Kapitel 75

2.4K 272 87
                                    

Die untergehende Sonne tauchte das Land in ein sanftes und schön anzusehendes Rotgold, als eine aus Akazienholz gefertigte Kutsche, gezogen von zwei edlen Rössern, unser neu aufgeschlagenes Lager durchquerte und vor unserem Hauptquartier zum Stehen kam. Das hübsche Gefährt ließ darauf schließen, dass sein Besitzer ein wohlhabender Mensch sein musste. Dementsprechend überrascht war ich, als die Tür energisch geöffnet wurde und Jeremias Mutter ausstieg. Dicht gefolgt von ihrer jungen Tochter, die ein adrettes, weißes Rüschenkleid und einen dazu passenden, ausgesprochen damenhaften Hut trug.

»Alexandra«, sagte Camilla fröhlich und überreichte mir feierlich einen riesengroßen Topf. »Ich habe Suppe gekocht und da dachte ich mir, ich könnte sie vorbeibringen. Ihr habt sicherlich großen Hunger.« In ihre wohlwollenden Augen trat Besorgnis. »Ist alles gut gelaufen? Bis jetzt, meine ich.«

Ich nickte ihr leicht zu, unfähig, ihr die Wahrheit zu sagen. Sie war eine ältere Frau, die sich um ihre beiden Kinder sorgte, weswegen sie eines davon in eine arrangierte Ehe getrieben hatte, um es zu beschützen, während das andere dabei war, einen Krieg anzuzetteln. Sie wollte von mir hören, dass alles in Ordnung war, wollte hören, dass es ihrem Sohn gutging.

»Danke für die Suppe«, sagte ich bloß und bedachte sie mit einem warmen Lächeln.
»Wir sind tatsächlich noch nicht zum Essen gekommen. Das ist sehr lieb von dir.«

Sie strahlte mich an, glücklich über meine Worte. »Kannst du mir sagen, wo ich meinen Sohn finde?«

»Ja, Jeremia ist mit Raymond im Zelt«, erklärte ich bereitwillig. »Du störst bestimmt nicht.«

»Wunderbar«, kommentierte Camilla zufrieden und bedankte sich überschwänglich, ehe sie mir den Topf wieder abnahm. »Den bringe ich dann einfach selbst rein.« Damit verschwand die rundliche Frau, die ich mittlerweile fest in mein Herz geschlossen hatte, in unserem Hauptquartier, sodass ich allein mit Iris war, die noch immer unbeweglich vor der Kutsche stand und den Blick gesenkt hielt. Die weißen auf Hochglanz polierten Pantoffel wirkten in dem niedergetrampelten Gras völlig fehl am Platz. So wie Iris selbst.

»Hallo, Iris«, sagte ich schließlich, weil mir nichts anderes einfiel.

Sie schaffte es nicht, mir in die Augen zu sehen, als sie antwortete. »Hallo, Alexandra.«

»Glückwünsche zur Hochzeit.«

»Danke.«

»Moyra hat mir davon erzählt«, sprach ich weiter, begierig auf die Reaktion der jungen Frau.

Diese versteifte sich merklich, ihre schmalen Schultern erbebten.

»Die Nachricht kam ziemlich überraschend, das muss ich schon sagen«, stichelte ich weiter. Die Angelegenheit ging mich nicht das Geringste an, das war mir bewusst, doch Moyra in einem solchen Zustand zu sehen, so durch und durch verzweifelt und mit gebrochenem Herzen, hatte mir den Rest gegeben. Und ich wollte in Erfahrung bringen, weshalb Iris ihr das antat.

Doch Iris ließ sich nicht provozieren, blieb kühl. »Wie geht es ihr?«, fragte sie schließlich, was sie einiges an Kraft zu kosten schien. »Wie geht es Moyra?«

Ich legte den Kopf schief und betrachtete Jeremias Schwester fassungslos. »Ist das dein Ernst?«, wollte ich wissen. »Was glaubst du denn, wie es ihr geht? Nach dem, was du getan hast.«

»Sie wusste schon immer, dass es Maximilian gibt und er um mich warb.«

»Ist das deine Entschuldigung?«

»Nein, es ist meine Erklärung.«

Ich ging auf sie zu, so unglaublich wütend, dass ich an mich halten musste, ihr meine Wut nicht in das hübsch geschminkte Gesicht zu schreien und blieb nur wenige Zentimeter von ihr entfernt stehen. Ihr roter Mund öffnete sich zu einem verwunderten O, doch sie sagte nichts.

BORN TO BURN (Band 1)Onde as histórias ganham vida. Descobre agora