Jonas #20

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Ich schreckte zusammen, als plötzlich die Schulglocke klingelte und sah auf die Uhr. 13:00 Uhr. Wochenende... Corbin sprang auf, als habe er die Sekunden gezählt, bis die Glocke klingelte und war jetzt endlich erlöst. Bevor ich auch bloß meine Sachen vollends verstaut hatte, fiel hinter ihm schon die Zimmertür zu, wobei sie gleich wieder aufgerissen wurde, von den anderen Schülern, die auch ins Wochenende wollten. Am liebsten hätte ich mich wieder auf meinen Stuhl fallen lassen und darauf gewartet, dass am Montag die Schule wieder anfing. Stattdessen schwang ich meinen Rucksack auf meinen Rücken und trottete aus dem Klassenzimmer. Unsere Lehrerin schnautzte mich auch noch an, ich solle mich beeilen, weil sie auch mal endlich durchatmen wollte. Was sollte an diesem Wochenende so toll sein? Achtundvierzig Stunden vollgepackte für Hausaufgaben, lernen und Familieaktivitäten. Wir hatten diese Woche echt wenig Hausaufgaben bekommen und die wenigen, die wir bekommen hatten, hatte ich alle schon gemacht. Für nächste Woche musste man nichts lernen, weil wir keine Arbeiten schrieben und mit meiner Familie konnte ich nicht so viel anfangen. Also konnte ich am Wochenende quasi nichts machen, als wie auf Kohlen zu sitzen, darauf warten, dass er sich meldete und Trübsal blasen. Das Wochenende konnte ja nur nett werden. Ich lief fast an der WG vorbei. Schnell drehte ich um und sah die Straße entlang, ob jemand gesehen hatte, was mir gerade passiert war. Eine ältere Dame mit ihrem Hund lächelte mir zu und ich erwiderte es verlegen, bevor ich meine Tasche nach dem Schlüssel durchsuchte. Ich schloss schnell auf und verschwand im Flur. Ich atmete durch. Ich hatte Nackenschmerzen und Hunger. Hoffentlich hatte sich jemand von den Jungs dazu herunter gelassen etwas zu kochen. Isaak plädierte doch immer auf gute Ernährung. Vielleicht hatte er ja die Zeit gefunden. Ich zog meine Schuhe aus und stieg in Socken die Stufen zum Wohnzimmer hoch. Als ich dort anlangte war niemand da. Ich ließ mich aufs Sofa fallen und legte meinen Arm über die Augen. Diese Woche war vom Stoff und Unterricht her nicht anstrengend gewesen, aber das ständige Hoffen hatte ganz schön an meinen Nerven gezerrt. Ich schloss meine Augen. Musste es so kompliziert sein? Ich atmete genervt aus und stand wieder auf. Ich stellte Musik an und lief im Raum auf und ab. Ich hätte mich so gerne schlafen gelegt oder ein Buch gelesen... Aber ich konnte nicht. Ich war so unruhig. Diese Unruhe nervte mich selbst. Ich wollte nichts anderes, als mich endlich wieder zu entspannen, aber solange diese Sache, diese eine Sache mit dieser einen bestimmten Person, nicht geklärt war, würde ich sie nicht aus dem Kopf bekommen. Das wusste ich. Ich griff nach dem Telefon und rief einen Lieferdienst an. Irgendetwas musste ich ja schließlich essen. Mein Magen rebellierte schon. Bevor es klingelte, stellte ich schnell mein Handy auf laut. Was wenn er mich anrief und ich es verpasste oder überhörte? Und was wenn ich dann auf die Nummer zurückrief und er nicht ranging? Was dann? Dann würde ich mich verfluchen. Tausend und abertausend Mal. Ich ließ mich wieder auf den Sofa sinken und stützte meinen Kopf in die Hände. Er verschwendete wahrscheinlich keine Sekunde seiner Gedanken an mich und ich saß hier und wartete auf einen Anruf. Was für ein Narr ich war. Ein naiver Narr. Oder machte die Liebe das aus uns? Hoffende Narren, die sich Sachen einbildeten und in Situationen und einfachen Sätzen Dinge interpretierten, die gar nicht existierten... Alles was ich wollte war eine Chance. Wieso gab er sie mir nicht? Einen kleinen Lichtschimmer. Und eine kleine Chance. Selbst wenn das mit uns nicht hinhauen sollte, konnte ich im Nachhinein, dann zumindest sagen, ich hatte mein Bestes und Möglichstes getan. Wenn er mir eine Chance gäbe, könnten wir uns streiten, zusammen lachen, diskutieren und reden. Aber wenn er mich ignorierte kam ich nicht an ihn ran. Dann konnte ich es nicht einmal darauf ankommen lassen, ob wir uns verstanden... Aber gerade wollte ich mich nicht mit ihm streiten. Es nicht darauf ankommen lassen. Gerade wollte ich ihm in seine perfekten Augen sehen und seine Bartstoppeln unter meinen Fingerspitzen spüren. Nicht sprechen. Einfach bloß wissen, dass er da war und ich bloß eine Hand ausstrecken musste, um ihn zu fühlen. Aber jetzt war er so unerreichbar...

Ich zuckte zusammen, als die Klingel ging. Mein Mittagessen war da. Ich sammelte schnell das Geld zusammen. Heute würde aus warten und bangen bestehen. Und vielleicht auch noch der Rest des Wochenendes. Aber wenn es am Ende Früchte tragen sollte, würde ich das auf mich nehmen.

Oh, my life...Where stories live. Discover now