Keller der Vergangenheit

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Damon's PoV

Wer störte mich jetzt, wo ich endlich so nah daran war, das Geheimnis meines Großvaters zu lüften? Zwei mal klingelte es. Wütend rannte ich nach oben, riss die Türe auf und fragte auf italienisch möglichst unfreundlich, wer es wagte mich zu stören. Niemand antwortete und ein aufgeregtes Hundebellen war zu hören. Ich sah auf, als ich einen vertrauten Geruch wahrnahm. Das kann nicht sein, dachte ich. „Melissa? Was machst du hier?“ Sie sah mich entsetzt an. „Ich, ähm.“, stotterte sie. Ich riss sie impulsiv an mich. Mir war egal, wie schmutzig ich war, dass sie sich in Gefahr brachte! Ich musste sie einfach an mich reißen. Tief sog ich ihren Duft in mich auf. Mein Körper und mein Blut reagierten auf sie. Mein Herz raste. Ich knallte hinter uns die Türe zu und trug sie so schnell ich konnte in die Küche und platzierte sie auf der Küchenanrichte. Drängend küsste ich sie und zerdrückte sie fast. Ich ließ erst von ihr ab, als sie mir mit der Hand auf die Schulter schlug. Sie war völlig außer Atem. Ihr Herz schlug schnell und ihr Gesicht war rot. „Ich dachte, du wärst sauer?“ Das war keine Feststellung, sondern eine Frage. „Bin ich. Es ist absolut unvernünftig, dass du her gekommen bist. Aber ich habe dich so unglaublich vermisst und bin endlos glücklich, dass du hier bist, so dass deine Unvernunft, vollkommen in den Hintergrund rückt.“ Sie legte ihre Arme um meinen Hals. „Ich dachte, du hast einen neuen Job?“, fragte ich und schob sie von mir, damit ich ihr ins Gesicht sehen konnte. Sie nickte. „Aber erst ab nächstem Jahr. Ich kann also bleiben!“ Ich lächelte. Dann schüttelte ich bedrückt den Kopf. „Du solltest nicht lange hier bleiben.“ „Niemand, außer Stefan und mir, wissen vom Standort dieses Hauses. Niemand weiß den Mädchennamen eurer Mutter.“ Ich war beeindruckt davon, dass sie mir so gut zugehört hatte und nach diesem Haus recherchiert hatte. „Außerdem ist morgen dein Geburtstag und den sollst du nicht alleine verbringen!“ Sie schob trotzig das Kinn vor. Wieder schüttelte ich den Kopf. „Ich habe dich gar nicht verdient.“ „Oh, doch, das hast du. Wie siehst du überhaupt aus?“ Sie lachte. Ich klopfte den Staub aus meiner Kleidung und meinen Haaren. „War in einem besonderen Keller, in besonderer Mission. Und du, kleine Blondine, mit der wunderschönen Frisur, kannst mir helfen.“ Ich legte meinen Kopf an ihre Stirn. „Aber du solltest dich umziehen.“ Ihre Hand haltend, nahm ich ihre Tasche und führte sie in mein provisorisches Schlafzimmer. Sie öffnete ihre Tasche und zog ein paar andere Kleidungsstücke aus der Tasche. „Willst du raus gehen?“ Sie grinste mich an. „Besser ist es wohl.“ Ein kleiner Stich in meinem Herzen, erinnerte mich daran, dass ich weg wollte von allem, weil ich nie eine Familie mit ihr gründen konnte. Langsam schlich ich aus dem Zimmer. „Hey, was ist los?“ Zögerlich drehte ich mich zu ihr. „Nun ja,“ begann ich und rieb meinen Nacken. „Du bist die erste Frau, mit der ich mir eine Familie vorstellen könnte und wegen der Zwillinge wurde ich halt ziemlich deutlich daran erinnert, dass ich niemals Kinder haben werden. Deswegen wollte ich weg. Und wir beide wissen, wie man normalerweise Kinder zeugt.“ Sie lächelte mich traurig an, ließ ihr Shirt sinken und trat vor mich. „Ich könnte mir auch Kinder mit dir vorstellen. Aber mir wäre es eh noch zu früh und vielleicht gibt es einen Weg. Wir kennen doch Hexen.“ Ihre Lippen glitten kurz über meine. „Ich komme sofort nach unten.“ Vielleicht hatte sie Recht und Bonnie konnte einen Weg finden oder ich fand etwas im Keller, den wir gleich zu zweit betreten würden.

