Gespräche unter guten Freunden

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Ich musterte ihn kurz, musste erstmal feststellen, ob es wirklich Mondstaub war. Doch dann war ich mir sicher. Freudestrahlend sprintete ich auf ihn zu, meine Pupillen ganz groß und rund und meine Zähne eingezogen.

"Mondstaub!", jauchzte ich schon von weitem. Erstaunt drehte er seinen Kopf in meine Richtung, und sah mich verwirrt an. Ich attackierte ihn lachend und drückte ihn zu Boden.

"Woah!", ein Luftstoß krächzte aus ihm heraus, "Sa- Salir!"
Er wusste meinen Namen noch! Er konnte sich noch an mich erinnern!
"Ich bin wieder da!", lachte ich vergnügt und schmiegte meinen Kopf an seinen.

"Du bist aber groß geworden!", stellte er überrascht fest und sein Blick fiel auf meinen Körper herab. Leicht irritiert stieg ich von ihm herab und sah ihn fragend an.
"Warum behauptet das jeder?", wollte ich von ihm wissen.

"Na, weil es so ist! Sieh dich an: Bei unserer letzten Begegnung warst du etwa ein Drittel kleiner als jetzt. Kannst du denn schon fliegen?"

Ich nickte eifrig und schwang mich stolz in die Höhe. Ich schlug einige Sekunden elegant mit den Flügeln, bis ich wieder geschickt landete.

"Großartig!", lobte er mich und war wirklich beeindruckt. Ja, Mondstaub war schon wie ein Vater für mich.

Wir machten noch viel Quatsch und alberten etwas herum, bis die Dämmerung und schließlich auch die Nacht einbrach. Dort wo die Sonne vor wenigen Minuten noch war, befand sich nun ein lilaner Schimmer. Der Übergang verlief zu einem tiefem dunkelblau. Und dort funkelten auch die Sterne. Auf unserer Insel hatten es sich nun alle Nachtschatten gemütlich gemacht, doch niemand von ihnen machte eine Spritztour durch den Nachthimmel. Dafür waren sie nicht in Stimmung. Denn obwohl jeder bis jetzt in Sicherheit war, gab es Grund zu trauern. Viele von uns hatten Verluste gemacht. Starke Verluste. Familie verloren oder Freunde sterben sehen. Aufopferung hatte eine große Rolle gespielt.

Immer wieder hatte ich alte Nachtschatten murmeln gehört, dass dies die schlimmste Zeit unserer Geschichte war. Die brutalste. Die blutigste.

"Seit wann bist du eigentlich hier?", unterbrach ich nun das Schweigen zwischen uns. Wir lagen nebeneinander am Ufer und hatten still die Sterne beobachtet. Im Hintergrund hörten wir einzelne Nachtschatten murmeln, doch in allem war die Insel sehr ruhig.

"Ein Tag vor dem ersten Drachenangriff, also vor acht Tagen, hatte ich die Flucht ergriffen. Kein anderer Nachtschatten hatte es kommen sehen, aber ich hatte eine mulmige Vorahnung. Allerdings war diese Insel nicht meine erste Zuflucht. Ich hatte noch eine andere Insel entdeckt, lebte dort einige Tage und machte mich dann auf die Suche nach einer besseren."

"Warum? Was war an der Insel falsch?", unterbrach ich ihn interessiert.

"Nun ja, ich wohnte inzwischen ganze drei Tage auf dieser Insel, bis ich bemerkte, dass sie von einem mürrischen Riesenhaften Albtraum bewohnt wurde. Der Alte hasste fremde Drachen, weshalb er isoliert lebte. Er knurrte mich an, ich solle von hier verschwinden. Dann setzte er seinen Körper in Brand und verjagte mich von seinem Zuhause. Ich flog die ganze Nacht durch, bis ich zu dieser Insel kam. Und ob du es glaubst oder nicht, ich war der zweite Nachtschatten, der auf diese Insel hier flüchtete."

Wieder unterbrach ich ihn: "Wer war der erste?"

"Dein Vater. Wow, er ist sicherlich ein Hellseher, ich habe keine Ahnung, wann er von unserer ehemaligen Heimat floh. Sicherlich ein, zwei Tage, ehe ich flüchtete. Wir verstanden uns eigentlich ganz gut. Ungefähr fünf Tage, seitdem ich von unserer alten Heimat verschwand, kamen auch schon einige andere Nachtschatten auf diese Insel. Sie erzählten uns von den Drachenangriffen. Eine Horde Gronckel und ein Tag später ein Heer Riesenhafter Albträume hatte unser Zuhause angegriffen und zerstört, aber das weißt du ja schon. Ein Tag später kam ein erneuter Haufen Nachtschatten. Sie berichteten uns von einem plötzlichen Feuer. Tag für Tag kamen immer mehr Nachtschatten, bis sich die komplette Insel füllte. Ihr müsstet nun heute die letzten gewesen sein."

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now