Sieg mit Folgen

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"Wir müssen sie irgendwie nach unten bekommen, mein Freund!", rief Hicks mir zu, "Dafür müssen wir erstmal ihre Aufmerksamkeit gewinnen."
Ich wusste genau was Hicks vorhatte und es gefiel mir nicht!
"Vergiss es!", zischte ich und bleckte beleidigt meine Zähne.
"Ohnezahn, komm jetzt!", trieb er mich an und trat kräftig in das linke Pedal. Die Prothese weitete sich nur knarzend und erfüllte nicht mehr so gut ihren Zweck, wie sie es vorhin noch tat. Ich hechelte angestrengt, der Flug und der Kampf machte mich zu schaffen!

Widerwillig schmiss ich unser Gewicht nach hinten und pendelte uns somit zum Hinterkopf der Königin. Dabei musste ich gut auf ihren Kranz aufpassen, damit er mich nicht ins Schwanken brachte. Mutig brüllte Hicks: "Komm schon... Ist das alles, was du drauf hast?"
Dabei - und dieser Part gefiel mir eben nicht - flogen wir geradewegs direkt auf das gefräßige Maul der Königin zu.
"Leg's nichts drauf an, Hicks!", warnte ich ihn vorsichtshalber, brach dennoch die Flugbahn nicht ab. Gierig schnappte der Rote Tod nach uns, doch ihre Zähne schepperten wieder einmal aufeinander und fingen nur Luft ein. Wie ein Köder taumelte ich vor ihrem Gesicht umher, auch wenn das sehr leichtsinnig war. Immer wieder geriet ich ins Schnaufen, ich war müde! Meine Kraft ging zugrunde, ich konnte nicht mehr!
Panisch peitschte ich mit meinen Flügeln und preschte an dem Maul vorbei in die Tiefe. Die künstliche Schwanzflosse brannte dabei so enorm, dass ich mir wie ein Glühwürmchen vorkam.

"Ich kriege dich!", grollte der grau grüne Drache und stürzte ebenfalls in die Tiefe. Wir schlüpften rasch durch die dicke Wolkendecke hindurch, aber damit war es noch nicht getan. Wir waren mitten in den Wolken und konnten den Erdboden noch nicht sehen. Es war unglaublich, wie weit oben wir noch waren! Aber wichtig war der Boden. Er könnte lebensgefährlich für uns sein. Der Sattel scheuerte bereits, aber auch das war mir egal. Es zählte nur der Sturzflug.

"Du wirst sterben!", brüllte mir der Rote Tod hinterher und riss besessen ihr monströses Maul auf. Zum Glück war ich nur auf die Tiefe fixiert und konnte ihre gewaltigen Zähne nicht sehen. Das hätte mir sonst noch mehr Panik gemacht, als ich ohnehin schon hatte.

Wieder drohte der Gigant: "Du kannst mir nicht entkommen!"
"Hicks, jetzt mach schon!", drängelte ich ungeduldig, denn ich wusste nicht, wann der Boden in Sicht kam und diese Ungewissheit brachte meine Schuppen zum Kribbeln. Ich hatte Angst. Sehr viel Angst.
Ein schrilles Zischen ertönte hinter uns - die Königin hatte Gas in ihrem Maul gesammelt! Eine kleine Flamme würde genügen, um das Gas ins Brennen zu bringen.
"Mach endlich!", schrie ich mit den Nerven am Ende und hätte meinem Reiter am liebsten einen Klaps mit meinem Ohr gegeben.

Hicks trat in das Pedal, aber nichts tat sich! Die Prothese blieb geschlossen! Das Feuer hatte den Stoff fast vollkommen abgebrannt und den Draht verbogen. Ich konnte nicht mehr fliegen!

"Mach bloß nicht schlapp, Kleiner - alles gut, wir schaffen das!", motivierte mich Hicks, auch wenn das Pedal scheinbar klemmte. Und ich war sehr müde! Trotzdem musste ich noch einmal alle Kräfte sammeln und mich ein letztes Mal anstrengen. Dann hätten wir es endlich geschafft!

Es waren immer noch Wolken unter uns, ich konnte den Boden immer noch nicht sehen! Ungeduldig wollte ich unseren Sturzflug abbremsen, denn das hoch kommende Gas im Schlund der Königin machte mich nervös. Ich wusste schließlich nicht, wann sie es entzünden würde.
"Gleich, Ohnezahn...", hielt mich Hicks ab und packte meinen Sattel ein wenig fester. Er wusste, dass ich Angst hatte. Und trotzdem musste ich seiner Geduld vertrauen.
"Ist gut, ich vertraue dir!", keuchte ich, denn ich war erschöpft.

"Jetzt!", brüllte er mich lauthals an und ich reagierte sofort. In Sekundenschnelle schwang ich meinen Körper auf die andere Seite, starrte in die grüne Gaswolke des Roten Todes und... entzündete sie!
Schuss!
Mit einem mächtigen Plasma Strahl feuerte ich in ihr Maul. Dieses fing direkt Feuer und schon beim Anblick kräuselte ich mitfühlend meine Oberlippe.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now