Melissa's PoV

Er war wahrhaftig traurig und zweifelte an seiner Vampirexistenz. Wenn ich daran dachte, dass er auch vorher solche Gedanken gehabt haben könnte, dann könnte er bereits tot sein. Ein Leben ohne ihn? Für mich nicht mehr denkbar. Aber wie wäre es gewesen, wenn ich ihn nie kennen gelernt hätte? Dann wäre ich wohl tot! Oh Damon. Wenn du es so sehr willst, dann werden wir einen Weg finden. Schnell zog ich mir eine ältere Jeans an und einen dünnen bereits löchrigen Pulli. Bevor ich den Weg nach unten an trat, sah ich mir sein provisorisches Zimmer an. Es war aus Mahagoni und passte, wie Faust auf's Auge zu Damon's königlicher Art. Neben seinem riesigen King-Size-Bett standen ein Bild von mir und seiner Mutter. Lächelnd ging ich nach unten. Damon saß auf einem Sofa vor einer Wand, die über und über mit Büchern versehen war. „Wow, das sind viele Bücher!“ Damon erhob sich, trank sein Glas aus und sagte: Und noch nicht mal alle!“ Er zog an einem Drachen, der am Sims des Kamins war. Unter Knarzen schob sich ein Regal nach vorne und gab den Blick frei auf eine dunkle Öffnung. Ich schluckte. „Da müssen wir runter?“ „Du musst nicht, wenn du nicht willst! Du kannst.“ Er zuckte die Achseln und nahm eine Öllampe vom Kaminsims. Eine zweite holte er aus der Dunkelheit und entzündete diese. „Bitte!“ Vorsichtig streckte ich die Hand nach der Lampe aus und folgte ihm die enge gewundene Treppe hinunter. Jeder meiner Schritte hallte laut von den Wänden wider. Ratten quietschten. Irgendwo tropfte Wasser. Und es war eisig kalt. Der erste Raum, war mit hohen gewölbten Decken ausgestattet. Bänke standen am Rand, Regal, um Regal an den Wänden, zum Teil gefüllt mit Konserven oder Lampen. „Was ist das?“ „Ein geheimer Bunker.“ Wir durchquerten diesen Raum und mussten gebückt durch einen Bogen gehen. Hier standen Betten, Hochbetten um genau zu sein. Ein Stromaggregat war ebenfalls zu erkennen und Kerzen, sowie ein Schreibtisch mit Zeichenbrett. Über dem Schreibtisch hingen Zeichnungen und Zeitungsartikel. Ich wollte näher heran gehen, doch Damon hielt mich zurück. „Nicht,“ sagte er Kopf schüttelnd. Er zog mich weiter. Der nächste Raum war eine Bibliothek. Es roch nach vermodertem Papier. Ich sah mich um, während ich mit den Arm vor die Nase hielt. Der Raum war gute vier Meter hoch und bis zur Decke hin, standen Regale, die mit Büchern vollgestopft waren. „Ich suche nach Zauber-Büchern. Grimoires. Etwas, was uns bei unseren Problemen helfen kann.“ „Dein Großvater! Wusste er was du bist?“ Damon zuckte die Achseln. „Sieh es dir selbst an!“ Er wies mit der Hand in den Raum davor. „Ich fange schon mal an zu suchen.“ Geschäftig kletterte er die alte, klapprige Leiter hinauf, bis er von meinem Standpunkt aus, nur noch winzig klein war. Ich schluckte und hob die Lampe höher. An dem Schreibtisch und Zeichenbrett blieb ich stehen. Die Lampe warf nur einen kurzen Schein, weshalb ich sie so nah wie möglich an die vergilbten Zeitungsausschnitte halten musste. Die Todesanzeige von Damon und Stefan! „Die geliebten Söhne des Guiseppe Salvatore sind auf Grund eines tragischen Unfalles, von dieser Welt geschieden. Mystic Falls trauert.“ Zwei Tage darauf die Todesanzeige von Guiseppe Salvatore. „Wir verlieren einen großen Stadtmitbegründer. Der Stadtrat betrauert ein aktives Mitglied, sowie einen von Trauer und Schmerz geplagten Vater und Ehemann. Ein mysteriöser Tierangriff war sein Todesurteil. Die Beisetzung findet statt am...“ Daneben hing ein Foto einer Beerdigung. Ein roter Kreis um ein Gesicht, zeigte einen Mann, der sich im Hintergrund aufhielt. Er trug einen Zylinder. Ich schob mein Gesicht näher an das Bild, sowie die Lampe. Mir blieb die Luft weg. Es war eindeutig Stefan auf dem Bild. Mit anderer Frisur und deutlich traurig, aber er war es. Das nächste waren wirre Kritzeleien. Herausgerissene Buchseiten, über Werwölfe und Vampire. Bilder von toten Menschen, mit heraus gerissener Kehle und zu guter Letzt ein Zeitungsartikel aus New York. „Junger, reicher Burgherr verliert Familie. Durch einen Tierangriff verlor ein Burgherr sein grade angeheiratetes Weib und deren Eltern. Die Burg brannte bis auf die Grundmauern nieder. Wie bewältigt er diese unbändige Trauer?“ Meine Kehle war wie zugeschnürt. Auf dem Bild, der zu dem Zeitungsartikel gehörte stand Damon, neben dem herunter gebrannten Schloss. Sein Haare waren länger und seine Augen starrten kalt, ins Leere. Mit zitternden Händen schob ich die staubigen Papiere auf dem Tisch hin und her.

