» Kapitel 8 «

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Misstrauisch beäugte ich die Klinge des Schwertes, das ich in der rechten Hand hielt. Man hatte die Planen von der kuppelartigen Decke genommen, sodass die Halle von hellem Sonnenlicht durchflutet wurde, das sich gleißend in der metallenen Klinge spiegelte und mich blendete. Ich hatte ja gar nicht gewusst, wie schwer ein Schwert sein konnte!

Als Übungspartner teilte der Offizier mir einen wortkargen, älteren Soldaten zu, dessen Zähne schief und schwarz waren. Sein Name war Theodore und sein Anblick erschreckend und ein wenig ekelerregend, doch der erste Eindruck täuschte: Was ihm an gutem Aussehen fehlte, machte er mit seiner messerscharfen Intelligenz und seiner Grazie wieder wett. Ich hatte ihn bis jetzt ein paar Mal in einem Übungskampf beobachtet und kam aus dem Staunen - auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte - gar nicht mehr heraus. Nicht er führte das Schwert, sondern das Schwert führte ihn. Und das beeindruckte mich so sehr, dass ich spontan den Entschluss fasste, einmal so gut zu werden wie er. Oder wenigstens halb so gut. Ich wollte, dass auch meine Waffe zu einem Teil von mir wurde, eine praktische Verlängerung meines Arms. Natürlich hatte ich in meinem Leben nie die Gelegenheit gehabt, das Schwertkämpfen zu erlernen - wozu denn auch? -, aber nun, wo ich sie hatte, würde ich diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen.

Mein Herz flatterte bei der Vorstellung, so anmutig und elegant wie mein jetziger Partner über ein Schlachtfeld zu tänzeln, freudig und voller Erwartung. Ich würde alles in meiner Macht Stehende tun, um zu erreichen, was ich mir vorgenommen hatte. Und dieser rothaarige, kluge Mann würde mir dabei behilflich sein.

Doch nun, für den Augenblick, hatte ich schon genug Schwierigkeiten damit, das Schwert nicht fallen zu lassen.

»Olivia«, mahnte er leise und nahm mir das Übungsschwert aus den Händen. »hör auf, damit herumzufuchteln.«

»Es ist verdammt schwer«, stöhnte ich und ballte meine Hände zu Fäusten, weil meine Finger krampften.

»Schwer?«, höhnte Theodore auf eine eigenartig gutmütige Weise. »Es ist ein Übungsschwert aus leichterem Metall. Wenn dir das schon zu schwer ist, wie wird es sich dann mit den richtigen Schwertern verhalten?« Er seufzte. »Ich bin der Meinung, du solltest von vorne anfangen. Was bedeutet, dass du mit dem waffenlosen Training beginnst. Zur Stärkung deiner Muskulatur.«

»Aber...«, protestierte ich schwach, weil ich tief in mir wusste, dass er recht hatte. Ich war nicht stark genug, um mit tatsächlichen Waffen zu trainieren. Das Problem war lediglich, dass ich nicht besonders geduldig war. Und wenn ich mir etwas in den Kopf setzte, wollte ich es schnellstmöglich erreichen.

»Kein aber«, sagte Theodore und warf das Schwert von sich. Mit einem dumpfen Klappern, das in dem vorherrschenden Tumult völlig verloren ging, schlug es auf dem Boden auf und rutschte ein paar Meter weiter. Ich blickte ihm sehnsüchtig hinterher. Theodore fing meinen Blick auf. »Kann es sein, dass es dir die Waffe angetan hat?«

Ich schüttelte den Kopf: »Nein, nein, ich bin bloß...«

»Wenn du möchtest, dass ich dir das Kämpfen beibringe, Olivia«, erklärte er streng, »wirst du mich nicht belügen. Wenn ich dir eine Frage stelle, hast du wahrheitsgemäß zu antworten. Und behaupte nicht, dass du nicht mit mir arbeiten willst, denn ich kann es dir von den Augen ablesen.«

Ich schluckte und sah Theodore an. Dann zuckte ich mit den Schultern. Was hatte ich schon zu verlieren? »Ja, Ihr habt recht. Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr euch meiner annehmen würdet, um mir das Schwertkämpfen beizubringen.«

Theodore nickte, als er hätte er nichts anderes erwartet und sagte: »Ich bin einverstanden. Habe aber doch die eine oder andere Bedingung.«

»In Ordnung.«

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now