Ich, der Verräter

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Ich wurde von Menschenstimmen geweckt. Da ich meine Freunde nicht sah, hatte ich mich dazu entschieden, ein Nickerchen zu machen. Bestimmt brauchte ich noch die Energie für später.

"Sicher, dass wir ihn da rausholen sollen?", zweifelte einer der Männer, als sie sich meiner Kammer näherten.
"Haudrauf sagte, nur ein Drache kenne den Weg zum Drachennest!", raunte eine zweite Stimme.
Drachennest? Woher wussten sie davon? Hicks und Astrid waren doch die einzigen Wikinger, die es kannten... Oh, nein! Hatte Hicks etwa - nein! Das glaubte ich einfach nicht!

Es schepperte und krachte. Schließlich ertönte ein lautes Knarren, gefolgt von einem schrillen Quieken. Ängstlich wich ich einige Schritte zurück. Das Tor ging knarzend auf und Tageslicht durchflutete den Raum. Ich drehte fauchend meinen Kopf weg, die Helligkeit blendete mich. 

Als ich wieder hinsah, stürmten drei Wikinger auf mich zu. Das Pfeifen eines Plasma Strahls erklang aus meinem Hals, doch die Männer kamen mir zuvor und packten mich mit aller Kraft am Maul.

"Was ist denn da los?", wollte Zisch plötzlich wissen, der den Lärm in meiner Kammer mitbekommen hatte. Doch ich konnte nicht antworten, denn der schwarzhaarige Wikinger von vorhin meldete sich: "Wo ist der verdammte Maulkorb? Ich brauche ihn jetzt!"
Ich hatte Angst, denn ich wusste nicht was ein Maulkorb war.

"Der Gronkel hatte unseren letzten Maulkorb gestern zertrümmert, weißt du noch? Nimm das hier so lange.", bot ein kleiner Mann an und hielt ihm einen breiten Gurt aus Leder hin.
"Na gut...", brummte dieser daraufhin mürrisch und legte mir das Teil um meinen Kopf. Als er es angelegt hatte, zog er so stark an der Schnalle, dass ich verzweifelt japste: "Das ist zu eng!"
Gnadenlos zerrte er noch einmal daran, bis er es gut fest schnallte. 

Dann sammelten sich zwei weitere Wikinger um meine Flügel und packten meinen Sattel. Wild zerrten sie an den Riemen, um mich vorwärts zu bringen. Aber ich bockte herum, schließlich wollte ich nicht gefangen genommen werden. Ständig rammte ich meine Pranken in den Steinboden, als mich die Menschen quer durch das 'Drachengefängnis' schleppten. Aber jedes mal waren sie stärker und schleuderten mich ruckartig einen Meter nach vorn.

Als wir, wenn auch schleppend, das Dorf erreicht hatten, herrschte reges Treiben. Jeder Wikinger war damit beschäftigt, Güter auf die Schiffe zu lagern. Bei genauerem Hinsehen sah ich weiter hinten drei stämmige Kerle einen riesigen Wagen schieben, welcher Nahrung transportierte. Eine Vielzahl an Wikinger schob mehrere Schubkarren zum Hafen, in denen hauptsächlich Waffen vorzufinden waren und jeweils zwei Wikinger schoben ein Katapult den Weg entlang. Auf dem Steg wurden Nahrung und Waffen in Teamarbeit auf die Schiffe verfrachtet und hin und wieder tauschten einige Menschen ihre Waffen auf den Schiffen aus.

Auch wenn hier im Dorf das reinste Chaos herrschte, blieb für den Anblick keine Zeit. Ungeduldig lenkte mich der schwarzhaarige zu einem im Schatten stehenden Steg, dicht neben einem weiteren Schiff.
Die Wikinger tummelten sich alle nah an meinem Körper, damit ich keineswegs eine falsche Bewegung machte. Ich hasste einen so engen Körperkontakt, weshalb ich ein Knurren aus meinem Brustkorb erzeugte.
"Halt still, dummes Vieh!", befahl mir einer der Männer und verpasste mir einen Klaps auf meinen Nacken.
"Lass das!", fauchte ich und wollte meinen Kopf zu ihm drehen, nur hielt mich ein weiterer Mann dabei auf.
"Du sollst still halten, verdammt!", fluchte er und zog mich kraftvoll auf ein großes Gestell aus Holz. Es wackelte, als ich mein Gewicht auf das Gerüst stemmte. Das war mir nicht geheuer, weshalb ich hektisch einen Schritt zurück wich.

"Mach schon!", schrie mich ein Wikinger von der Seite an und verpasste mir einen aggressiven Tritt auf meine Hinterbeine. Ich krümmte mich vor Schmerzen, gehorchte aber. Das Holz knarzte, hielt meinem Gewicht jedoch Stand. Jetzt musste ich meinen Körper irgendwie durch zwei große Ringe aus Eisen zwängen, damit ich nicht so schnell vom Gestell abspringen konnte. Natürlich haben mich die Wikinger dazu gezwungen, das zu tun. Sie verpassten mir Schläge und Tritte, wenn ich ihren Befehlen nicht gehorchte.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now