Erste Flugstunden

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Ich wurde von warmen Sonnenstrahlen am nächsten Morgen geweckt. Sie durchfluteten die Dunkelheit hinter meinem geschlossenem Augenlid mit einem goldenen Schimmer.

Zum ersten Mal seit langem hatte ich keinen seltsamen Traum. Niemand, der mir die Zukunft voraussagte, niemand, der mir drohte.
Ich richtete mich schlaftrunkend auf und sah mich blinzelnd um. Nachtflug lag noch schlafend neben mir. Obwohl er gerade träumte, konnte man sehen, dass ihm die Wärme der Sonne gut tat. Nach all dem Chaos, Zerstörung und dem Feuer war das wirklich eine Erleichterung, wenn die Sonne schien.

Ich weckte meinen Bruder mit den Worten: "Aufstehen, wir müssen heute doch das Fliegen lernen!" Grummelnd rieb er sich mit der Pfote die Augen und gähnte. Dabei fuhr er seine Zähne aus und schmatzte anschließend verträumt. Er brummte etwas unvollständiges vor sich hin und rappelte sich dann auf. 

"Komm, wir müssen weiter.", glurrte er und sah mich mit halb geöffneten Augen an.
"Nein.", stoppte ich ihn, "Vorher müssen wir etwas fressen!"
Nachtflug verdrehte die Augen und lockte mich: "Na los, wir können später etwas fressen, wenn wir auf einer anderen Insel sind. Wenn wir in Sicherheit sind."

Doch das ließ ich mir nicht gefallen und knurrte: "Mit leerem Magen kann ich nicht Fliegen lernen! Außerdem brauchen wir noch Kraft, um bis zur Küste zu wandern."
"Alle Gewässer auf dieser Insel sind mit Asche beschmutzt.", argumentierte Nachtflug, "Da wirst du keinen essbaren Fisch finden."

Ich legte beleidigt die Ohren an, stimmte ihm aber zu. Wir mussten wohl noch weiter laufen, so lange, bis wir ein sauberes Gewässer finden würden.

Die Sonne, welche anfangs noch ein Segen für uns war, wurde gegen Mittag schnell zum Fluch. Sie stand hoch oben und brannte auf unseren schwarzen Schuppen, während wir durch die schwarze Wüste marschierten. Wir begegneten nicht einen Drachen, noch nicht einmal Leichen konnten wir finden.

Doch nach wenigen Stunden erreichten wir die Küste. Schon von weitem hörten wir die kräftigen Wellen, die an den Klippen zusammenbrachen und aufschäumten. Endlich mussten wir nicht mehr den schädlichen Rauch einatmen, sondern konnten frische Meeresluft riechen!

Und wenn ich so auf das weite Meer sah, kribbelte das Gefühl von Freiheit schon in meinem Bauch.
"Sieh mal!", rief mich Nachtflug begeistert. Während ich noch oben an den Klippen stand, war Nachtflug schon nach unten zum Strand geklettert und hatte wohl etwas im Wasser entdeckt. Neugierig folgte ich ihm.

"Sind die nicht lecker?", fragte er mich grinsend und deutete auf einen Schwarm riesiger Fische. Sie schwammen einige Meter vom Land entfernt in einer Gruppe im Kreis.
"Wie sollen wir die Fische fangen?", fragte ich meinen Bruder ratlos, "Sie sind zu weit weg, um sie vom Land aus erwischen zu können.

"Ach, wir stürzen einfach drauf los. Damit rechnen die Fische nicht und zur Not treiben wir sie mit unseren Plasma Strahlen an Land.", beschloss Nachtflug von sich überzeugt. Mir gefiel sein Plan nicht so ganz, ich fand ihn eher verrückt, doch ein Versuch war es wohl wert.

Nachtflug war ein guter Schwimmer, denn er schlich sich ganz geschickt an die Fische heran und krallte sich anschließend an einen kleinen Felsen fest, der mit der Spitze aus dem Wasser ragte. Jetzt war er gerade mal drei Meter von unserer Beute entfernt und lauerte gespannt vom Felsen aus. Jetzt sollte ich zur anderen Seite der Fische schwimmen und mich dort irgendwo unbemerkt aufhalten. Allerdings gab es auf der anderen Seite nur eine flache, glitschige Felswand, die unsere Insel darstellte.

Ich schwamm trotzdem dorthin, denn so hatten wir es abgemacht. Jetzt, wo wir nun auf unseren Posten waren, schoss Nachtflug einen Plasma Strahl ins Wasser. Es spritzte bis in meine Richtung, den Knall hatte man nicht so stark wie üblich wahrnehmen können. Erschrocken huschten die Fische in Richtung Land. Einer von ihnen litt so sehr unter Schock, dass er für kurze Zeit aus dem Wasser sprang. Nachtflug nutzte die Chance und sprang dem aufgeschreckten Fisch gleich hinterher. Doch das Tier war so flink, dass es sich noch rechtzeitig retten konnte.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now