» Kapitel 21 «

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Um Fitzpatrick stand es nicht gut, als ich wieder die Bibliothek betrat und ihn auf einem der Lesetische liegen sah. Raymond und George versuchten fortwährend, die Blutung zu stoppen, und zischten sich dabei immer wieder wütend an. Als sie meine Anwesenheit bemerkten, verstummten sie augenblicklich.

Ich ging eiligen Schrittes zu ihnen und stellte den Eimer voller Wasser auf dem Boden ab. Dann reichte ich George die weißen Leinentücher, die ich in dem kleinen Waschraum gefunden hatte. Er nahm sie an sich und presste eines davon auf Fitzpatricks Wunde. Es verfärbte sich innerhalb weniger Augenblicke rot. Er fluchte unterdrückt.

»Er hat Fieber«, bemerkte Raymond, der meinem Übeltäter die Hand auf die Stirn gelegt hatte. »Und er zittert am ganzen Körper. Das hält er nicht viel länger durch. Wir sollten ihn von seinem Leid erlösen.«

»Nein, verflucht!«, brüllte George, sodass ich einen Schritt zurückwich. Ich hatte einen solchen Ausbruch seinerseits nicht erwartet. Doch er hatte sich schnell wieder unter Kontrolle und senkte die Stimme. »Ich will ihn dem König lebend überbringen. Er hat keinen gnädigen Tod verdient.«

Fitzpatrick stöhnte laut auf, worauf ich ihn musterte. Ein dünner Blutfaden hing ihm aus dem Mund. Seine Augen waren glasig und auf die Decke gerichtet. Ich empfand plötzlich Mitleid mit ihm und wandte mich ab.

Raymond seufzte auf: »Je jünger ein Mann, desto rachsüchtiger ist er. Macht es denn wirklich einen Unterschied, ob er sein Leben jetzt aushaucht oder im Beisein Tausender Menschen?«

»Er hat mich, einen Soldaten der königlichen Garde, angegriffen und sich den direkten Befehlen des Königs mutwillig widersetzt, indem er Olivia vergewaltigen und töten wollte. Das ist mir Grund genug, den König über sein Schicksal entscheiden lassen.« George sah Raymond eindringlich an:
»Ich möchte, dass Ihr Eure Magie anwendet. Sofort.«

Schockiert starrte ich von dem Bibliothekar zu dem Soldaten: »Er weiß von Euch?«

Raymond warf mir einen belustigten Blick zu: »Habe ich dir nicht gesagt, dass der Kleine dicht hält?«

George wurde rot vor Wut, sagte aber nichts. »Könnt Ihr Euch nun beeilen? Jede Sekunde zählt.«

»Es tut mir leid, Euch enttäuschen zu müssen, doch ich fürchte, dass meine Magie einem solchen Unterfangen nicht gewachsen ist, George. Ich bin wirklich untröstlich, aber...« Da hielt er inne und riss die Augen auf, als ihm eine Idee kam. »Olivia! Olivia, mein Kind, komm zu mir.«

Zögerlich umkreiste ich den Tisch, auf dem Fitzpatrick seinen Kampf gegen den Tod ausfochte, und kniete mich neben Raymond. Der süße, stechende Geruch des geronnenen Blutes stieg mir auf übelkeiterregende Weise in die Nase, sodass ich hauptsächlich durch den Mund zu atmen versuchte.

»Meinst du, du kannst mir helfen?«

Da ging mir auf, worauf er anspielte: »Wie? Ich

»Du bist unsere einzige Chance, ihm das Leben zu retten.« Er schaute George abschätzend an. »Zumindest für die paar Tage, die er auf seine Hinrichtung wird warten müssen. Versuche es zumindest. Mit mir zusammen.«

Hastig schüttelte ich den Kopf. »In den letzten Tagen habe ich dreimal die Kontrolle verloren, ich kann nicht wieder...«

»Was?«, fragte George verständnislos.

Wir ignorierten ihn. »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, sagte ich ehrlich und beobachtete, wie sich Fitzpatricks Brust hektisch hob und senkte. Er war fast am Ende.

»Genau das ist dein Problem. An deine Magie sollst du nicht glauben - du sollst sie einzig und allein spüren. Keine Panik, Olivia, du hast heute schon einmal bewiesen, dass du sie sehr wohl unter Kontrolle hast, außerdem ist sie ein Teil von dir. Du musst ihr restlos vertrauen, sonst wirst du sie niemals beherrschen können. Sieh es als Übung an.«

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now