[76]⛔°eine Bedingung°

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POV. Choi Jiho

Hannah versuchte sich aus meinem Griff zu winden, damit sie zu ihrem Bruder rennen konnte, aber ich hielt sie weiterhin fest. Ich wollte nicht, dass ihr etwas zustößte.

Mit ihr im Arm fing ich damit an, ruhig und langsam auf den verrrückt gewordenen Kwon einzureden. "Kwon, was machst du da oben?" Dumme Frage. Er stand auf der Mauer und musste nur einen einzigen Schritt rückwärts gehen, bevor die Tiefe ihn hinunterziehen würde.

"Komm da wieder runter, okay? Dann können wir reden.", versuchte ich es weiter, aber er schaute mich nur mit gehetztem Blick an und schüttelte den Kopf.

Langsam versuchte ich auf ihn zuzulaufen, aber sobald ich das tat, wich er zurück und hatte nun nurnoch einen Fuß und eine Fußspitze auf festem Boden. Dieser Moment brachte mich so sehr ins Stocken, dass Hannah sich aus meinem Griff befreien konnte und auf ihren Bruder zuhastete. Aber bevor sie ihm zu nahe kommen konnte, hielt Kwon sie auf.

"Wenn du noch einen Schritt näher kommst, springe ich!", schrie er sie an und er war kaum wieder zu erkennen. Diese Verrücktheit in seinen Augen konnte einem wirklich Albträme bereiten.

Hannah stoppte auf halbem Weg zu ihm und stand nun zwischen uns.

"Kwon, bitte.", ihre Stimme zitterte und auch wenn ich ihr Gesicht nicht sehen konnte, wusste ich, dass ihr bereits Tränen übers Gesicht liefen. Ich wollte zu ihr und ihr dabei helfen, ihren Bruder da irgendwie wieder herunter zu bekommen. Wenn es sein musste, auch mit Gewalt.

Wie konnte er es wagen, seiner Schwester so eine Todesangst einzujagen? Wenn ich ihn da runtergeholt habe, werde ich ihm erstmal ordentlich eine verpassen, damit er wieder zur Besinnung kommt.

Zielstrebig ging ich mit langen Schritten auf ihn zu, aber es war nicht zu übersehen, dass nicht ich...auch nicht Hannah, diejenigen waren, die hier die Fäden in der Hand hielten.

"Ich gebe euch eine Bedingung!", rief Kwon und ich blieb stehen.

"Ich komme runter, wenn Jiho alleine nach Malaysia geht und du ihn nie wieder siehst."

Ich hätte am liebsten gelacht und den Kopf geschlüttelt. Für seine Schwester stieg er also aufs Hochhausdach? Nur damit sie sich von mir trennte?

Kwon war wirklich verrückt geworden, aber jetzt war ich mir sicher, dass diese ganze Szene nur als Drohung diente und er nicht wirklich springen würde.

Doch auch wenn Hannahs Worte zu erwarten waren, taten sie mir trotzdem weh. 

"Kwon, ich bleibe in Korea, okay? Ich verlass dich niemals! Du weißt, du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben! Bitte komm endlich da runter!" Hannah machte einige Schritte auf ihn zu und streckte einen halben Meter vor ihm die zitternden Arme nach ihm aus.

"Wirklich?" Kwons Augen leuchteten zufrieden auf und sein Gesicht wirkte fast wieder normal und nicht so krankhaft. 

Hannah nickte mehrmals und überwand den letzten halben Meter zu ihrem Bruder, während ich nur nutzlos dastand. Aber während ich das Geschehen vor mir mitbeobachtete, ahnte ich bereits böses. Keiner von uns hätte schnell genug reagieren können. 

Während also Kwon auf der Mauer in die Arme seiner Schwester laufen wollte, rutschte sein hinteres Bein, welches sowieso schon halber im Abrund stand, über die Kante und zog sein Gewicht mit sich in die falsche Richtung. Sein Gesicht bedeckt von Angst, Verwirrung und Schock werde ich niemals vergessen können.

Hannahs Schrei erklang so laut, dass man sie wahrscheinlich noch 2 Häuserblöcke weiter hören konnte. Ihre Hände griffen nach denen ihres Bruders, aber bevor sie ihn zurückziehen konnte, rutschten seine Hände sofort wieder aus ihren und er fiel.

Ich reagierte schnell, packte Hannah und zog sie weg, bevor sie in die Tiefe sehen konnte und es für immer bereute. Sowas war kein schöner Anblick.

Doch anscheinend war ihr das vollkommen egal, denn sie schlug wild um sich und erwischte dabei mit ihren Nägeln meine Wange. Meine Haut sprang auf und langsam floss Blut von der Stelle zu meinem Kinn, aber der Schmerz war unwichtig. Alles was jetzt zählte, war Hannah zu beruhigen.

"Lass mich los!", schrie sie und bevor ihre Tränen auch nur die Chance bekamen zu trocken, flossen bereits neue nach. "Hau ab! Du bist an allem schuld!" Sie schlug mir mit geballten Händen auf die Brust und ich musste mir eingestehen, dass sie recht hatte.

Aber das ließ sich doch alles wieder richten, oder? Sie konnte mich dafür jetzt nicht hassen. Sie stand nur unter Schock, versuchte ich mir einzureden, aber mir war klar, dass absofort nichts mehr so sein könnte wie davor.

Hannah sackte kraftlos zu Boden und ich versuchte, ihren Aufschlag abzufangen. Ihre Schreie hatten aufgehört und sie fing an, stiller zu werden, aber meine Erleichterung hielt nicht sehr lange an, als sie mich schließlich mit vertränten Augen ansah und ganz langsam und unmissverständlich sprach. "Ich kann dich jetzt wirklich nicht sehen, verschwinde einfach."

Daraufhin schüttelte ich nicht den Kopf, so wie ich es hätte tun sollen,  stattedessen nickte ich und ließ sie los. Nur ganz bedächtig und langsam, aber ich tat es, auch wenn ich wusste, dass ich sie dann wahrscheinlich nie wieder sehen werde.

Ich ließ sie im Schockzustand zurück. Ganz allein, obwohl ihr Bruder gerade vom Dach gefallen war und ich hasste mich dafür.

Anstatt ihren Vater zu holen, rannte ich alle Treppenstufen bis ins Erdgeschoss hinunter, denn hätte ich ihren Vater geholt, würde dieser mir für meine Unfähigkeit, seinen Sohn zu retten, sofort eine Kugel durch den Kopf jagen. Das war klar.

Auf der Straße hörte man bereits Schreie und die Menschen, die hecktisch hin und her rannten, machten mir meine Flucht noch schwerer.

Ich dachte, nichts in der Welt könnte mir wichtiger als Hannah sein, aber wie sich herausstellte, war dem nicht so, denn am Ende rettete ich mal wieder nur meinen eigenen Arsch. 

Ich musste sofort meine Koffer packen und bis zu meinem Flug morgen früh irgendwo untertauchen, denn so wie ich meinen Boss kannte, würde er eine halbe Armee nach mir schicken.

Idol °beendet°Where stories live. Discover now