[87]🤕°Verletzter°

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POV. Hannah

Ich hörte ein so vertrautes Geräusch und doch klang es falsch in meinen Ohren...wer benutzte um die Uhrzeit noch den Aufzug? Es war 11 Uhr abends und keiner außer ich sollte sich noch irgendwo hier aufhalten.

Der Aufzug war nicht wirklich laut, aber sobald es mucksmäuschen Still war, hörte man ihn fast überall im Gebäude. Deshalb ließ ich mich davon vorerst nicht abschrecken und kopierte weitere Daten auf den Stick.

Nach kurzer Zeit verstummte der Aufzug auch wieder und ich atmete erleichtert auf. Wahrscheinlich hatten die Putzfrauen Überstunden gemacht und waren nun mit dem Aufzug nach unten gefahren.

Allerdings spannte ich mich gleich wieder an und lauschte angestrengt, denn ich meinte, das hohe Pingen des Aufzugs gehört zu haben. Das wiederrum hörte man bloß, wenn der Aufzug auch wirklich in die selbe Etage kam.

Ich bewegte mich zuerst nicht, doch als ich mich aufrichtete und der Drehstuhl quietschte, zuckte ich leicht zusammen.

Vorsichtshalber sollte ich wirklich besser schauen, ob jemand hier war. Oh gott, hoffentlich nicht mein Vater, sonst war ich richtig aufgeflogen. 

Auf Zehenspitzen tapste ich in den Flur, wobei ich aus meinem Blickwinkel erkennen konnte, dass die Türen wirklich offen standen, aber das war es dann auch schon. Ob der Aufzug nun leer war oder nicht, vermochte ich nicht zu erkennen.

Den Lichtschalter rührte ich nicht an, schließlich hatte der Aufzug sein eigenes Licht, welches mir völlig ausreichte.

Wenn tatsächlich jemand dort war, sollte er nicht gleich wissen, dass er nicht allein war. Aber warum trat denn niemand aus dieser kleinen Kabine hervor? 

Je näher ich mich heranschlich, desto deutlicher hörte ich dieses Geräusch, welches sich wie ein schweres Atmen anhörte.

Ich hielt an, lauschte nur dem Geräusch und wusste, wenn ich jetzt weiterging, würde ich wissen, was es war. Aber wollte ich das wirklich? Nach meinen unkonkreten Berechnungen war die Wahrscheinlichkeit über 50%, dass es sich um einen Zombie handelte. Ja, ich meins ernst.

Dreimal tief durchatmend trat ich um die Ecke und verstand zuerst garnicht, was ich da sah. Alles war so rot - Blut. 

Vielleicht ging unten wirklich eine Zombieapokalypse vonstatten und dieser hier war einer der Überlebenden. 

Nur wenige Millisekunden später, so kurz, dass mein Gehirn es noch garnicht realisieren konnte, schrie ich auf und rannte auf die Person zu, welche nurnoch halblebig im Eck lag. Sie war voller Blut, aber ich erkannte sie und nahm mit zitternden Händen sein Gesicht in meine Hände.

"Jiho.", hauchte ich und überflog mit den Augen seinen Körper. Was war passiert?

"Oh gott, ich muss dich sofort ins Krankenhaus bringen!", rief ich geschockt und versuchte auf meinem Handy die Notrufnummer zu wählen, aber Jiho griff nach meiner Hand. Wobei greifen echt das falsche Wort dafür war, vielmehr berührte er sie nur leicht, denn mehr Kraft hatte er nicht.

"N-nein.", krächzte er hervor und hustete, wobei er Blut spuckte.

"Ach du scheiße!"

Mein Gehirn war so leergefegt, dass ich komplett intuitiv handelte. Ich rannte also zurück ins Büro und kam mit voller Sanitätsausrüstung zurück. 

