Kapitel 48

3.3K 307 74
                                    

Draußen war es noch dunkel, als Jeremia an meine Tür klopfte und mich weckte. Ich setzte mich eilig in meinem Bett auf, rieb mir den Schlaf aus den Augen und machte mich daran, die Holzleiter hinunterzuklettern. Ich war bereits vollständig angezogen, sodass ich nur noch den Beutel zu nehmen brauchte, in dem sich die paar wenigen Kleidungsstücke befanden, die ich mitnehmen wollte, darunter das wunderschöne Kleid und die dazugehörigen Pantoffel.

Vielleicht würde ich es benötigen. In Westenraa, Dashwood oder Rushworth. 

»Gehe einfach vor die Haustür, dort warten Cyryl und Marten mit den Pferden«, flüsterte Jeremia und schirmte die flackernde Fackel, die er in der rechten Hand hielt, ab, vermutlich, um Moyra nicht aufzuwecken. »Ich hole in der Zwischenzeit die Seherin und ihre Nachfolgerin. Wenn du etwas essen möchtest, sag Bescheid. Meine Mutter hat uns einiges an Lebensmitteln mitgegeben.« Dann machte er auf dem Absatz kehrt und eilte davon.

Das waren definitiv viel zu viele Informationen am frühen Morgen.

Gähnend tastete ich mich durch die Dunkelheit, da Jeremia seine Fackel wieder mitgenommen hatte, und fand den Beutel erst, nachdem ich über eine Unebenheit stolperte und mir schmerzhaft die Hüfte an dem wuchtigen Schreibtisch stieß, der sich gegenüber des Stockbetts befand.

Ich fluchte unterdrückt.

»Mach dir nicht die Mühe, ich bin schon wach, seit Mahoney hereingekommen ist«, ertönte Moyras spöttische Stimme. »Und du bist nicht gerade unauffällig.«

»Verzeih«, sagte ich zerknirscht und umklammerte den Beutel.

»Schon gut, ich wollte mich ohnehin nochmal verabschieden«, entgegnete sie mit einem Lächeln in der Stimme, das ich unwillkürlich erwiderte, obwohl sie mich nicht sehen konnte.

Sie stand seufzend auf, fand mich um einiges schneller, als ich den Beutel gefunden hatte, und schloss mich fest in die Arme. »Ich werde diese Gelegenheit nutzen und mich von dir in Iris' Zimmer schmuggeln lassen«, flüsterte sie leise an meinem Ohr und lachte.

»So wichtig bin ich dir also«, sagte ich amüsiert und umarmte sie. Dann trat ich einen Schritt von ihr zurück. Es fiel mir schwer, ihre Gesichtszüge in der Dunkelheit auszumachen, aber schemenhaft waren sie da. »Ich wünsche euch beiden viel Glück«, meinte ich schließlich. »Im Ernst. Ich hoffe, innerhalb der nächsten Wochen, in denen ich auf Reise sein werde, schafft ihr es, eure Beziehung endlich öffentlich zu machen. Ihr habt das verdient.«

»Ich arbeite daran«, sagte sie trocken.

Wir brachen beide in Gelächter aus. »So habe ich das ganz bestimmt nicht gemeint.«

Während ich noch gegen mein Lachen ankämpfte, wurde Moyra schlagartig ernst. »Viel Erfolg. Und pass bitte auf dich auf.«

»Das mache ich, ganz bestimmt.«

Damit öffnete ich die Tür, die ich überraschenderweise auf Anhieb fand. Der Flur war von Fackeln erhellt, wie Jeremia eine gehabt hatte, sodass ich endlich etwas erkennen konnte. Zögernd blickte ich zurück. »Kommst du nun?«

»Ja, sicher, ich muss nur schnell in meine Schuhe schlüpfen.«

Ich blickte auf meine schweren Stiefel. Gleich würde ich reiten. Dabei konnte ich es gar nicht richtig. »Moyra?«

»Ja?« Endlich war sie mir auf den Flur gefolgt und schaute mich fragend an. »Was ist?«

»Ich kann nicht reiten. Habe es nur ein paar Male getan.«

»Und das ist deine größte Sorge?« Sie lächelte einnehmend. Ihre weißen Zähne kontrastierten auf höchst attraktive Weise mit ihrer dunklen Haut. »Das wird schon. Versprochen. Jeremias Pferde sind allesamt wahnsinnig gute Reittiere. Solange du nicht umherzappelst wird alles gutgehen.«

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now