Damon's PoV

Ihr Herz schlug schneller und sie hatte einmal laut nach Luft geschnappt. Sie hatte den Artikel gefunden und natürlich hatte sie eins und eins zusammen gezählt. Doch sie hatte Unrecht, wie mein Großvater wahrscheinlich auch. Ich war es nicht gewesen, der diese Familie getötet hatte, sondern Stefan. Herrgott, ja es war mein Plan gewesen. Ich wollte mir ihr Geld übertragen lassen und sie dann eine Zeit als Blutsklaven behalten, bevor ich sie endgültig tötete. Himmel, ich wusste nicht mal mehr, wie die Familie hieß. Ich hörte sie auf dem Schreibtisch herum wühlen. Dann quietschte ein Stuhl. Mit einem Stapel Bücher trat ich die Reise die klapprige Leiter hinab an. Besorgt warf ich einen Blick in den Vorraum der Bibliothek, doch Melissa schien vertieft in eines der Dokumente, welches mein Großvater hatte liegen lassen. Ich schlug das erste, alt aussehende Grimoire auf. Es war handschriftlich und äußerst schlecht zu lesen. Geschrieben schien es von einem Hexer aus 1820. Ein, zwei Dinge schienen interessant, aber entpuppten sich doch als Reinfall. Die nächsten zwei Bücher waren Kochbücher für Kräuterheilkunde. Melissa kam blass und stumm zurück in den Raum und begann sich im ersten Regal die unterste Reihe vorzunehmen. Wahllos zog sie ein Buch heraus, pustete den Staub vom Einband und fuhr mit ihrem schmalen, langen Finger darüber. Ich klappte das Buch zu, welches sich auch als Fehlgriff hinaus stellte und ging auf sie zu. Ich zog sie auf die Beine und sie ließ sich widerwillig hoch ziehen. „Ich war das nicht. Wirklich.“, sagte ich mit Nachdruck zu ihr. „Das glaube ich und ich weiß ja, dass du schlimme Sachen getan hast. Aber da ist noch was! Hast du auf dem Schreibtisch deines Opa's alles durchgeschaut?“ Ich schüttelte den Kopf und sah sie an. „Komm!“ Sie zog mich an der Hand mit in den Vorderraum. „Das scheint ein Eintrag aus einem Tagebuch zu sein.“ Sie hielt mir ein vergilbtes Pergament hin. Misstrauisch nahm ich es und begann zu lesen. „18. September 1894. Es geht zu Ende mit mir. Ich bin meinen Enkeln kein bisschen auf die Fährte gekommen. Immer mal wieder gab es Fotos oder kleine Texte, die auf ihre Anwesenheit schließen ließen, aber ich konnte sie bisher nie erreichen. Ich will, dass sie dieses Haus bekommen. Selbst wenn sie wirklich das sind, was ich glaube. Sie sind trotzdem meine Enkel. All diese schlimmen Taten beinhalten bestimmt eine Erklärung. Gestern musste ich meine Jagd abbrechen. Der Husten wird schlimmer. Bald ist meine Lunge nur noch eine zuckende Masse. Meine Tochter war so ein Engel, sie konnte nur Engel zur Welt bringen. Guiseppe war von Hass zerfressen. Hat seine eigenen Söhne umgebracht. Was würde ich dafür tun, sie noch einmal zu sehen! Leider sind meine Kräfte aufgebraucht. Ich werde sie wohl niemals wieder sehen und auch nie wissen, ob sie dem Bösen verfallen sind oder nicht.“ Tropfen waren auf dem Pergament getrocknet. Tränen! „Ich war auf seiner Beerdigung. Ich habe ihn geliebt. Mehr, als ich meinen Vater je geliebt habe. Jetzt bereue ich es, dass ich ihn nie aufgesucht habe. Ich wollte ihn nicht verängstigen.“ Melissa drückte meinen Arm und ich ließ meinen Kopf an ihre Schulter sinken. „Ich bin ein Monster, ohne nennenswerte Vergangenheit.“ „Schhhhh. Dafür ist die Gegenwart schön und die Zukunft wird noch besser.“ Ein Weile genoss ich einfach nur ihre Wärme und ihre schlichten Bewegungen. Dann schob ich sie von mir. „Ich liebe dich!“ „Ich dich auch, du Dummkopf. Aber lass uns weiter suchen. Ich will die anderen Tagebücher sehen. Und den Schreibtisch weiter durchsuchen.“ Sie machte sich wieder an die unterste Buchreihe im ersten Regal. Ich stieg die Leiter wieder hinauf, da ich mit den Büchern, die ich unten hatte, fertig war. Nach einer guten Stunde rief Melissa: „Damon, komm mal her. Hier ist etwas, das bekomme ich nicht raus. Es ist zu schwer.“ Ich eilte die Leiter hinunter und kniete neben Melissa nieder. Ihre Arme waren staubig und teils zerkratzt. Ihr Blick war auf etwas in dem Regal gerichtet, nur das alle Bücher aus diesem Fach vor ihren Füßen aufgetürmt waren. „Es scheint eine antike Truhe zu sein.“ „Nicht viel antiker, als ich es bin.“ Sie sah mich prüfend an. Dann beugte ich mich vor und zog mit einem Ruck an der wirklich schweren Kiste.

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