Eilig wischte ich ihm das Blut einigermaßen ab, damit ich erkennen konnte, wo sich wirklich seine Wunden befanden. Ich versuchte, meinen eigenen Atem zu beruhigen, aber Jihos angestrengtes Luftholen machte es mir schwer, da ich ernsthafte Panik hatte, dass der nächste nun sein letzter Atemzug sein könnte.

Ich desinfizierte seine beiden Wunden am Arm und verband sie notdürftig, aber das Blut sickerte bereits nach wenigen Augenblicken durch die Kompresse und daraufhin durch den Verband hindurch.

Jiho setzte zum Reden an, aber es kam nichts weiter als ein unverständlicher Laut hervor und dann spuckte er schon wieder Blut.

"Warte hier." Dumme Anweisung - so als hätte er eine andere Wahl gehabt.

Schnell holte ich meine Trinkflasche und hielt sie ihm an die Lippen.
"Hier, spül damit den Mund aus."

Er nahm zwar ein wenig von dem Wasser und spuckte es dann gemeinsam mit dem Blut auf den Boden, aber dann schüttelte er den Kopf.

"Das...w-wird nichts b-bringen." Schweratmend lehnte er seinen Kopf gegen die Wand und schloss die Augen.

Aus Filmen hatte ich aber gelernt, dass eine fast verblutende Person niemals einschlafen durfte.

"Jiho, du schläfst jetzt nicht!", schrie ich entschlossen und schlug ihm energisch auf die Wange. Sofort riss er davon die Augen auf und schaute mich geschockt an, aber dann hoben sich seine Mundwinkel und er lächelte. Wie konnte er jetzt noch lächeln, verdammt?

Und tatsächlich, einen Augenblick später verzog er wieder den Mund und ich schaute ein weiteres Mal an ihm herab. Hatte er etwa noch mehr Wunden und sie waren mir noch nicht aufgefallen?

"Tut es noch irgendwo weh?" Es war zu seltsam, dass er wegen Wunden am Arm gleich Blut spuckte und tatsächlich, Jiho zeigte auf seinen Bauch und der Pullover war vollkommen in Blut getränkt.

Zuerst dachte ich, das Blut hatte sich eben von seinem Arm dorthin verschmiert, aber bei genauerem hinsehen, sah man einen rießengroßen, dunklen Fleck. Schwer schluckend griff ich nach den Enden des Stoffes und zog den Pullover ein Stück nach oben.

Eine sehr unschöne Wunde kam hervor, welche ich ebenfalls verbinden wollte, aber Jiho hielt mich auf.

"N-nein...du musst zuerst die Patrone...herausholen." Er war angeschossen worden?! Das hier waren alles Schusswunden?! Entgeistert starrte ich ihn an und schüttelte den Kopf. Das würde ich definitiv nicht machen.

"Ich werde jetzt einen Arzt rufen.", beschloss ich und gab wieder die Notrufnummer ein.

"Dann w-weiß dein Vater...wo ich bin." Und schon wieder steckte ich das Handy weg.

Ich plusterte nachdenklich die Backen auf und atmete dann alles wieder aus. "Gut, was muss ich machen."

Er erklärte mir, wie ich vorgehen sollte und ich hatte die Vermutung, dass Jiho sowas auch selbst schon gemacht hatte.

Ich steckte die vorher gut desinfizierte Zange in die offene Wunde und Jiho schrie laut auf. Aber er hatte mir vorher extra noch gesagt, dass ich trotzdem nicht aufhören durfte. Ich bekam die Patrone mit der Zange zum greifen und holte sie mit leichter Umdrehung heraus. Ach du scheiße, sowas wollte ich niemals wieder tun.

Schnell drückte ich eine Kompresse darauf und klebte ein rießiges Pflaster drüber.

"Vorerst musst du damit auskommen.", meinte ich entschuldigend und drückte auf den Knopf, der uns in die Tiefgarage bringen würde. "Du kommst jetzt erstmal mit zu mir."

...der Stick steckte währenddessen immernoch in Yejuns PC und blieb dort auch die ganze Nacht über.

Idol °beendet°Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt