Teamwork

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Sofort sprang Hicks vom Rücken des Tödlichen Nadders und landete direkt vor mir. Er hatte einen kurzen Moment gebraucht, um das richtige Schiff zu finden, doch jetzt war er bei mir.

Aber ehe er mich befreite, wendete er sich noch rasch an Astrid: "Los, hilf du den anderen!" Aufs Wort drehte Dorn sich wieder um und flog mit Astrid zum Roten Tod.
Jetzt widmete Hicks seine Aufmerksamkeit endlich auf mich!
Er packte mit beiden Händen den Maulkorb, beziehungsweise den breiten Gurt, und zerrte daran herum. Sein Gesicht war knapp einen Zentimeter von meinem entfernt, ich sah meinem Freund verzweifelt in die Augen.
Angestrengt prustete er: "Okay, halt durch, halt durch!"
"Hicks, beeil dich!", quengelte ich sichtlich nervös und fixierte meinen Blick in seinen Augen.

Mit einem kräftigen Ruck rutschte der Gurt auch schon von meinem Kopf. Endlich war dieser Druck weg! Am liebsten hätte ich mein Maul weit aufgerissenen, doch der Rauch wäre zu schädlich für meine Atemwege gewesen.
Völlig bei der Sache schnappte sich mein Freund nun eine Stange, in der Hoffnung das Gestell irgendwie zu lösen. Hilflos stocherte er mit der Spitze in jeder freien Lücke herum. Hin und wieder sprang auch eine Schnalle auf, doch das genügte nicht. Nun versuchte Hicks es auf der anderen Seite und rammte seine Stange zwischen zwei Ketten, die das Gerüst zusammenhielten. Einige Riemen platzen und ermöglichten mir etwas mehr Freiraum, ich war aber immer noch gefangen! Es reichte nicht, um mich selbst zu befreien.
"Komm schon, Hicks, du kannst das!", ermutigte ich ihn, auch wenn meine Laute sehr unsicher klangen.

Plötzlich brach der brennende Mast vom Schiff ab und knallte direkt vor uns. Einige Funken sprangen mir ins Gesicht, sodass ich mich irritiert schüttelte. Die Königin hatte ihre Schwanzkeule in unsere Richtung geschwungen und damit den Mast getroffen.
Besorgt erkundigte ich mich bei Hicks: "Alles okay?", aber das Wort blieb mir im Hals stecken, da der Rote Tod einer seiner monströsen Pranken auf unser Schiff gehauen hatte. Es zersprang und wir wurden ruckartig ins Wasser geschleudert.

"Hicks!", brüllte ich unter Wasser, auch wenn mein Ruf abgestumpft klang. Hilfsbereit tauchte mein Reiter zu mir nach unten, da ich bereits den Boden erreicht hatte.
Ich schüttelte panisch meinen Kopf und hetzte Hicks: "Na los! Beeil dich!"
Er schnappte sich eines der Ketten und zog mit aller Kraft daran. Ich wollte ihm helfen und rüttelte ebenfalls, aber es reichte nicht aus. Meine Panik war mir ins Gesicht geschrieben, ich hatte Todesangst!
Ein letztes Mal zerrte Hicks noch an der Kette, bis ihm die Luft ausging. Schwach schloss er seine Augen und war nicht in der Lage, nach oben zu schwimmen.

Auf einmal griff eine große Hand nach meinem Freund und hievte ihn zur Wasseroberfläche. Es war Haudrauf!
"Du hast mich vergessen!", wollte ich ihn erinnern, aber er war bereits schon oben. Es hatte keinen Zweck, Haudrauf hatte kein Herz für Drachen. Ich würde ertrinken, schon bald würde das Wasser den restlichen Sauerstoff in meinen Lungen ersetzen.
Hoffnungslos schloss ich die Augen und ließ das erste Wasser in meinen Hals sickern, um es so schnell wie möglich über mich zu bringen. Immerhin war Hicks der letzte gewesen, den ich noch gesehen hatte, bevor ich sterben würde. Und das war mir wichtig.

Unerwartet schwappte eine Welle über mein Gesicht. Ich schreckte auf und starrte direkt in das Gesicht des Stammesoberhauptes. Er war noch einmal gekommen, um mich zu retten? Mich?

Er sah mir tief in die Augen, als erkenne er das Gute in mir. Und das Böse in ihm.

Ich fixierte den Blickkontakt und ging so vor, wie ich es bei Hicks' erster Begegnung auch getan hatte: Sich nur mit den Augen verständigen!

Und es funktionierte! Haudrauf schnappte sich entschlossen den Holzkranz, welcher fest um meinen Hals lag, und zerrte ihn auseinander. Mit einem lauten Rasseln sprang das Metall auseinander und trennte den Kranz entzwei. Mein Hals war befreit!

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt