Epilog

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In den ersten Wochen nach der Beendigung des Kriegs – und damit auch in den ersten Wochen nach Jeremias Tod und der Flucht des Offiziers – herrschte im Gehöft der Mahoneys geschäftiges Treiben. Diverse Soldaten hatten bei Camilla Zuflucht gefunden, die sich vom Verlust ihres Sohnes abzulenken versuchte, indem sie sich um die verwundeten Männer kümmerte.

Abends allerdings, wenn alle schliefen, saß sie zusammengekrümmt auf dem Baumstamm hinter dem Haus, auf dem Jeremia Harfe zu spielen gepflegt hatte, und weinte bitterlich. Ich hatte es nicht geschafft, mich zu ihr zu gesellen. Ich wusste nicht, was ich ihr hätte sagen können.

Und Iris war auch nicht da, um ihre Mutter zu trösten. Ich hatte seit dem Beginn des Krieges nichts mehr von der jungen und nun auch verheirateten Frau gehört. Wie sie wohl mit dem Tod ihres Bruders umging?

Mit Sicherheit besser als ich.

Ich vermisste ihn so sehr.

»Alexandra.« Brees Stimme holte mich aus meiner tristen Welt aus Trauergedanken. Ich blickte auf und sah in das hübsche Gesicht meiner Freundin, der neuen Seherin. Sie ließ sich neben mir im hohen Gras nieder, in dem ich mich vor neugierigen Blicken verschanzt hatte, und seufzte leise. Für eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander, unsere Knie berührten sich. Ein leichter Abendwind strich uns über die Gesichter. »Hättest du das jemals erwartet, damals in Ashbrook? Als wir genau so unter dem Birnenbaum im Garten meines Vormunds gesessen und ihren Geschichten gelauscht haben?«, fragte sie schließlich mit einem verträumten Ausdruck in den Augen.

Ich kam nicht umhin zu bemerken, zu was für einer schönen Frau Bree geworden war.

»Nein, das hätte ich nicht, niemals«, antwortete ich und spielte mit einem langen Grashalm. »Ich dachte, wir würden einfach für immer so weiterleben. Am Rande der Gesellschaft.«

»Und nun bist du der Phönix, aus der Asche auferstanden. Mithilfe eines gewissen Königs.« Sie lächelte mir vielsagend zu. »Hast du dir sein Angebot überlegt?«

Ich nickte. »Ja. Und ich habe es abgelehnt. Und jetzt ist er ohnehin abgereist.« Seinen hoffnungsvollen Blick würde ich nie vergessen. Er hatte bis zum Schluss geglaubt, ich würde ihn begleiten.

»Warum denn das? Warum hast du es abgelehnt?« Ihre Augen wurden groß. Der geflochtene Zopf, der ihr bis zur Brust reichte, schimmerte in einem wunderschönen Goldton in der untergehenden Sonne.

»Weil ich noch nicht dazu bereit bin, zu meinen Wurzeln zurückzukehren. Ich möchte es irgendwann tun, aber noch nicht jetzt. Hier fühle ich mich Jeremia noch immer nah. Das will ich auch weiterhin. Bis ich...bis ich darüber hinweg bin.« Was ich niemals sein würde. Noch immer dachte ich des Nachts daran, es zu beenden. Kaelans Bemühungen zum Trotz. Ich konnte nichts gegen diese Gedanken unternehmen, sie kamen und gingen, setzten sich allerdings in meinem Unterbewusstsein fest. Und es gab nichts, das ich tun konnte, um sie loszuwerden.

Für den Moment jedenfalls.

»Nun gut, das verstehe ich. Auch wenn ich der Meinung bin, dass dir ein bisschen Abstand guttäte. Aber es ist natürlich deine Entscheidung und ich freue mich, wenn du mir noch ein bisschen erhalten bleibst.«

Ich lächelte leicht. Es fiel mir schwer, das zu tun.

»Ich möchte dabei sein, wenn Connor unser Land reformiert«, erklärte ich.

Bree nickte heftig. »Ja, ich habe das Gefühl, dass er uns alle stolz machen wird.«

Dem konnte ich vorbehaltlos zustimmen. Auch wenn er sich vonseiten der Konservativen auf heftige Proteste gefasst machen musste. Er würde es schaffen, da war ich mir sicher. Aber er würde indes auch unzählige Herausforderungen meistern müssen.

BORN TO BURN (Band 1)Where stories live. Discover now