Corbin #5

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Ich öffnete langsam meine Augen und rieb mir den Schlafsand aus den Augenwinkeln. Die Sonne hatte mich geweckt. Sie schien durch den Rollladen, den ich gestern vergessen hatte herunter zulassen. Oder vielleicht hatte ich auch daran gedacht, war aber zu müde gewesen, um es zu machen.

Ich riss meine Augen auf. Fuck!! Wie spät war es verdammt nochmal??

Ich griff nach meinem Handy, aber ich verfehlte es knapp und es fiel herunter. Ich setzte mich in meinem Bett auf und hob es auf.

8:23 Uhr.

Die Stunde begann um 7:45 Uhr. Ich hatte total verpennt!! Und dann hatten wir in dem ersten beiden Stunden auch noch Mathe, was ein Fach war bei den ich mich schon höllisch konzentrieren musste, wenn ich da war. Und jetzt hatte ich schon fast eine dreiviertel Stunde verpasst. Ich sprang aus dem Bett, zog einfach meine Hose über meine Boxershorts in denen ich gepennt hatte. Ich warf mir ein bisschen Wasser ins Gesicht, zog ein Longsleeve an und füllte mir einen Kaffee in eine verschließbare Tasse. Ich lief die Treppen herunter zu dem Brett wo meine Schüssel hingen. Der Autoschlüssel war nicht da!!

Ich rannte im ganzen Haus herum, um ihn zu finden, bis mir einfiel, dass er in der Tasche von der Hose sein musste, die ich gestern nach dem Duschen in die Wäsche geworfen hatte.

Ich fluchte leise vor mich hin, schnappte mir meine Tasche und lief mit der dampfenden Tasse in der Hand und Kopfhörern in den Ohren los.

Meine Laune hatte einen neuen Tiefpunkt erreicht und ich hatte Lust irgendjemand zusammen zu schlagen. Am besten mich selbst. Ich hätte es verdient, ich nutzloses Stück Scheiße. Wenigstens hatte ich heute keine Kopfschmerzen. Die Vorstellung ihn heute sehen zu müssen, ließ meinen gesamten Körper mit einer Gänsehaut überziehen.

Ich ballte meine freie Hand zur Faust, da ich spürte wie meine Finger anfingen zu zittern. Würde dieser Albtraum denn nie aufhören?

Ich seufzte, als mein Kaffee leer war, warf die Tasse in meine Tasche und sprintete los. Ich wollte unbedingt nicht noch mehr von dem Unterricht verpassen.

******

Ich kam außer Atem vor dem Klassenzimmer an. Ich war vollkommen verschwitzt. Ich fühlte mich noch klebriger als heute Morgen. Ich hätte eindeutig duschen sollen. Ich hörte mein Herz in meinen Ohren. Meinen zu schnellen Atem. Und ich zitterte am ganzen Körper.

Was ist bloß mit mir los? Ich klopfte. Ich hörte wie der Lehrer hinter der Türe mitten im Satz abbrach und "Herein!" rief. Ich öffnete die Türe und trat ein. Alle starrten mich an, als sei ich ein Schwerverbrecher, der gerade aus dem Gefängnis ausgebrochen war. "Hab verpennt", sagte ich knapp und sah mich im Raum nach einem freien Sitzplatz um. Der Lehrer beugte sich über das Klassenbuch und trug die Zeit ein.

Ich checkte jeden einzelnen Tisch von vorne nach hinten mit den Augen ab. Überall saßen zwei.

Mein Blick streifte kurz den "J"-Typen. Er saß alleine. Mein Magen fühlte sich an würde er umgedreht werden. Es war der einzige Platz der frei war. Er sah aus als würde er am liebsten aus dem Fenster springen wollen. Er starrte bloß seine Finger an, die er vor sich auf den Tisch gelegt hatte, über einen Block auf dessen blankes Papier er etwas gezeichnet hatte.

Er sah verloren aus....

Ich wollte ihn umarmen. Zu ihm gehen. Ihn umarmen und in ein Zimmer bringen, wo er sich alle Sorgen vom Herzen reden konnte, die diese dunkeln Ringe unter seinen Augen gezogen hatten.

Ich riss mich zusammen. Er sollte mir wirklich egal sein. Und es sollte mir keine Probleme bereiten, da jetzt rüberzugehen und mich an diesen gottverdammten Tisch zu setzten. Ich steckte meine Hand in meine Hosentasche und schlenderte gewollte gelassen zu seinem Tisch. Ich hatte das Gefühl alle starrten mich an und hätten mir meinen Kampf im Gesicht ablesen können, auch wenn ich mit der Zeit gelernt hatte, meine Gefühle hinter einer emotionslosen Maske zu verstecken. Mich sah schon längst niemand mehr an. Ich ließ mich so leise wie möglich auf den Stuhl gleiten, kramte aus meiner Tasche einen Kugelschreiber und meinen Schulblock, legte beides auf den Tisch und betete um das Beste zu einem Gott, an den ich noch nie geglaubt hatte.

Oh, my life...Where stories live. Discover now