» Kapitel 9 «

5.6K 531 67
                                    

»Was?«, entfuhr es mir. Ich taumelte rückwärts und fing mich erst im letzten Moment wieder. Connor war... Er war... Kopfschüttelnd ballte ich meine Hände zu Fäusten. Das alles war nicht real, ich träumte und schon bald würde ich aufwachen und über meine Hirngespinste lachen.

Doch als ich zu Connor blickte, zu Connor Lassester, dem Thronfolger, lösten sich all meine Zweifel mit sofortiger Wirkung auf. Das war kein Traum, kein Hirngespinst, das war die bittere Wirklichkeit und ich hatte sie nicht kommen sehen. Niemals hätte ich das kommen sehen.

»Du hattest wirklich keine Ahnung«, kommentierte Theodore fassungslos. »Bitte, Ihr dürft sie nicht bestrafen«, sagte er im nächsten Atemzug. »Sie hat offensichtlich nicht gewusst, wer Ihr seid, bitte lasst Gnade walten.« Irgendetwas an dieser Szene fühlte sich falsch an. Nicht echt. Aber das waren wohl meine überstrapazierten Nerven, die mir einen weiteren Streich spielten.

Ich wäre wahrscheinlich überrascht darüber gewesen, dass ein Mann, der mich erst seit ein paar wenigen Stunden kannte, sich so vehement für mich einsetzte, aber im Moment dachte ich über ganz andere Dinge nach. Wie sollte ich an diesem Ort überleben, wenn Connor einen so großen Einfluss auf alles hatte? Am Anfang hatte ich geglaubt, die Soldaten würden seinen Heldentaten Respekt zollen, doch scheinbar war es eher die Furcht vor dem potenziellen neuen König. Den wollte sich niemand zum Feind machen. Hinter meiner Stirn pulsierte ein heftiger Kopfschmerz.

»Was ich darf«, sagte Connor gedehnt, wobei er mich ansah. »Und was nicht, ist allein meine Entscheidung.«

»Ja, natürlich, Eure Hoheit.«

Mir wurde übel, als ich das Ausmaß meiner beleidigenden Worte begriff. Dafür könnte er mich hinrichten lassen, wenn er es wollte.

»Nun gut. Ich werde über eine Bestrafung hinwegsehen - dieses Mal -, wenn Olivia Capshaw sich für ihr ungeheuerliches Verhalten entschuldigt. Damit kann sie mich gnädig stimmen. Vielleicht.« Das breite Grinsen kehrte in seiner vollen Pracht auf Connors Gesicht zurück. Ich kam nicht umhin, seine rohe, männliche Schönheit anzuerkennen.

Und doch stellte ich mir die Frage, ob er womöglich wahnsinnig war. Oder irre. Seine Stimmungsumschwünge kamen und gingen wie sommerliche Regenschauer, ich konnte ihnen kaum folgen.

Aber nun hing mein Leben offensichtlich von einer läppischen Entschuldigung ab, also tat ich, wie mir geheißen. Ich hatte mich schon dem König verschrieben, da konnte ich genauso gut den größten Fehler meines Lebens um Verzeihung bitten. Ändern würde das an meine Situation auch nichts mehr.

»Entschuldigt meinen Ausbruch, er war unangebracht«, sagte ich also und senkte den Kopf in einer Demut, die ich nicht empfand. Meine Augen hingegen bohrten sich in Connors und warfen ihm stumm all die Dinge an den Kopf, die ich in den letzten Tagen in seinem Zusammenhang gedacht hatte, doch ihn rührte das nicht. Er sah eher amüsiert aus. Amüsiert über die Tatsache, dass ich vor ihm kuschte? Oder war ich einfach bloß eine jämmerliche Kreatur, die er mit seinem meisterlichen Geschick entlarvt hatte und die ihm nun als lebende Trophäe diente? Ich wünschte, er würde mir wenigstens das verraten, aber ich wollte es nicht darauf ankommen lassen.

Er antwortete nicht auf meine Entschuldigung, nickte mir und Theodore lediglich zu. Dann begab er sich zur Tür, durch die er so lautlos gekommen war, und sagte etwas, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ: »Ich werde bald nach dir schicken, Olivia.« Er lachte mit seiner angenehmen volltönenden Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken jagte. »Dann wird alles wie früher, ich verspreche es dir.«

*

In dieser Nacht - Danielle hatte sich gerade erst verabschiedet und George mich eingeschlossen -, konnte ich im Gegensatz zur letzten beim besten Willen nicht einschlafen. Viel zu viele Gedanken trieben sich in meinem Kopf herum und hofften darauf, richtig geordnet zu werden. Aber ich scheiterte kläglich.

BORN TO BURN (Band 1)Место, где живут истории. Откройте их для себя