Corbin #25

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Ich machte mir keine Gedanken darüber wie das hier werden sollte und was danach passieren sollte. Wollte ich mit ihm zusammen sein? Sollte ich mit ihm zusammen sein? Waren wir dann so was wie ein Paar? Ich zog seinen Kopf zu mir runter und küsste ihn. Das war jetzt auch egal. Ich spürte wie er lächelte, während meine Lippen noch auf seinen lag. Mein Herz schlug zu schnell und ich atmete zu heftig. Es war mir egal. Hauptsache er war hier, bei mir. Mein Blick war vorher auf seinen Oberkörper gefallen und ich hatte mich daran erinnert, wie viele unauffällig unter seinen T-Shirts versteckte Muskeln er hatte. Ich öffnete meine Augen vorsichtig und ließ meine Hand seinen Bauch entlang nach unten gleiten. Seine Haut war bleich und weich. Sein Bauch fühlte sich gut an. Ein Kribbeln fuhr durch meine Fingerkuppen. Ich strich an dem Saum seiner Jeans entlang. Ich hob meine andere Hand und machte den ersten Knopf seiner Hose auf. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so Multitasking fähig war. Knutschen und Knöpfe aufmachen. Seine Wangen wurden noch röter, aber er ließ seine Augen geschlossen. Vertraute er mir? Ich ließ meine Hand in seine Hose gleiten und... Die Türe sprang auf und schlug gegen die Wand. Ich zog meine Hand blitzschnell zurück und Jonas zuckte zurück, als habe er sich an meinen Lippen verbrannt. Wie sahen beide zur Türe. "Corbin, wir...! Oh..." Octavian machte ein bedröppeltes Gesicht. "Öh... Also..." Jonas setzte sich aufs Bett und griff nach seinem Pullover, den er sich wieder überzog, nachdem er seine Hose wieder zugeknöpft hatte. Ich setzte mich auf und ignorierte, dass mein Hemd offen war. Er musste schließlich später mit dem Trauma klar kommen meinen Oberkörper gesehen zu haben. "Was ist?", fuhr ich ihn genervt an. "Wir haben keinen Kaffee mehr.", sagte er, bei jedem Wort immer leiser werden und aufmerksam Jonas musternd, der aussah als wolle er im Boden versinken. "Dann kauf welchen!" Ich war sauer auf Octavian. Wieso musste er einfach so in mein Zimmer rein gestürzt kommen? Woher wusste er überhaupt, dass ich wieder zu Hause war? Die Stimmung war vollkommen verpufft und ich entschloss mich doch noch dazu, mein Hemd zuzumachen. Ich stand auf. Octavian machte ein belustigtes Gesicht. Was gab es da zu grinsen? "Du bist Jonas?", fragte er an den immer noch hochroten Jungen auf meinem Bett gewandt. Jonas nickte bloß und starrte weiter auf seine Finger. "Ich bin Octavian.", stellte mein nerviger, großer Bruder sich vor. Jonas blickte auf und lächelte ihn umwerfend an. Verbündeten sich die beiden jetzt? Ich würde kotzen, wenn es so wäre. Ich stand auf und griff nach meinem mittlerweile viel zu intensiv schmeckenden und bloß noch lauwarmen Tee. Ich nippte trotzdem daran. "Äh...ja. Dann störe ich mal nicht weiter. Ich bin im Wohnzimmer und lese etwas für mein Studium." Er war schon dabei die Türe zu schließen. "Du sollst verdammt nochmal Kaffee besorgen wenn keiner da ist!" "Es ist Sonntag, Bruderherz.", entgegnete er und zog die Türe hinter sich zu. Wieso war er dann verdammt nochmal reingekommen!? Ich könnte ihm den Hals umdrehen! Platzte hier einfach rein, entschuldigte sich nicht einmal undwar noch frech! Er war hier Gast. Bruder hin oder her. Ich ließ mich seufzend und immer noch mit meiner Teetasse in der Hand in den kunter bunten Patchwork-Sessel in der einen Ecke meines Zimmers fallen. Ich sah aus dem Fenster. "Tut mir leid, wegen meinem Bruder. Er ist ein bisschen...quirlig." Er lächelte mich an. "Das macht nichts. Ist vielleicht ganz gut..." Ich verstand was er meinte, auch wenn er den Satz unvollendet im Raum hängen ließ. Es war wahrscheinlich noch zu früh, so weit zu gehen. Wir wussten nichts von einander... Rummachen okay. Aber beim Weitergehen sollten wir vielleicht noch warten... Man musste ja nicht mit jedem x-beliebigen Typen im Bett landen. Insgeheim war ich erleichtert...aber auch ein kleines wenig enttäuscht. Ich bebobachtete ihn. Er sah sich aufmerksam in meinem Zimmer um. Wie seine Blicke meinen Schreibtisch erkundeten und seine Augen über die Buch-, DVD- und CD-Rücken schweifen ließ, die sich auf den Regalbrettern aneinaderreihten und die Lampe neben meinem Lesesessel, auf dem ich gerade saß. Ich mochte mein Zimmer und ich war froh, dass es einigermaßen aufgeräumt war und die ganzen Kleidungsstücke, die ich aus meinem Schrank gezerrt hatte, weil ich Panik geschoben hatte, was ich anziehen sollte, wieder verstaut waren. "Dein Zimmer ist toll...", hauchte er bewundernd, immer noch mit den Augen alles verschlingend was er entdecken konnte. "Oh, danke." Innerlich freute ich mich über das Kompliment. Ich hatte meine ganze Wohnung, auch wenn sie bloß aus zwei Zimmern plus Küche und Bad bestand, eingerichtet und es hatte mich verdammt viel Zeit, Geld und Nerven gekostet, von denen ich nicht sehr viel besaß. Ich musterte den Jungen, der da auf meinem Bett saß und mir fiel auf, dass ich rein gar nichts über ihn wusste. Nichts über seine Famillie, was er in seiner Freizeit tat, ob und wenn was er las, was sein Traum war, wie, wann, wo er sich geoutet hatte und wie es seine Mitmenschen aufgefasst hatten. Und als ich ihn so betrachtete und mir Gedanken über ihn machte, fiel mir erst auf, wie sehr es mich interessierte. Ich wusste nicht, ob ich bis jetzt die Gedanken immer zur Seite geschoben hatte, weil ich so krampfhaft versucht hatte nicht an ihn zu denken oder sie schon die ganze Zeit in meinem Hinterkopf gewesen waren, ich sie aber bloß nie realisiert hatte. Aber egal was es gewesen war, jetzt traf mich die Erkenntnis, dass ich verdammt nochmal so viel wie nur irgend möglich über diesen Jungen erfahren wollte und wenn es hieß, dass ich mich ihm gegenüber als Gegenleistung ebenfalls öffnenen musste und über all die Sachen reden musste, die ich seit jeher vor allen Personen totschwieg. Vielleicht wäre es eine Erleichterung, verstanden zu werden und endlich mal das alles aus einer bestimmten Distanz zu betrachten. Als hätte er meine Gedanken gehört, oder zumindest meinen Blick gespürt, wandte er mir seinen Blick zu und lächelte mich an. Vielleicht sollte ich aus diesem scheiß Pnazer heraus kommen, den ich um mich herum errichtet hatte und in dem ich alleine saß und meine nicht verheilen wollenden Wunden leckte. Vielleicht war er der, mit dem ich beginnen konnte, langsam Vertrauen zu fassen und ihn als meine eigene Therapie zu benutzen. Aber vielleicht liebte ich ihn auch einfach bloß und das war Therapie genug.

Oh, my life...Where stories live. Discover now