[34]🚣‍♀️°Retterin°

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PoV. Choi Jiho

Ich schleppte den letzten Karton in die kleine Wohnung und ließ mich müde auf das Sofa fallen um für einen kurzen Moment die Augen zu schließen.

"War das alles?", fragte meine Großmutter ungläubig, woraufhin ich nur nickte.

Ich warf einen kurzen Seitenblick auf die 4 Kartons, in denen sich mein gesamtes Hab und Gut befand. Viel war es jedenfalls nicht.

"Hach, was soll ich nur mit dir machen?" Ihre Besorgnis war manchmal echt süß und ein kompletter Kontrast zu den Gefühlen, die andere Menschen mir gegenüber empfanden. Angst, Hass, Unverständnis, naja, eben so wie man ist wenn man gerade umgebracht wird.

"Keine Sorge Oma, das Sofa ist völlig ausreichend und fast genauso bequem wie ein richtiges Bett.", beruhigte ich sie und quetschte mich als Bestätigung daraufhin noch tiefer in die Polster rein.

Sie seufzte und ging in die kleine Küche nebenan.
"Willst du auch was essen?", rief sie unnötig laut, sodass ich fast das kurze Handyklingeln überhört hätte.

Es gab eigentlich nur eine Person, bis auf meine Oma natürlich, die mich regelmäßig kontaktierte.

Aber anstatt mich zu freuen, betete ich bloß, dass es nicht diese eine Person war.

Letztendlich ging dann aber alles beten nach hinten los und ich musste die knappe und nichts sagende Nachricht von meinem Boss lesen:

Geh arbeiten

Es gab wirklich keinen ungeschickteren Zeitpunkt als jetzt. Ich hatte mir noch nicht überlegt, wie ich meiner Großmutter weiter vorspielen sollte, Informatiker bei Parkwork zu sein. Ich arbeitete zwar wirklich bei Parkwork, aber das Arbeitsumfeld war dann doch nicht ganz richtig.

"Oma, ich muss noch zur Arbeit, ich ess später."

Eilig schnappte ich meine Jacke und wollte mir schon die Schuhe anziehen, aber dann kam Oma dazwischen.

"Es ist schon nachmittags, welcher Informatiker muss um diese Uhrzeit noch arbeiten gehen? Ich dachte du gast heute frei."

Sie stellte sich vor mich und betrachtete mich aus kritischen Augen.

"Ich hab ziemlich unregelmäßige Arbeitszeiten.", war die erste Ausrede die mir einfiel und bekam bei dieser schlechten Notlüge nur einen weiteren seltsamen Blick von ihr.

Plötzlich hellte sich ihr Gesicht aber wieder auf und mit dem breiten Lächeln sah sie überhaupt nicht mehr aus wie eine 84-jährige.

"Dann begleite ich dich zur Arbeit.", entschied sie kurzerhand und hatte ihre Schuhe schon an bevor ich überhaupt wiedersprechen konnte.

Das Firmengebäude von Parkwork war nicht weit entfernt und man konnte es leicht zu Fuß erreichen. Genau das taten wir dann auch nach knappen 10 Minuten.

Als wir so vor dem großen Gebäude standen, wurde mir wieder mulmig zumute und ich überlegte, was ich jetzt machen sollte.

"Danke fürs bringen Oma.", damit verabschiedete ich mich und zog sie noch kurz in meine Arme.

Aber natürlich ohne sie. "Nana, ich gehe wenigstens noch mit in die Lobby, ich war noch nie in diesem Gebäude. Schließlich muss ich wissen, wo mein Enkel sein Geld verdient."

Ohne weitere Worte, zog sie mich mit sich durch die gläserne Drehtür ins Innere.

Es gab mehrere Drehkreuze, die alle in eine andere Abteilung führten und für jedes Drehkreuz brauchte man andere Karten. So wurde sichergestellt, dass auch jeder sich nur dort aufhielt, wo er hingehörte.

Ich hatte nur Zulass zu Ebene 20, der höchsten Etage, in der sich das Büro des Chefs befand.

Leider war meine Oma aber keine Analphabetin und könnte ohne Probleme die Schilder an den Drehkreuzen lesen. Auf einem davon stand groß und fett Informatik.

"Ah, in Etage 13, da steht Informatik." Sie zeigte auf das Schild, das sie gerade eben entdeckt hatte und brachte mich jetzt in noch größere Schwierigkeiten.

Aish, ich war verloren.

Sollte ich einfach über das Drehkreuz drübersteigen? Nein ich musste mir schnell etwas besseres einfallen lassen.

Gerade wollte ich ansetzen zu sagen: "Oh mist, ich habe meine Karte vergessen.", aber das war garnicht nötig.

Gerade in dem Augenblick entdeckte ich eine Person, von der ich dachte, sie nie wieder zu sehen. Wäre auch besser so gewesen.

Und eigentlich kann ich mir keine Namen merken, aber ich wusste noch, dass sie Hannah hieß.

Sie hatte diesmal eine Hose mit Bluse an und die Haare zu einem Dutt hochgesteckt. In diesen Klamotten sah sie viel strenger und älter aus als bei unserer ersten Begegnung auf der Hochzeit.

Ihre Augen auf das Drehkreuz fixiert, hielt sie ihre Karte hin und hatte mich deshalb noch nicht bemerkt. Aber lange blieb das nicht so.

Für einen Moment überlegte ich, ob Hannah sich überhaupt noch an mich erinnern konnte. Es war zwar erst eine Woche her, aber man konnte ja nie wissen.

Ihre langen Beine machten so schnelle Schritte, dass ich zuerst dachte, sie würde an uns vorbei laufen. Aber kurz bevor sie an meiner Großmutter und mir vorbei ging, wandte sie ihren Blick auf mich.

Raum und Zeit schienen für einen Moment aus dem Ruder zu geraten und ich hoffte mal, wir haben uns nicht sehr lange schweigend angestarrt. Ich glaube in dem Augenblick überlegten wir uns beide, einfach so zu tun als hätte man den anderen noch nie getroffen.

Auf jeden Fall war meine Oma die erste, die das Wort ergriff.

"Oh hallo, sind sie eine Kollegin von meinem Sohn?", fragte sie freundlich. "Ich hätte nicht gedacht, dass es in diesem Informatikerbereich so schöne Frauen gibt.", setzte sie noch scherzend nach und lachte.

Tatsächlich war Hannah aus der Abteilung für Informatik gekommen, aber ich meinte mich zu erinnern, dass sie auf der Hochzeit etwas von Assistentin geredet hatte.

"Ah nein, ich bin nur eine Assistentin.", meinte Hannah und begrüßte meine Großmutter höflich. Danach wandte sie sich wieder zu mir und setzte ein freundliches, aber distanziertes Lächeln auf.

"Entschuldigung, ich bin gerade sehr in Eile."

Sie verließ das Gebäude und dann war sie wieder weg.

Schließlich ging auch meine Oma und ich konnte durch die Drehtür in den Aufzug, der mich zur 20. Etage bringen würde.

Dieses Mal hatte Hannah mich gerettet, aber ich wusste nicht, wie lange ich meiner Großmutter noch etwas vorspielen konnte.
Für ihr Alter war sie eine viel zu aufmerksame Frau und wenn ich noch lange bei ihr wohnen müsste, würde sie sicher alles herausfinden.

Nächstes Mal hatte ich bestimmt nicht so viel Glück wie heute.

Idol °beendet°Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt