf einen kurzen Blick auf Connor, der den Kiefer zusammenpresste, jedoch stoisch zu Boden schaute. Die Hand der Schönheit lag immer noch auf seinem Oberarm, was mich noch mehr in den Wahnsinn trieb, als die Situation an sich. Wer war sie?

»Es freut mich über alle Maßen, dass Ihr Euch allesamt die Zeit genommen habt, an diesem besonderen Ereignis teilzunehmen. Nach der unerfreulichen Hinrichtung eines Soldaten ist es doch eine nette Abwechslung, der Gemahl einer wunderschönen jungen Frau zu werden, oder nicht?«

Die Gäste lachten und klatschten dem König Beifall, während ich meine Lippen zu einem Lächeln zwang und so tat, als würde ich mich über die bevorstehende Heirat freuen.

Niemand merkte mir etwas an.

»Es ist mir eine Freude, Euch mitteilen zu dürfen, dass mein guter Freund und Vertrauter Maxwell Lewis sich entschlossen hat, die Trauung durchzuführen. Einen Applaus für Max!«

Die Menge klatschte, als ein älterer Herr mit lichtem Haar sich aus dem Gefolge des Königs löste und mit einem schüchternen, aber durchaus sympathischen Lächeln vortrat. Er verbeugte sich tief und musterte den König und mich freundlich: »Die Freude ist ganz meinerseits.«

»Nun gut!«, erhob Taron die Stimme und brachte auf diese Weise die angetrunkenen Gäste zum Verstummen. »Ich möchte mich ja auf gar keinen Fall beschweren - aber ich möchte so schnell wie möglich der Gemahl dieser liebreizenden Dame werden!«

*

Die Zeremonie dauerte eine halbe Ewigkeit.

Maxwell hielt eine Predigt - eine gute Predigt, wie ich glaubte. Nur dass ich nicht viel von ihr mitbekam, denn ich war nach wie vor damit beschäftigt, mich zu fragen, wer die Frau an Connors Seite war und warum er mich nicht ein einziges Mal ansah.

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now