Eindrang in die Gedanken

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Damon's PoV

Sie war müde und vollkommen am Ende. Woran das lag wusste ich nicht. Sie wollte stark wirken, das hatte ich verstanden. Ihre Augen fielen zu, als wir gerade auf die Interstate auf fuhren. Auch Blue hatte sich in seinem Korb zusammen gerollt. Ich konnte nicht einschätzen, ob ihre Müdigkeit an dem Wetter und dem turbulenten Flug lag, aber es ging ihr auf keinen Fall gut. Vielleicht und das hoffte ich nicht, lag es auch daran, dass wir Mystic Falls und somit Qetsiya oder Bonnie, wie auch immer, näher kamen. Sie schlief tief und ruhig, also keine Albträume. Ich hatte die Szene vor dem Schalter des Zolls von weitem beobachtet. Sie hatte meiner Ansicht nach eine Vision gehabt. Von wem konnte ich nur raten. Leise lief der neuste Track von Pink im Radio. Ein langsamer Song, der zum Nachdenken anregte. Er würde Melissa sicherlich gefallen, doch es war besser, wenn sie schlief. Sie sah aus, wie der Tod persönlich. Ein kleiner Hoffnungsschimmer in meinem Herzen, hoffte und hatte zeitgleich Angst, dass sie schwanger sein könnte. Das wäre der denkbar schlechteste Zeitpunkt, würde aber zu 100 % zu unserer Beziehung passen. Der Regen prasselte laut auf das Cabrio-Verdeck meines geliebten Camaro. Die Sicht lag weit unter 50m, doch ich reduzierte meine Geschwindigkeit nicht. Da wo, das Sehvermögen eines Menschen versagte, begann meine Unendlichkeit. Ein greller Blitz erhellte den von Wolken verhangenen Himmel und brachte wortwörtlich Licht ins Dunkel. Ein ohrenbetäubender Donner grollte und riss Melissa aus ihrem Schlaf. Sie schnappte nach Luft und sah sich verwirrt um. Ich legte meine Hand auf ihr Knie und drückte es behutsam. Sie rieb sich die Augen. „War ich eingeschlafen?“ Ich nickte. „Leg dich ruhig wieder schlafen. Du bekommst eh nur Panik wegen meines Fahrstils.“ Sie nickte und drehte mir den Rücken auf dem Sitz zu. Sofort, als sie die Augen schloss, beruhigte sich ihre Atmung wieder, was mich darauf schließen ließ, dass sie wieder eingeschlafen war. Mein Handy vibrierte und ich fischte es aus der Hosentasche. „Bruder! Wie geht es dir?“, flüsterte ich. „Damon, warum flüsterst du?“ „Melissa schläft. Sie ist vollkommen fertig. Sind auf der Interstate.“ „Das ist gut. Wollt ihr erst zur Villa fahren oder direkt zu Jeremie?“ Ich runzelte die Stirn. „Wie dringend ist es bei Jeremie?“ Stefan seufzte. „Ziemlich.“ „Alles klar. Melissa würde wollen, dass wir zuerst bei ihm vorbei sehen.“ „Gut, dann bis gleich. Fahr vorsichtig.“ Ich schnaubte und legte dann auf. Vorsichtig fahren und ich, wir vertrugen uns nicht sonderlich gut.

Nach einer Stunde Fahrt, passierten wir das Ortseingangsschild von Mystic Falls. Auch hier wütete das Gewitter noch. Kein Mensch und kein anderes Wesen war auf der Straße zu sehen. „Prinzessin?“, fragte ich zaghaft und strich über ihren Arm. Sie öffnete blinzelnd die Augen. „Sind wir da?“, nuschelte sie. „Ja, fast bei Jeremie. Willst du da zuerst hin oder dich zuerst frisch machen?“ Sie sah mich schmunzelnd an. Es beruhigte mich ungemein zu sehen, dass sie noch Lächeln konnte. „So schlimm?“, fragte sie. „Du siehst immer traumhaft aus, aber nun sieht man dir den Flug und den Schlaf im Auto schon an.“ „Nun ja, die Baby's wird es sicherlich nicht sonderlich interessieren.“ Ich lächelte. Sie klappten den Spiegle herunter und zupfte an ihren Haaren, wischte an ihren Augen herum und kniff sich in die Wangen, wie die Mädchen es aus meiner Zeit taten, um den Anschein einer rosigen Gesundheit zu erwecken. „So wird es erst einmal gehen.“ Ich parkte mein Auto in der Auffahrt der Gilbert's, hinter Elena's Mini Cooper. Wir stiegen aus und ließen Blue im Auto zurück. „Wir können aber nicht sehr lange bleiben. Sonst bekommt Blue noch einen Nervenzusammenbruch.“ „Mir ist es nur recht.“ Mir war nicht wohl dabei, den beiden Baby's zu begegnen. Beim letzten Mal hatte ich einen Zusammenbruch erlitten, als ich nur davon hörte, dass es Zwillinge waren. Ich atmete tief ein und aus, während Melissa klopfte. Sie schien neugierig und aufgeregt zu sein. Stefan öffnete die Türe. Sofort hörte ich das Heulen der beiden Mädchen. Stefan's Hemdärmel waren hochgekrempelt, über der Schulter, trug er ein weißes Tuch. „Super, dass ihr da seid, grade ist hier großes Theater.“ Er schob uns ins Wohnzimmer, wo Jeremie mit einem kleinen, rosa Bündel auf dem Arm umher lief. Elena stand in der Küche und starrte auf die Mikrowelle, als würde sie so schneller laufen. Auf einer Decke, auf dem Boden, lag das zweite kleine Wesen. Der Kopf des Babys war hochrot und es schrie aus vollem Halse. Melissa setzte ihre Tasche ab und nahm das Kind auf den Arm. „Herrje, du Arme. Hast du so einen großen Hunger?“ Schlagartig, hörte das Baby auf zu weinen, so dass nur noch das Baby auf Jeremie's Arm schrie. Jeremie war bleich und sah aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. „Gib her! Und ruh dich mal aus.“, herrschte ich ihn an und nahm ihm das kreischende Baby ab. Perplex hielt es inne und starrte mich mit großen, braunen Augen an. „Wen hab ich hier?“, fragte Melissa und strich über die rundliche Wange des Babys. Jeremie sah sie an. „Das ist Miranda und Damon hat Emily.“ „Oh, dann hoffen wir mal, dass sie nichts von ihrer Vorfahrin hat.“ Jeremie lächelte und schloss die Augen. Seine Atmung wurde sofort gleichmäßig und er schlief. „Das ging ja flott.“, erwiderte Stefan. „Okay, hier kommt die Milch.“ Elena kam mit zwei Fläschchen zu uns. „Nee,“ wehrte ich ab. „Das kann ich nicht.“ „Keine Widerrede.“, sagte Elena streng und schüttelte den Kopf. Stefan legte mir das weiße Tuch über die Schulter und schob mich zum Sessel. Melissa nahm mit Miranda platz auf einem Schaukelstuhl, der neu zu sein schien. Ihre Wangen leuchteten und sie beobachtete, wie das Baby, tiefe Schlücke aus der Flasche nahm. Nervös schob ich dem Baby das Fläschchen hin. Emily griff mit ihren kleinen Händen danach, konnte sie aber noch nicht halten und begann schmatzend zu trinken. Die Flasche leerte sich zusehends und die Augen und Atmungen der Zwillinge wurden flacher und gleichmäßiger. Melissa tauschte bereits die Flasche gegen einen Schnuller und legte Miranda in eine Wiege, auf der ein rotes „M“ prangte. Elena hatte ihren Bruder zugedeckt. Er schnarchte leise. Ich tat es Melissa gleich, als ich spürte, dass Emily nichts mehr trinken würde und legte sie in ihre Wiege. „Das hat noch nie so klasse funktioniert. Ihr scheint einen tollen Einfluss zu haben!“ „Ja, oder sie zeigen sich heute von ihrer besten Seite,“ kommentierte Stefan Elena's Aussage. Melissa's Lächeln versagte. Sie drehte sich weg von uns und den Babys. Nach kurzer Zeit fragte sie: „Gibt es etwas neues über Bonnie?“ Stefan war es, der nun antwortete. „Klaus hat sie gesehen. Tief im Wald, mit zerrissener Kleidung, ohne Schuhe. Sie verteilte Kräuter über dem Waldboden. Doch als Klaus sie ansprach, war ihr Blick leer und ihre Gestalt verschwand.“ „Damon hat uns von ihren Begegnungen mit dir berichtet. Sie war sicher nicht sie selbst, zumindest nicht vollständig.“ Als es klopfte fuhren wir alle herum. „Gut, dass ihr wieder hier seid!“, rief Caroline, als sie sich an meinen Hals warf, nachdem ich die Türe geöffnet hatte. Sie umarmte auch Melissa stürmisch, auf deren Gesicht sich wieder das gewohnte, aufrichtige Lächeln zeigte. „Sie war an meiner Haustüre.“ Wir alle erstarrten. „Was meinst du?“, fragte ich bedrohlich.

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