Corbin #6

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Er dachte ich sähe nicht, wie er mich beobachtete. Fast jede Sekunde ruhten seine Augen auf mir. Ich bildete mir nichts darauf ein. Ich sah, das Mitleid und die Scham in seinen Augen und wollte beides wegwischen. Ich ärgerte mich über mich selbst. Was war mit mir los?? Wieso machte ich mir Sorgen um einen Jungen, dessen Name mir nicht einmal einfiel?? Er sollte mir einfach egal sein, wie all die ganzen anderen Hohlköpfe. Also wieso interessierte ich mich gerade für den mit dem T-Shirt mit den japanischen Buchstaben unter denen ein Hase mit riesen Augen einen anstarrte??

Meine Brust zog sich zusammen und ich wollte mit meiner Hand durch seine Haare wuscheln. Irgendwie provozierten, sie richtig dazu.

Ich spürte etwas Warmes, Feuchtes auf meiner Wange. Ich wischte die Träne schnell weg. Nervige unnütze Dinger. Und scheiß Müdigkeit. Da wurde man immer so sentimental und flennt wegen jeder Kleinigkeit rum. Und eigentlich konnte ich so was nie gebrauchen. Außerdem, was war das? Wieso stellte ich mich eigentlich so an? Er war bloß irgendein Junge, wie jeder andere in dieser gottverdammten Klasse. Also was war mein Problem? Vielleicht wurde ich ja auch krank und konnte einfach nicht mehr klar denken. Ich betete, dass es das war. Es ärgerte mich, wie er mich ansah, als er mir sein Heft zuschob. Es ärgerte mich, wie meine Hände zitterten, während ich schrieb und dadurch meine Schrift noch kritzeliger wurde, als sie ohnehin schon war. Jetzt konnte niemand mehr sie lesen. Aber war ja nur Mathe. Davon war ja nur meine Versetzung abhängig. Es ärgerte mich. Einfach alles. Das war eindeutig nicht normal. Ich hatte endlich hinbekommen, alles auf die Reihe zubekommen. Endlich einen klaren Kopf kriegen und aufhören mit dieser ganzen Scheiße. Bloß noch ein paar vereinzelte und rauchen hatte ich mir schon fast abgewöhnt.

Wieso musste jedes Mal, wenn ich mir einigermaßen dachte, alles könnte vielleicht gut werden, irgendetwas passieren, was mich wieder total aus der Bahn schmiss? Ich schob ihm das Heft zurück und versuchte ein Lächeln, versagte aber kläglich und versuchte ihn nicht anzusehen. Gerade wollte ich insgesamt niemand sehen. Ich wollte einfach in meiner Wohnung sein, kuscheln, Musik hören und mich mit jemand unterhalten. Mir geschlossenen Augen, weil es leichter fällt über Geheimnisse zu reden, wenn man das Gefühl hat alleine zu sein. Meine Brust zog sich zusammen. Und ich wusste auch, wen ich neben mir haben wollte...

Oh, my life...Where stories live. Discover now