Mondstaub, mein Freund

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Das orange-rote Licht der untergehenden Sonne schimmerte auf meinen Schuppen und schenkte mir noch ihre letzte Wärme, die sie uns heute noch geben konnte. Sie verwandelte die Wüste in ein goldenes Paradies. Sandkörner und Staub glitzerten im Sonnenlicht und die Felsen und Steine wurden zu Goldbarren, so sah es zumindest aus.

Der Himmel verlief von einem sanften gelb zu einem dunklem, kräftigen violett bis blau. Und weit am Horizont funkelten schon die ersten Sterne. Einen so magischen Sonnenuntergang mitsamt bezaubernder Wüste hatte ich noch nie gesehen.

Wir betrachteten noch lange den wolkenlosen Himmel und atmeten die inzwischen kühle Luft tief ein. Unsere sonst so schwarze Haut an den Flügeln strahlte ein ganz sanftes Gold aus und ließ sich mit dem Schwarz gut kombinieren.

Warum konnte das Leben nicht immer so schön sein? Warum musste es ständig Probleme geben? Konnte man nicht einfach von jedem geliebt werden und so sein, wie man wollte? Dass das Leben kein Zuckerschlecken war, wurde mir schon am ersten Tag gezeigt, an dem ich fast starb. Doch warum musste es denn jeden einzelnen Tag so schwer sein? Immer gab es Schwierigkeiten, nie war etwas perfekt. Es gab immer Macken und Fehler. Was ich mir wünschte, war doch nur ein Tag, an dem einfach alles perfekt lief. Nur ein einziger Tag. Mehr nicht.

Hatte man mich gefragt, ob ich auf die Welt kommen wollte? Nein. Durfte ich mir meine Familie aussuchen? Nein. Konnte ich ein normales Leben führen, so wie jeder andere Nachtschatten auch?

Vielleicht.

Interessiert blickte ich zu dem älteren Nachtschatten.
"Wie heißt du eigentlich?", fragte ich vorsichtig, denn diese Frage beschäftigte mich wirklich. Daraufhin antwortete er kurz und knapp: "Mondstaub."

Ich zuckte beeindruckt mit einem Ohr und sah ihn mit großen Augen an.
"Ich heiße Salir.", stellte ich mich nun weniger beeindruckt vor. Mondstaub bemerkte mein abfälliges Verhalten und sah mich aus dem Augenwinkel an.
"Ist doch ein ... schöner Name. So
... einzigartig.", versuchte er mich zu überzeugen, doch es fehlte ihm eindeutig an Motivation.

"Du kennst die Bedeutung des Namens, oder?", murmelte ich unsicher, obwohl es eher eine Feststellung als eine Frage war.
"Du nicht?", schielte er verwundert zu mir rüber. Ich schüttelte den Kopf.

Aber ob ich es wissen wollte, wusste ich nicht. Es war bestimmt etwas schlechtes. Warum sonst sollten sie mich Salir nennen. Obwohl ich es zum Teil nicht wollte, bat ich ihn, was denn hinter dem Namen stecke.

"Er bedeutet soviel wie 'Hau ab' oder 'verschwinde'. Ich weiß nicht, warum deine Eltern dich so nannten, aber vielleicht kannten sie die Bedeutung nicht.", versuchte Mondstaub mir einzureden.

"Nein, ist schon okay. Meine Eltern konnten mich noch nie so richtig leiden. Vor allem nicht mein Vater. Ich traue ihm sogar zu, dass er mich tot sehen will...", sagte ich mit heiserner Stimme und einem dicken Kloß im Hals.

"Sag das nicht. Weder du, noch deine Eltern kennen das Gefühl, das eigene Kind tot zu sehen.", erinnerte er mich und sah dabei betrübt in die dunkelrote Sonne. Verdammt, ich hatte vergessen, dass Mondstaub ja diesen Vorfall erlebt hatte.

"Mag sein.", gab ich dann mit zittriger Stimme zu, "Trotzdem will er mich nicht haben."

"Und trotz alle dem musst du jetzt nach Hause.", brummte er erwartungsvoll und sah mich nun ernst an. Ich blinzelte ihn ungläubig an.

"Da... das geht nicht! Sie werden mich verjagen! Ich weiß es doch, sie werden mir Leid zufügen!", stotterte ich panisch und war den Tränen nahe. Nein, ich wollte nicht schon wieder weinen. Nicht schon wieder.

"Salir!", zischte er nun und betonte dabei meinen Namen so enorm, dass man die Bedeutung auch so deutlich erkannte. Und das lösten auch die Tränen in mir aus.
"Geh zu deinen Eltern. Du wirst es bereuen, wenn du es nicht tust, glaube mir.", sagte er nun wesentlich ruhiger und sank dabei seinen Kopf in meine Höhe.

Ohnezahns LebensgeschichteTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon