Gute Miene zum bösen Spiel

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Die nächsten vier Monate meinten es wohl gut mit uns, denn wir hatten viel Spaß zusammen und erlebten jeden Tag aufs Neue spannende Abenteuer. Man hätte ein Buch über uns schreiben sollen: Drei junge Nachtschatten im Rausch des Abenteuers!

In den vier Monaten hatten wir mehr Dinge erlebt und getan, wie noch nie zuvor. Vom Erschrecken der Schrecklichen Schrecken bis hin zum Erkunden neuer Inseln war alles an Abenteuern dabei. Wir lernten neue Drachenarten kennen, versuchten deren Dialekt irgendwie nachzuahmen, wir hatten uns sogar schon mit mürrischen Gronckeln angelegt und waren auch mal im Kampf mit einem Riesenhaften Albtraum verwickelt. Wir haben aus reiner Neugier mal eine Pflanze gefressen und auch mal ein Stück Fleisch geschluckt. Klar, beides war bei weitem nicht so lecker wie Fisch, aber wir hatten es ausprobiert. Wir bauten unsere Flugkünste weiter aus, testeten unsere Grenzen, trainierten an Höhe und übten an Geschwindigkeit. Unsere Flugfähigkeit hatten wir mit der Zeit so gut im Griff, dass wir schon erste Berge erklimmen konnten. Dort hatten wir auch unsere erste Bekanntschaft mit Schnee gemacht. Erst fürchteten wir uns vor dem weißen Boden, wir attackierten das gefrorene Wasser mit unseren Plasma Strahlen. Das Ergebnis - der Schnee schmolz - hatte uns überrascht. Schon nach wenigen Minuten tobten wir drei darin herum und wälzten uns.

Doch nach diesen vier grandiosen Monaten änderte sich die Zeit und somit auch die Dinge. Alles fing damit an, wie wir Nachtschatten unser Frühstück fraßen. Wir hatten gute Laune und lachten viel. Bis plötzlich unsere drei Mitbewohner der Insel, Stoßflamme, Gluckser und Wirbelsturm, aufgeregt auf uns zu stürmten. Sie sprachen so durcheinander, dass wir nicht ein Wort verstanden.

"Zischt ab!", brüllte Nachtflug daraufhin aufgebracht. Die kleinen Drachen zuckten vor Schreck zusammen und sahen uns verblüfft an.

"A- A- Aber-", stammelte Gluckser, bis sein typischer Schluckauf ihn wieder unterbrach.
"Haut ab!", fauchte unser Bruder die drei ein weiteres Mal an. Das machte Wirbelsturm aggressiv, sodass er drohend fauchte und mit seinen Krallen in die Erde scharrte. Dann sank er seinen Kopf, kniff seine Augen zusammen und peitschte mit dem Schwanz.

"Hast du mich etwa nicht verstanden?", knurrte unser Bruder noch wütender und erzeugte in Sekundenschnelle einen Plasma Strahl.
Quiekend sprang Wirbelsturm zurück und fletschte beleidigt seine Zähne.

"Auf dem Meer sind aber Schiffe!", stoppte Stoßflamme endlich den Streit, der drohte, zu einem Kampf zu werden. Verdutzt stellte ich meine Ohren auf. Nachtflug und Feuerblüte taten es mir nach.
"Welche Drachen?", fragte ich irritiert nach.

"Keine Drachen!", schnaufte der Befragte, wobei ihm fast eine kleine Flamme entwichen wäre, "Schiffe!"
"Was ist ein Schiffe?", hakte Feuerblüte nach.
"Das sind riesige Dinger, die auf dem Wasser schwimmen und aus Holz bestehen. Sie leben aber nicht, sie wurden von - äh, Menschen, glaube ich - gebaut.", schon wieder hickste er.

Bei seinem letzten Satz blinzelte ich interessiert. Von diesen Menschen hatte ich doch schon mal gehört.
"Und was tun die, außer auf dem Wasser schwimmen?", informierte sich Feuerblüte wieder. Wirbelsturm grummelte nachdenklich in sich hinein und räusperte sich: "Diese Menschen sind böse. Sie haben ganz komische Waffen, mit denen sie uns verletzen können."
"Oder töten.", ergänzte Gluckser traurig.

Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache und erkundigte mich vorsichtig: "Ihr seid also schon mit ihnen in Kontakt gekommen?"
"Nicht ganz.", antwortete Gluckser.
"Sie haben unsere Eltern getötet, während wir drei am schlafen waren. Zum Glück waren wir noch Schlüpflinge, sie hatten uns nämlich nicht gesehen."

"Das tut mir leid.", sprach Feuerblüte kleinlaut ihr Beileid aus.
"Ist ja auch egal, da vorne sind jedenfalls Schiffe!", erinnerte uns Stoßflamme nun und streckte seinen Kopf in die Richtung. Tatsächlich, es waren wirklich viele Schiffe. Mindestens fünf.

Ohnezahns LebensgeschichteWhere stories live. Discover now