Kapitel 34 «

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»Hattest im Schloss wohl eine Affäre, was?«, fragte Marten mit gespielter Missbilligung in der Stimme und schnalzte mit der Zunge.

Ich schüttelte stumm den Kopf und blickte George hinterher. Hatte ich ihn ungerecht behandelt?

»Nun steig schon ein«, befahl der andere Mann und reichte mir eine Hand, um mir die Stufen in die Kutsche hinaufzuhelfen. Ich lehnte sie dankend ab und war im nächsten Augenblick schon im Innern des Gefährts.

Es gab zwei gepolsterte Sitzbänke, die sich einander gegenüber befanden, und ein Fenster, das momentan von einem Vorhang verdeckt wurde. Es war nicht so protzig, wie die meisten Gefährte der Adligen aber auch nicht so schlicht, wie die der Mittelschicht. Es machte mich unsicher, dass ich die Kutsche nicht wirklich zuordnen konnte. Sie war mir fremd. So fremd, wie diese Männer und so fremd, wie der Kutscher.

»Jeremia«, wandte ich mich an Marten. »Wer ist er?«

»Wir sind nicht befugt, mit dir über ihn zu sprechen«, antwortete er streng und stieß angehaltene Luft aus. »Nimm das nicht persönlich, aber wenn du etwas erfahren willst, dann fragst du ihn am besten selbst.«

»Verstanden.«

»Eines aber kann ich dir sagen«, meldete er sich nach einer Weile nachdenklich zu Wort.

Ich konnte ihn in der Dunkelheit nicht gut erkennen, doch ich hatte das Gefühl, er würde mich vielsagend ansehen.

»Und das wäre?«

»Lass ihn in Frieden. Es ist ein guter Rat, Olivia. Lass ihn einfach in Frieden.«

Ich legte die Stirn in Falten. »Was stimmt denn nicht mit ihm?«

»Das sage ich dir nicht.«

»Ach ja, Ihr Seid nicht befugt, mit mir über ihn zu sprechen«, sagte ich säuerlich.

»Wirst du meinen Rat beherzigen?«, wollte er ernst wissen.

»Ich weiß nicht. Ich bin eigentlich nicht allzu gut darin, Menschen zu gehorchen.«

Der andere Mann lachte schnaubend. »Vielleicht bringst du ein bisschen frischen Wind nach Wiesenthal.«

»Cyryl!«, ermahnte Marten seinen Freund, der nun endlich einen Namen hatte. »Kannst du nicht einfach den Mund halten und dich an deine verdammten Befehle halten?«

Ich hatte Cyryl für älter gehalten als Marten, aber offenbar war es Marten, der das Sagen in ihrem Zweiergespann hatte. Mehr oder weniger.

»Warum sollten wir ihr nicht erzählen, was vor sich geht? Sie ist der Phönix, schon vergessen?«

Mir schwirrte mal wieder der Kopf. Phönix. Was wollten alle mit dieser Bezeichnung? Ich hatte das beklemmende Gefühl, weniger über mich und meinen Part im Krieg gegen Taron zu wissen, als jeder andere. Hielt man mich für nicht vertrauenswürdig? Lag es daran? Ich seufzte leise.

»Nur weil die Seherin es herumerzählt, heißt das noch lange nicht, dass es sich dabei auch wirklich...«

»Um wen denn sonst, Marten? Um deine Mutter?« Er lachte wie ein Mann in der Kneipe lachen würde.

»Lass meine Mutter aus dem Spiel!«

»Niemand anderes kommt in Frage, das haben wir doch schon tausendmal durchgekaut...«

Ich achtete nicht länger auf ihren verwirrenden Wortwechsel und dachte wieder an Connor, der sich im Laufe der Nacht noch zu uns gesellen sollte. Würde er es schaffen? Natürlich würde er das. Er war schließlich Connor Lassester, der Mann mit den vielen Masken. Wenn er es nicht schaffte, wer dann?

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now