Kapitel 80

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Das Gemach des Königs war nicht allzu weit von Connors entfernt – war er doch der direkte Thronfolger – und damit leicht zu erreichen. Kaelan und ich kamen nur langsam voran, wir drückten uns an den Wänden entlang, leise und überaus vorsichtig, immer darauf bedacht, keinen Mucks zu machen und in den weitläufigen Fluren ungesehen zu bleiben.

Schon von Weitem waren vereinzelte Ausrufe, Flüche und Lachsalven zu vernehmen, für herumalbernde Soldaten, die sich der nahenden Gefahr nicht bewusst waren, nicht gerade untypisch. Ich bezweifelte, dass es sich bei den zwei Männern mit den magielähmenden Amuletts um die allseits gefürchteten Killer des Königs handelte. Zum einen, weil sie vermutlich noch unterwegs waren, nachdem sie uns aus den Augen verloren hatten und zum anderen, weil sie sich niemals auf eine so unbeschwerte Weise amüsieren könnten. Das waren ausgebildete und emotionslose Tötungsmaschinen, abscheuliche, gefährliche Kreaturen, die beinahe keinen Schmerz empfanden. Das hatten wir auf die harte Tour lernen müssen. Und trotzdem hatten wir es geschafft, beide Killer unschädlich zu machen. Dagegen waren diese acht hier ein Kinderspiel...zumindest, sobald wir die Amuletts zerstört haben würden.

Siedend heiße Kampfbereitschaft floss durch meine Adern. Ich hielt mich hinter dem Eiskönig, das Schwert in der rechten Hand und bewegte mich lautlos wie ein Schatten. Wir spürten, dass die magielähmende Wirkung des Schmucks einer gewissen Reichweite unterlag. Noch konnte ich meine Magie sowohl spüren, als auch nutzen, doch je mehr wir uns den acht Wachen näherten, desto weniger präsent war sie. Kaelans angespannter Gesichtsausdruck bewies, dass es ihm in der Hinsicht nicht anders erging. Aber wir hatten gewusst, was auf uns zukommen würde und waren bereit, uns der Herausforderung zu stellen.

Zu Gunsten Cordelias. Und Ashbrooks.

Wie vorher abgesprochen blieb Kaelan in einem sicheren Abstand zu den von uns anvisierten Soldaten stehen, hinter einem Vorhang verborgen, und zog mich an sich heran, ehe er einen Finger an seine Lippen legte. Dann schloss er seine Augen und runzelte vor Konzentration die Stirn, worauf ein Wandteppich in spärlicher Entfernung mit einem satten Knistern Feuer fing und den gesamten Flur in ein flackerndes, gespenstisches Blau tauchte. Ein zufriedenes Lächeln zierte das Gesicht des Eiskönigs, als die Albernheit der Wachen in helle Panik umschlug und eilige, sich nähernde Schritte erklangen.

Anfänger, dachte ich nicht ohne Bedauern.

Dann schlug Kaelan zu.

Er war wie ein Blitz aus Weiß, Schwarz und Silber, seine Silhouette in das bläuliche Licht des brennenden Wandteppichs getaucht. Er bewegte sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und einer solchen antrainierten Eleganz, dass ich ihn ein paar Herzschläge lang fasziniert anstarrte, ehe ich mich selbst ins Gefecht stürzte und mein Schwert auf einen der jungen Männer herabsausen ließ, der meiner Klinge rechtzeitig ausweichen konnte. Die Soldaten waren im Kampf allesamt geübter als ich, daran bestand keinerlei Zweifel, doch Kaelan und ich hatten das Überraschungsmoment auf unserer Seite. Und das war das Entscheidende an der ganzen Situation.

Die Wachen wussten nicht, wie ihnen geschah, sie begriffen nicht, dass wir sie mithilfe Kaelans Magie von den beiden Gemächern, die sie eigentlich bewachen sollten, weggelockt haben, um kurzen Prozess mit ihnen zu machen. An ihren Wachtposten waren Fackeln angebracht, die ihnen eine gute Sicht ermöglichten und Wärme spendeten, hier wiederum hatten wir jede einzelne Fackel zum Erlöschen gebracht, sodass die Soldaten unwissentlich in die Falle getappt waren und nun kaum die Hand vor Augen sehen konnten.

Es war genauso gekommen, wie von uns angenommen.

Das durch die großen Fenster hereinfallende Licht des Mondes war nicht stark genug, um behilflich zu sein, während Kaelans blaues Feuer die Irritation der Männer ins Unermessliche wachsen ließ, anstatt ihnen bei ihre Verteidigung zu helfen.

BORN TO BURN (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt