Der Falschspieler (Teil 2)

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Am nächsten Morgen hörte ich lautes Gestampfe auf dem Holzboden. Ich grummelte schlaftrunkend und sah mich um. Haudrauf marschierte mit strengem Blick die Treppe hinauf und rief: "Hicks! Sofort aufwachen, mein Sohn!"
Erschrocken wachte dieser auf und faselte irritiert: "Was- Vater? Was ist denn?"
"Die Große Halle ist vollkommen zerkratzt! Die Wände ruiniert und die Tische beschädigt!", raunte das Stammesoberhaupt wütend, worauf Hicks aufstand und ihm verwirrt folgte.
Ich wollte mitkommen, aber Hicks hielt mich auf: "Bleib besser hier, Ohnezahn."
"Warum?", fragte ich und stellte ein Ohr schief. Hicks kam auf mich zu und flüsterte: "Ein Drache kann es unmöglich gewesen sein, wir haben schließlich Wache gehalten. Da man euch trotzdem beschuldigen wird, möchte ich verhindern, dass euer Temperament ausartet und es zu ungewollten Konflikten kommt."
Ich nickte, auch wenn ich seinen Grund nicht so richtig verstand.

Ich fraß mein Frühstück auf und wartete einige Minuten, bis Hicks frustriert das Haus betrat und sich durch seine Haare fuhr.
"So schlimm? Was war denn los?", erkundigte ich mich, auch wenn ich ziemlich nervös war.
Mit den Nerven am Ende erklärte er mir: "Tut mir leid, mein Freund, aber du wirst heute mit den anderen Drachen in der Akademie schlafen müssen."
"Was!?", fauchte ich schockiert und weitete meine Augen.
"Ich weiß, ich weiß...", murmelte er, "Aber ich konnte nichts machen! Mehltau hat meinen Vater überzeugen können, dass ihr diese Nacht eingesperrt werden sollt."
Ich schmiegte meinen Kopf sanft an seinen Bauch und glurrte: "Schon okay, es ist schließlich nur eine Nacht... oder?" Da Hicks meine Worte nicht verstand, antwortete er mir nicht und sah betrübt auf den Boden.

Am frühen Abend war es dann so weit. Hicks sattelte mich und flog mit mir und den anderen zur Akademie. Der Flug war natürlich kurz, weshalb keiner etwas sagte. Hoffentlich mussten wir nur eine Nacht dort bleiben...
Als wir landeten blieben unsere Reiter noch ein wenig bei uns. Fischbein sang Fleischklops zur Beruhigung ein Lied, doch das hatte keinen besonderen Einfluss auf sie.

"Normalerweise funktioniert das. Unser ganzes Ins-Bett-gehen-Programm ist durcheinander, sie leckt mir nicht mal die Füße! Dank dieses-", regte sich Fischbein auf und wollte gerade Rotzbakke beschuldigen, als dieser ihn warnte: "Pass ja auf, Fischbein. Wenigstens braucht mein Drache kein Schlafliedchen und keine Schmusedecke!" Hakenzahn lachte höhnisch, bis Raffnuss einwarf: "Peh! Aber deinetwegen müssen unsere Drachen alle im Knast pennen!"
Taffnuss bestätigte: "Ja, unser Drache würde jedenfalls nie etwas kaputt machen!"

"Und was ist mit den Stiefeln?", raunte Hakenzahn und trat einen Schritt auf den Wahnsinnigen Zipper zu.
"Das waren wir nicht einmal!", verteidigte sich der zweiköpfige Drache und kam ebenfalls näher. Der Streit zwischen den beiden entwickelte sich zu einem Kampf, bis Kotz und Würg auf einen Holzbalken trat, welcher zerbrach.
"Na ja... Normalerweise nicht.", gab Taffnuss nun zu, trotzdem war der Streit zwischen den Drachen noch nicht beendet.

Traurig murmelte Hicks: "Ich glaube nicht, dass ein Drache die Große Halle zerstört oder die Stiefel gestohlen hat!"
"War auch nicht so.", schnaubte ich enttäuscht.
Astrid bestätigte mit ruhiger Stimme: "Von uns will das ja auch keiner glauben, Hicks. Aber du hast die Beweise gesehen."
"Welche Beweise? Ihr habt die Fußabdrücke auch gesehen. Sie sollten angeblich von einem Spalthals stammen. Aber sie sind nicht tiefer als meine.", erklärte Hicks und zeigte auf einen Abdruck, den Kotz und Würg gerade erst hinterlassen hat, "Seht euch doch die hier an. Da könnte ich mich praktisch reinlegen!"

Deshalb hatte Hicks gestern die Fußabdrücke so nachdenklich angesehen! Sie waren unterschiedlich tief gewesen. Also stammten sie gar nicht von einem Drachen?
"Es gibt durchaus Erklärungen dafür, dass Drachen flache Fußabdrücke hinterlassen.", mischte sich Fischbein nun ein.
Nun kam auch Raffnuss dazwischen: "Etwa: Hallo, ich mach mich heute leicht!"
"Na schön, und... wie erklärst du dir das mit der Großen Halle?", wollte Astrid wissen.

Ohnezahns LebensgeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt