Drachen im Qualm und Rauch

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Unsicher schwankte ich in der Luft umher und flatterte mit meinen Flügeln. Der Nebel war sehr dick und auch das Sehen fiel mir schwer. Meine Flügelschläge hallten dumpf gegen Felsen und gaben ein gruseliges Echo wieder. Ich witterte vergammeltes Fleisch und alte Knochen. Wo war ich hier nur gelandet?

Ich glitt etwas tiefer, bis ich schließlich landete. Der Schnee gab knisternde Laute von sich, als ich langsam die Insel betrat. Die Bäume waren alt und morsch und schienen Nebelkleider zu tragen. Die Insel wirkte mythisch, obwohl sie vom Himmel aus noch recht friedlich aussah. Sollte ich vielleicht auf eine andere fliegen? Sie war schließlich Bestandteil einer Inselgruppe.

Nein, ich war auf der Suche nach Abenteuer und jetzt hatte ich eins!
Prüfend stellte ich meine Ohren auf und lauschte. Das Meeresrauschen musste ich ausblenden.
Da!
War das ein Krächzen? Ich hatte irgendetwas aus der Ferne gehört. Es kam aus dem Wald. Ich grummelte nervös und sank meinen Kopf. Um mich zu beruhigen tänzelte ich etwas auf der Stelle herum und ließ meine Schwanzspitze im Schnee schlittern. Diese Insel trug einen eigenartigen Geruch mit sich. Es roch nach... Tod?
Auf jede mögliche Gefahr achtend, schlenderte ich in den vor mir liegenden Wald. Der Wind heulte durch die Blätter und ließ einen leichten Eisregen fallen. Meine Schuppen fröstelten und ich bekam es langsam mit der Angst zu tun.

Plötzlich hörte ich wieder dieses Krächzen. Ich zuckte zusammen, weitete meine Augen und sah mich um.
"Wer ist da?", fragte ich volltönig und horchte. Ich hatte meinen Kopf angehoben und ein Ohr aufgestellt. Aus einigen Sträuchern kam ein leises Wispern und Grummeln. Jemand war hier.
Kampfbereit sank ich meinen Kopf wieder, legte meine Ohren an, verengte meine Pupillen und fixierte einen kleinen Busch. Einige Zweige raschelten und zwischen einigen Blättern funkelten mich zwei gelbe Augen an. Ich bleckte meine Zähne und knurrte warnend. Meine Augen waren zu Schlitzen verformt und mein Schwanz schlug provozierend im Schnee herum.
"Wer bist du?", fauchte ich und trat einen Schritt näher. Es musste ein kleiner Drache sein, so viel war sicher.

Auf einmal erklang ein schrilles Schreien hinter mir. Hektisch drehte ich mich um und geriet in eine dunkle Rauchwolke. Ein kleines Wesen preschte auf meine Prothese zu und knabberte daran. Alarmiert brüllte ich: "Hey! Weg da!" Frustriert bäumte ich mich auf, breitete meine Flügel aus und peitschte meinen Schwanz umher. Dadurch lichtete sich der Rauch ein wenig, allerdings stürzten sich immer mehr kleine Drachen auf mein metallisches Ersatzglied. Ich schüttelte mich, aber sie blieben stur. So duckte ich meinen Körper und sprang in die Höhe. Eifrig schwang ich meine Flügel und wirbelte meinen Schwanz herum.

Kreischend löste sich ein Drache vom anderen von meinem Schwanz und fiel in die Tiefe. Jedoch fingen sie sich noch über dem Erdboden auf und machten Jagd auf mich. Ich schielte trotz meines hohen Tempos nach unten. Es waren kleine, graue Drachen.
Informiert konzentrierte ich mich wieder auf den Höhenflug. Ich wollte diese Insel nicht verlassen, dafür war ich zu neugierig. Also fing ich mich knapp unter den Wolken auf, machte einen großen Looping und steuerte dann wieder die Tiefe an. Mein Bauch kribbelte wegen der Schwerkraft und der Wald kam zügig immer näher. Ich huschte an meinen Verfolgern vorbei, welche empört krächzten und mir folgten.

Das Adrenalin in mir stieg, bis ich dicht über die Baumwipfel her schlitterte und meine Balance auf beide weit ausgestreckten Flügel ausglich. Der Wind heulte und der Wald huschte unter mir vorbei. Nun hatte sich ein Gebirge anstelle der Bäume aufgetürmt, welches unzählig viele Verstecke bot.
Ich neigte meinen Kopf leicht zur Seite und erspähte die grauen Quälgeister hinter mir umhüllt von... Rauch!
Dicker Rauch wölbte sich um die kleinen Drachen und schien ihre Körper zu verbergen. Vor Schreck hätte ich beinahe einen Flügelschlag vergessen, aber ich achtete noch rechtzeitig darauf. Völlig irritiert drehte ich meinen Kopf wieder nach vorn und suchte nach einem Versteck. Scheinbar besaß ich etwas, was diese Drachen unbedingt haben wollten.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now