» Kapitel 12 «

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Connor Lassesters Gemächer befanden sich im ersten Stockwerk des Westflügels und die davor liegende Galerie war der wahrscheinlich einzige Ort im gesamten Palast, an dem keine grotesken Gemälde des Königs hingen. Ob er Kenntnis von dieser Verleumdung seitens seines Neffen hatte, wusste ich nicht, aber ich ging schwer davon aus, dass es ihn durchaus interessieren würde.

George trat vor und klopfte auf seine für ihn typisch energische Weise gegen das Holz der großen Tür. Für ein paar wenige Momente war dahinter nichts zu hören, doch dann näherten sich leichte Schritte und der Schlüssel wurde im Schloss gedreht. Anschließend wurde die Tür von einer dunkelhaarigen Magd geöffnet, die uns mit neugierigen Augen musterte. »Was kann ich für euch tun?«, fragte sie mit einem mir fremden Akzent und ließ ihren Blick über unsere Gesichter wandern. George schien sie wiederzuerkennen, wahrscheinlich waren sie sich nicht gänzlich fremd, doch mich hatte sie nie zuvor gesehen, sodass sie mich nun genauer ins Visier nahm. Ich empfand ihre hübschen blauen Augen als stechend und sie brachten mich aus dem Konzept.

George räusperte sich vernehmlich: »Seine Hoheit verlangt nach ihr. Olivia Capshaw.«

Das schien Erklärung genug.

»Oh! Das hatte ich ja völlig vergessen!« Die Magd schlug sich die Hand vor die Stirn. »Du kannst drinnen auf Seine Hoheit warten, er nimmt gerade ein Bad. Entschuldigt die Unannehmlichkeiten.« Sie lächelte mich herzlich an und wies ins Innere.

George warf mir einen letzten aufmunternden Blick zu, der wohl so etwas wie Alles halb so wild heißen sollte, wandte sich ab und war schon bald um die Ecke verschwunden.

Weil mir nichts anderes übrig blieb, folgte ich der Magd in die Höhle des Löwen und versuchte, nicht allzu neugierig zu wirken. Das mochte mir aber nicht allzu gut gelingen, denn ich sog alles sich meiner Wahrnehmung bietende auf, wie ein Schwamm, und analysierte es. Connors Wohnzimmer war nicht ganz so groß, wie ich es angenommen hatte und karg möbliert. Um einen hölzernen Tisch standen drei aus Buchenholz gefertigte Kastenstühle, direkt dahinter befand sich eine Feuerstelle, ein Kamin aus Ziegelsteinen, in dem goldene Flammen über Holzscheite leckten und sie mit einem satten Knacken nach und nach verspeisten. Fasziniert beobachtete ich jenes Schauspiel, bis die Magd sich erkundigte, ob es mir gut ginge.

Ich nickte und drehte mich wieder zu ihr. Unschlüssig stand sie im Zimmer und betrachtete mich. »Bist du die...«, sie stockte, »die Sonnenanbeterin?« Ich wusste, dass sie lieber Hexe gesagt hätte, es aus Höflichkeit aber nicht getan hatte.

Ich fühlte die Hitze der Feuerstelle in meinem Rücken, als ich ihr antwortete: »Ja, die bin ich. Keine Sorge, ich habe nicht vor, dich zu verfluchen oder so etwas. Ich bin nur hier, weil Seine Hoheit«, es klang so falsch, »mich hergebeten hat.«

Die Magd errötete auf höchst attraktive Weise und senkte den Blick auf einen der Kastenstühle. »Tut mir leid, wenn ich anmaßend geklungen haben sollte.«

»Nein, das ist schon in Ordnung. Mir gegenüber kann man sich wahrscheinlich gar nicht anders ausdrücken«, scherzte ich und sah zu, wie die Magd erstaunt ihren hübschen Kopf hob und mich anstarrte.

»Hast du gerade einen Witz gemacht?«

»Ja, doch, ich glaube, das habe ich.«

Wir lächelten uns an.

»Nun denn.« Sie straffte ihre zarten Schultern. »Seine Hoheit wird bald zu dir kommen. Ich werde mich derweil an die Arbeit machen. Mach es dir gemütlich.« Mit einem schüchternen Winken entfernte sie sich und schloss leise die Tür hinter sich. Ob Connor eine eigene Küche hatte? Das konnte sehr gut sein. Und wenn dem so war, so war mit Sicherheit die Magd dafür verantwortlich, dass dort alles wie gewünscht vonstatten ging.

BORN TO BURN (Band 1)Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang