Verrückt und arm

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Meine Lunge war erfroren, mir blieb die Luft weg.
Das Adrenalin in meinem Körper pulsierte und ich bekam ein aufdringliches Kribbeln in meinem Bauch, dass meine Beine schneller laufen ließ.

Zum ersten Mal hatte ich keine Angst um mich selbst, sondern um Mondregen. Das Gewitter hatte ihn nichts anhaben können, doch das Feuer schon.
Unsere Höhle war nicht die einzige, die von den Bränden betroffen waren. Jeder Nachtschatten hatte es bereits begriffen und flüchtete. Die meisten in die Luft.

Der Rauch war pures Gift für uns, die Flammen wie Laserstrahlen. Es war so heiß, mein Kopf drohte, das Bewusstsein zu verlieren. Ich verlor immer wieder die Realität, während wir zu unserem Findelkind preschten.

Nachtflug war schon so weit vorne, ich konnte nur noch seine Umrisse im Rauch erkennen. Der Boden glühte, als wären die einzelnen Staubkörner Funken. Doch am schlimmsten waren die Todesschreie der anderen Nachtschatten. So schrill, so schmerzerfüllt, so... laut!

Tränen brannten an meinem Augen entlang. Wann waren wir endlich da? Der Weg erschien mir so lang, ich hatte Angst. Angst, meine Mutter nicht zu sehen. Angst, meine Schwester zu verlieren.

Plötzlich gab mein rechtes Vorderbein nach und brach zusammen. Ich sackte zu Boden, bekam den heißen Boden an meinem empfindlichen Bauch zu spüren. Ich tastete schwer atmend mit meiner Pfote an meinem Bauch. Ich tunkte meine Krallen in etwas warmes. Auf einmal roch es stark nach etwas verbranntem. Ich sah nach unten und fand einen knallig roten Bauch vor. Meine Pfote war mit Blut verschmiert und es tropfte auf den glühenden Boden.

Ich wimmerte und sah mich um. Meine Nüstern zuckten ängstlich und meine Ohren konnten sich nicht für eine Richtung entscheiden.

"Nachtflug.", flüsterte ich, zu schwach nach ihm zu rufen. Er war schon zu weit weg, er konnte mich nicht hören.

Das Knistern des Feuers, der stechende Rauch... die Schreie.

Schlüpflinge die weinten. Mütter die kreischten. Väter die starben. Nein, das konnte nur ein Traum sein. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Ein Albtraum. Ja, das würde es sein. Mein Verstand hat mir nur einen Streich gespielt. Ganz einfach. Nur Einbildung.

~~~

Nur Einbildung...

~~~

Mein Ohr kribbelte. Jetzt nicht mehr. Meine Wange kribbelte. Jetzt nicht mehr. Mein Augenlid kribbelte. Jetzt nicht mehr.

Ich blinzelte, mein Hals war vom Rauch vernebelt und verklebt. Meine Augen brannten von den vielen schädlichen Giftstoffen des Feuers. Aber am schlimmsten war mein Bauch. Wie ein tiefes Loch. Das Blut war inzwischen trocken. Es klebte vermischt mit Schmutz an meinen Schuppen. Und meine Ohren waren taub. Ich nahm kein Geräusch wahr.

Nun kribbelte meine Stirn. Jetzt nicht mehr. Ich stöhnte erschöpft auf, als ich meinen Kopf hob. Ich sah nach oben, um zu sehen, was mein Gesicht zum Kribbeln brachte. Über mir hing schlaff ein abgestorbener, verkokelter Zweig. Eines seiner Blätter trug eine winzige Pfütze.

Der Inhalt war Blut.

Es war also Blut, welches auf mein Gesicht tropfte und meine Schuppen anschließend zum Kribbeln brachte. Die warme dickflüssige Substanz verteilte sich auf meinen Schuppen und ließ mich schon fast wie ein Mörder aussehen.

Es piepte in meinem Ohr. Ich knirschte verärgert die Zähne, bis es aufhörte. Meine Ohren fühlten sich nicht mehr so stumpf an. Ich hörte das Rascheln der abgebrannten Blätter und Zweige, als der Wind gegen sie bließ.

Doch ansonsten war es still. Bäume waren zu verkokelten, dürren Stangen geworden, Felsen waren mit Asche bedeckt, die Gewässer waren bis ins Letzte verschmutzt. Wollte hier denn noch jemand leben? Was hat man nur aus unserer Heimat gemacht. Und vor allem - wer hat das gemacht?

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt