Kapitel 38

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»Das ist nicht wahr«, verteidigte sich Connor und stieß scharf die Luft aus. Ich konnte aus seiner Stimme heraushören, wie tief ihn Jeremias Worte getroffen hatten. »Ich habe nie gewollt, dass das passiert. Auch ich habe sie geliebt, ist dir das etwa nicht klar?«

»Nein, nicht wirklich. Wenn du sie geliebt hättest und wenn dir unsere Freundschaft so viel bedeuten würde, wie du behauptest, hättest du mich zu ihr gelassen.« Ein kehliges Lachen ertönte; eine unangenehme Mischung aus Abscheu und Schmerz. »Was denn? Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du es gewesen bist, der mich festgehalten hatte? Anstatt mich einfach sterben zu lassen, wie ich es mir wünschte, hast du mich die ganze Zeit über festgehalten. Und dann bist du gegangen. Wieso, Connor? Wieso hast du mich in meinem Erbrochenem liegen lassen? Konntest du mir nicht in die Augen sehen, aus Angst davor, was du darin finden würdest? Du bist der erbärmlichste Mensch, den ich jemals kennengelernt habe. Ich hasse dich

»I-ich«, stammelte Connor völlig von der Rolle, »ich kann nicht glauben, dass du das zu mir gesagt hast. Nach allem, was wir...«

»Es gibt kein Wir, Connor. Ich arbeite nur mit dir zusammen, weil Margaret für diese Mädchen ihr Leben gegeben hat. Hätte sie den Aufenthaltsort meiner Farm verraten, wären sie alle nicht mehr am Leben. Ich werde ihr Andenken ehren und alles zu Ende bringen, so oder so. Aber daran hindern, dich zu hassen, wird es mich nicht. Und jetzt möchte ich, dass du gehst.«

Connor, dachte ich mit schmerzendem Herzen. Connor, Liebster, hör nicht...hör nicht auf ihn.

»Ich schätze, das war es dann wohl«, resümierte Connor gespielt gleichgültig. Ich aber kannte ihn gut genug, um zu spüren, dass er kurz davor stand, in Tränen auszubrechen und das erschütterte mich mehr, als es irgendetwas anderes könnte. »Nun gut, ich gehe. Aber bevor ich das tue, möchte ich...«

»Du möchtest, dass ich auf dein Flittchen aufpasse. Meinst du, ich sei blind?«

»Sie ist kein-«, fuhr Connor Jeremia an, wurde allerdings brüsk unterbrochen.

»Mir ist egal, wer oder was sie für dich ist. Ich werde auf sie acht geben, weil sie die Prophezeite ist, nicht weil du mich darum bittest. Und jetzt verschwinde endlich.«

Sich entfernende Schritte waren zu vernehmen.

Ich hielt den Atem an, als sie inne hielten.

Connor fragte: »Kann ich mich noch kurz von Olivia verab-?«

»Verschwinde, Connor.«

»Gut, ich...ich verschwinde.«

Wieder erklangen Schritte auf dem Holzboden, dann wurde die Tür geöffnet, worauf sie mit einem durchdringenden Knall zufiel. Dann ging auch Jeremia, der von meiner Anwesenheit keine Notiz nahm, obwohl er mich beim Vorbeigehen auf der obersten Stufe hätte sitzen sehen müssen. Wenn mich nicht alles täuschte, waren seine Wangen tränenüberströmt.

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich wieder soweit war, aufzustehen und mich die Treppe hinunterzukämpfen. Der unerbittliche Streit zwischen Connor und Jeremia hatte mich vollkommen auf der Bahn geworfen. Ich verstand zwar nach wie vor nicht alles, aber doch genug, um mich für keine der beiden Seiten entscheiden zu können.

Und dass ich nun keine Möglichkeit mehr hatte, mich von Connor zu verabschieden, zehrte an meinen Kärften. Ich hatte ihn noch einmal umarmen wollen, nur noch ein einziges Mal seine Wärme spüren wollen, seine Stärke, die Geborgenheit seiner Berührung.

Aber das würde ich nicht.

Jeremia hatte ihn nämlich verbannt.

Mit weichen Knien betrat ich die häusliche Küche der Mahoney's und ließ mich von dem tröstenden Duft nach Apfelkuchen umgarnen. Wenn ich vielleicht nur ein ganz kleines Stückchen...

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now