Jonas #35

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Ich hatte ihn noch nie so glücklich erlebt wie heute. Ich versuchte mir nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob das an seiner Mutter lag und ob ich überhaupt in der Lage war, ihn irgendwann so glücklich zu machen. Mit einem Lächeln und einer Umarmung verabschiedeten wir uns von seiner Mutter. Er tastete nach meiner Hand, während wir die im Dämmerlicht liegende Straße entlang gingen. "Gehst du nach Hause?", fragte er ohne mich anzusehen. Ich sah sein Profil an. "Vielleicht könnten wir ja zu dir." Er lächelte verlegen. "Gerne." Wir redeten auf den Rückweg mehr als auf dem Hinweg. Nach dem Mittagessen hatten wir noch abspülen geholfen (Angeline hatte sich zwar dagegen gesträubt, aber Corbin hatte nicht auf sie gehört), Karten gespielt und dann war es plötzlich so spät und sie hatte uns beinahe aus dem Haus gescheucht, damit wir nicht zu spät ins Bett kamen, da wir morgen ja trotz allem noch Schule hatten. Das Haus in dem Corbins Wohnung lag, kam näher und er zog den Schlüssel aus seiner Hosentasche. Er lächelte mir zu und das gelbliche Licht, der Straßenlaterne schimmerte auf seiner bleichen Haut. Er sah so schön aus... Er ließ das Licht aus, als wir im Flur die Treppen heraufgingen. Er schloss seine Wohnungstür auf und sie schwang leise auf. Drei Katzen kamen uns auf samtigen Pfoten entgegen, aber Corbin ignorierte sie, schloss die Türe hinter uns und zog mich an sich. Ich spürte seine Finger und seine Wärme durch mein T-Shirt und ich musste mir auf die Innenseite meiner Wange beißen, damit ich nicht die ganze Zeit dämlich grinste. Er sah zu mir herunter und das Lächeln war weg. Ich vergaß wie man atmete, als seine Augen meinen trafen und ich das Gefühl bekam, dass er mir direkt in die Seele sah. Als er seinen Kopf zu mir herunter beugte und seine Lippen meinen näherten, hauchte er etwas. Es brauchte unerträglich lange, bis mein Gehirn endlich entschlüsselt hatte, was er sagte. Er sagte immer wieder, flüsternd leise Ich liebe dich, bis seine Lippen auf meinen lagen. Er legte seine Hände auf meine Hüfte und drückte mich gegen das Holz der Türe. Sein Körper drückte sich gegen meinen und ich spürte ihn trotz der vielen Schichten von Stoff. Ich schlang meine Arme um seinen Nacken und meine Finger fanden wie von alleine den Weg in seine Haare. Ich hatte noch nie das Gefühl gehabt ihm so nahe zu sein. Und das ganz ohne Worte... Seine Finger fuhren warm und rau mein Rückgrat hoch. Ich spürte sein Lächeln, das sich auf seine Lippen stahl, ohne dass er sie von meinen löste. Er zog mir das T-Shirt über den Kopf, wobei er mich sofort noch enger an sich zog und mich weiter küsste. Er hatte seine Augen geschlossen und ich konnte seine abnormal langen Wimpern sehen, die dich und schwarz und weich aussahen. Und dann musste ich lachen. Er löste sich von mir ich sah mich verwirrt an. "Was ist so lustig?" Selbst wenn ich gewollt hätte, könnte ich ihm mit meinen Armen nicht mehr berühren. In seinen Augen lag Misstrauen. "Corbin. Hey? Es ist nichts Schlimmes." Es verschwand nicht, aber er versuchte mehr es nicht zu zeigen. "Es ist bloß so absurd." "Absurd?" Das Misstrauen hatte sich bis in seine Stimme gefressen, egal wie sehr er versuchte es zu verbergen. "Absurd und schön!", setzte ich schnell hinterher. Er runzelte bloß die Stirn. "Ich habe bloß daran gedacht, dass ich vor gut einer Woch, niemals gedacht hätte, dass wir uns küssen und...und..." Ich gestikulierte wild mit meinen Händen in der Luft herum, als könnte ich aus ihr die Worte klauben, die mir fehlten, um auszudrücken, was ich sagen wollte. "Das ist so unglaublich und so wunderschöm, dass ich nicht anders konnte als zu lachen." Er sagte nichts, aber es war vollkommen aus seinem Blick gewichen. Mit einem Kopfschütteln, einem belustigten Lächeln und einem Seufzen, zog er seine Jacke aus, hängte sie auf und zupfte sein Oberteil zurecht. "Willst du einen Kaffee?", fragte er als er sich gerade die Schuhe auszog und verschwand ohne eine Antwort abzuwarten in der Küche. Ich lächelte und lehnte mich an die Türe. Vor lauter Küssen und Rechtfertigen und Erklären und Glücklichsein war mir ganz schwindelig und meine Knie waren wackelig. Ich atmete tief die Luft ein, öffnete wieder meine Augen, als ich das Gefühl hatte, wieder alleine stehen zu können und hob mein T-Shirt vom Boden auf. Ich zog es mir über den Kopf und es war mir egal, falls dadurch ein paar Haare kreuz und quer abstehen sollten, zog meine Schuhe aus und stellte sie feinsäuberlich neben seine. Die Wohnung war nicht mehr so ordentlich wie das letzte Mal als ich hier gewesen war. Ein leeres Rotweinglas, stand neben Zeitschriften und Schulbüchern auf dem Wohnzimmertisch, neben dem auf dem Sofa eine zusammengeknüllte Decke und ein zerknaustchtes Kissen lagen. Ich mochte es unaufgeräumt mehr. So konnte man sich besser vorstellen, wie Corbin hier wohnte und sich bewegte und lebte. Ich musste lächeln, als ich durch das Wohnzimmer hindurch zu der Küche ging und ich bereute es kein bisschen, dass ich den Kuss unterbrochen und damit wahrscheinlich auch noch mehr verhindert hatte. Es war einfach schön gerade, glücklich und bei ihm zu sein...

Oh, my life...Where stories live. Discover now