Kapitel 51

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Ich hatte nicht die geringste Ahnung, was zwischen mir und Jeremia geschah. Aber mir reichte es, seine warmen Lippen fordernd auf meinen zu spüren und alle Zweifel verblassten. Als er sich gegen mich und meinen nur allzu willigen Körper drängte, verlor ich das Gleichgewicht und kippte nach hinten, bis ich auf meinem Rücken schwer atmend zum Liegen kam.

Er beugte sich über mich, sodass ihm eine Strähne seines dunklen Haars in die Stirn fiel. Hinter ihm konnte ich verschwommen die funkelnden Sterne ausmachen. Hatte ich mich vorhin vom Anblick des Himmels einnehmen lassen, so war es nun einzig und allein Jeremia, dem meine vollste Aufmerksamkeit zuteil wurde. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck, den ich nicht richtig zu deuten vermochte. Ich keuchte auf, als er wieder seine Lippen auf meine drückte und mich so hungrig küsste, dass ich um meinen Verstand bangte.

Ich schloss meine Augen, als sein Mund heiß über meinen Hals glitt, und bäumte mich unter Jeremias Körper auf, was ein kehliges Stöhnen seinerseits provozierte. Eine meiner Hände vergrub ich in seinem dichten Haar, mit der anderen fuhr ich über seinen Rücken. Unter dem Stoff seines Oberteils konnte ich sehr deutlich seine von der harten Arbeit mit den Pferden geprägten Muskeln fühlen.

»Jeremia«, wisperte ich, als er sich an meinem Hemd zu schaffen machte und drauf und dran war, es mir vom Leib zu reißen. Für einen Augenblick ließ er von mir ab und sah mir in die Augen. Da ich das beklemmende Gefühl hatte, er könnte im letzten Moment einen Rückzieher machen, übernahm ich die Führung. Ich stieß ihn zu Boden, er ließ mich machen, und setzte mich auf seinen Schoß. Mein Haar ergoss sich, einem Vorhang gleich, über uns, als ich mich vorbeugte, um Jeremia zu küssen. Ich nahm seine etwas vollere Unterlippe zwischen die Zähne und biss leicht zu, er keuchte. Seine Brust hob und senkte sich genauso schnell, wie die meine.

Gerade als ich meine Hand unter sein Hemd schieben wollte, um endlich, endlich seine Haut unter meiner zu spüren, packte er meine Arme so fest, dass es wehtat, und stieß mich kräftig von sich.

Hart landete ich im Gras und verstand im ersten Moment nicht einmal, was passiert war. Dann sah ich Jeremias wutverzerrten Züge und begriff.

Mein Herz raste.

»Alexandra, wir müssen zurück ins-«, begann er atemlos. 

»Dann verschwinde doch.« Ein Satz. Ein einziger Satz, in den ich so viel Kälte und Verachtung legte, dass es selbst in meinen Ohren schmerzhaft klang.

Ich sah ihn zusammenzucken und genoss es. Dann wandte ich den Blick ab und richtete ihn auf die Sterne.

»Hör zu, ich habe mich gehen lassen. Ich wollte dich nicht verletzen, aber-«

»Aber es ist falsch? Das willst du doch sagen, oder? Was denn, Jeremia? Was ist falsch? Mich zu küssen? Oder mir Hoffnungen auf etwas zu machen, das keine Zukunft hat?« Ich ballte meine Fäuste. Meine Nägel hinterließen kleine Halbmonde auf meinen Handflächen, aber gegen den Schmerz war ich immun. Nicht so gegen den, der aufgrund von Jeremias Zurückweisung in meinem Inneren tobte.

»Beides«, sagte er tonlos. Er sah mich lange an. Dann seufzte er vernehmlich und bedeutete mir, mich neben ihn zu setzen. Dabei war das doch genau das, was ich am wenigsten wollte: Mich wieder in seine unmittelbare Nähe zu begeben.

»Nein«, zischte ich also und drehte mich demonstrativ weg.

»Alex, ich bitte dich. Lass es mich erklären.«

Ich verdrehte die Augen.

»Ich weiß, dass du stur bist, aber wir müssen wirklich darüber reden.«

»Es gibt nichts zu bereden, Jeremia, ich verstehe schon. Lass uns einfach zurückgehen, wie du es eben vorgeschlagen hast, und so tun, als wäre das hier«, ich deutete in eine unbestimmte Richtung, »niemals passiert. Viel ist ja auch gar nicht geschehen. Na ja, abgesehen davon, dass du mir einen ziemlichen Schrecken eingejagt hast.« Ich lächelte breit und tat, als würde es mich nicht kümmern. Als würde es nicht so höllisch schmerzen.

BORN TO BURN (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt