Ein neues Zuhause

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"Sag mal, ist das eine Insel da vorne?", schnaufte ich Nachtflug zu. Meine Flügel stachen schon vor Schmerzen, wir waren schon eine gute Stunde unterwegs. Das tosende Meer unter uns schien nie seinen Schlaf zu finden. Tag und Nacht schlug es Wellen umher und ließ sie weiß aufschäumen. Das Rauschen des Wasser war so volltönig und hallte in meinem Kopf.
Wir brauchten jetzt endlich eine Landemöglichkeit, sonst fänden wir in den Tiefen des Meeres unseren Tod.

"Ja!", keuchte mein Bruder auf meine Frage, "Das ist wirklich eine!"
Wir rissen uns nochmal zusammen und beschleunigten unsere Flügelschläge. Sie waren, abgesehen vom Rauschen des Meeres und dem Heulen des Windes, das einzige, dämpfende Geräusch, dass man wahrnehmen konnte.

Tatsächlich sind wir auf eine recht große Insel gestoßen. Mit einem klaren See, einem kleinem Wald und einigen unerforschten Höhlen, eignete sich diese Insel perfekt als Übernachtung.

"Glaubst du, die Insel ist bewohnt?", rief ich Nachtflug zu.
"Bestimmt.", antwortete er sicher, "Die hier hat viel zu bieten."
Wir segelten in aller Ruhe einmal um die Insel herum, konnten in dieser Dunkelheit aber keinen Drachen wahrnehmen. Ich bezweifelte, dass hier Nachtschatten lebten. Die hätten wir sonst bei ihren Spritztouren erkannt.

Schließlich fanden wir eine geeignete Stelle zum Landen und setzten unsere Pranken auf den Boden. Als wir unsere müden Flügel zusammen gefaltet hatten, lauschten wir der Nacht. Nur Wellen, die auf die Insel einschlugen. Mehr konnten wir nicht hören.

Nachdem uns die Insel sicher erschien, beschloss Nachtflug: "Na schön. Lass uns einen Schlafplatz finden. Da vorne sind einige Höhlen, da werden wir einen Platz finden." Ich nickte zustimmend und zusammen suchten wir uns eine aus. Nach kurzem Überlegen einigten wir uns auf eine recht kleine Höhle, nahe am Wald.

Wir legten uns schlafen, doch ich starrte nur traurig den Boden an.
"Bald werden wir sie finden.", tröstete mich mein Bruder und lächelte mich an, als er meinen Blick bemerkt hat. Ich lächelte schwach zurück und schloss erschöpft die Augen.

Da in der letzten Nacht so viel passierte, schliefen wir am nächsten Morgen auch lang. Erst am Vormittag wurde ich von den eindringlichen Sonnenstrahlen geweckt. Ich blinzelte schlaftrunkend ins Tageslicht und grummelte müde herum. Anschließend riss ich mein Maul auf und gähnte laut. Als meine Zähne dabei mit einem Zischen nach draußen fuhren, wurde auch Nachtflug wach. Doch er brummte nur mürrisch etwas vor sich hin und drehte sich im Halbschlaf auf die andere Seite.

Ich taumelte währenddessen nach draußen und horchte dem Gezwitscher der Vögel. Sie ließen mit ihren schnellen Flügelschlägen die Blätter in den Bäumen rascheln und einige Zweige knacksen.

Glucksend machte ich mich auf den Weg in den Wald, zur Hoffnung, interessante Dinge oder Kreaturen zu finden.
Zwischen den vielen Bäumen war es schon viel dunkler. Die Sonne beschien nur einige Flecken vom Waldboden, den Rest verdeckten die Baumkronen. Ich hätte auch über die Insel fliegen können, denn dann würde ich sie zum ersten mal am Tag sehen. Doch ich war noch zu müde und zu faul.

Nach einigen Minuten hörte ich das Rauschen von Wasser. Neugierig folgte ich dem Geräusch und entdeckte einen kleinen Bach, der in einem See mündete. Dort schwammen viele Fische herum. Schmatzend und mit großen Augen musterte ich mein zukünftiges Frühstück. Leider war ich nicht der beste Fänger. Viel mehr lagen meine Talente im Fliegen. Darum kombinierte ich die zwei Sachen und erhob mich, trotz meiner Müdigkeit, in die Lüfte. Der kalte Gegenwind machte meine Augen schon gleich deutlich wacher.

Etwa zwanzig Meter über dem See suchte ich nach einer geeigneten Gruppe an Fischen. Ich fand auch schnell eine und fixierte mich darauf. Im Sturzflug zielte ich auf die Richtung und schnellte wie eine Rakete ins Wasser. Schlagartig bekam ich keine Luft mehr und musste schnell handeln.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now