Macht der Eifersucht

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Melissa's PoV

Das hier, nahm ihn wirklich alles mit. Auch wenn er versuchte es zu verbergen, wusste ich, dass er tieftraurig war. Und ich fand es hier einfach nur schaurig. Mir war als würde jeder unserer Schritte ständig beobachtet werden. Großvater Emanuele war immer anwesend, das Gefühl hatte ich. Und seit ich diese Kiste berührt hatte, liefen mir ständig kalte Schauer über den Rücken. Damon zog mit einem kräftigen Ruck an der Kiste. Staubig stand sie nun vor uns. „Verschlossen!“, sagte ich und deutete auf ein großes Vorhängeschloss. Damon sah mich an, fast belustigt. Eine Augenbraue hochgezogen meinte er: „Du vergisst immer wieder, dass ich ein Vampir bin oder? Mich interessieren keine Schlösser.“ Er packte das Schloss und drückte zu. Es krachte und dann bröselte es aus seinen Händen. Keiner von uns versuchte die Kiste zu öffnen. „Hast du auch so ein komisches Gefühl?“, fragte ich flüsternd. Er runzelte die Stirn. Dann nickte er, holte tief Luft und öffnete den Deckel. „Eine Urne?“, fragte ich krächzend. Damon griff an der Urne vorbei nach drei Bildern und einem Zettel. Er faltete ihn auseinander und begann leise vor zu lesen. „Damon, Maria hat diese Kiste fertig gemacht. Ich weiß, es mag verrückt sein, doch ich glaube nicht daran, dass du und dein Bruder tot seid. Ich habe mich verbrennen lassen, mit allerhand magischer Kräuter, die mir einen Wiedereintritt oder eine Wiedergeburt erleichtern. Du merkst, vieles, was ich dir als Knirps erzählt hab und du für eine spannende Gute-Nacht-Geschichte gehalten hast, war und ist wahr. Ich will euch um jeden Preis wieder sehen und mit eigenen Augen feststellen, dass ihr keine Monster seid. Nicht die Monster, die euer Vater sah. Ich habe größtes Vertrauen in dich und das du mich finden wirst. Egal wie lange es dauert. Mein Sohn!“ „Emanuele Francesco Falcone. Liebte Tochter und Enkel. Seid ihr das als Kinder?“, fragte ich traurig. Damon atmete schnell. Er antwortete nicht. „Sollen wir hoch gehen? Oder raus?“ Langsam schüttelte er den Kopf. „Mein Opa war ein Hexer. Er hat an alles geglaubt und ich? Ich hatte Angst vor seiner Reaktion.“ Damon schlug sich die flache Hand vor die Stirn. „Kannst du mich alleine lassen?“ Verdutzt und auch verletzt sah ich ihn an und nickte dann. Mühsam rappelte ich mich hoch. Nahm einige Bücher aus dem Regal darüber und hielt nochmal inne, bevor ich in den Vorraum ging und alle Dokumente vom Schreibtisch mitnahm. Behände ging ich nach oben, da ich keine Hand mehr für die Öllampe frei gehabt hatte, stolperte ich mehr, als das ich ging. Ich blinzelte gegen das Licht des Kamins an. Draußen war es bis auf die weiße Schneedecke dunkel. Gol sah auf, als ich aus der Regaltüre hinaus trat. Ich stapelte die Bücher auf dem Boden, vor dem Sofa und sah mich nach weiteren Lichtquellen um. An der Decke hing ein klimpernder Kronleuchter und der passende Drehschalter dazu war als bald gefunden. Bevor ich zu lesen begann, ging ich auf die große Terrasse, Goliath folgte mir. Ich atmete mehrmals tief durch. Mein Atem formte weiße Wölkchen. Trotzdem war es merklich wärmer, als in Deutschland. Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, hier her zu kommen. Damon stand unter Druck und die Sachen seines Großvaters belasteten ihn sehr. Hier musste es einst sehr schön gewesen sein. Langsam stieg ich von der Terrasse den kleinen Berg hinunter, der zu weiteren Gebäuden führte. Die Türen waren allesamt verschlossen, aber das sollte kein Problem für mich darstellen. Ich zog eine kleine Klammer aus meiner Tasche, die ich während des Fluges im Haar hatte, um eine lästige Strähne aus meinem Gesicht zu halten. Goliath schnüffelte nervös, um mich herum. Leise und schnell stocherte ich in dem Vorhängeschloss herum. Dann klickte es und sprang auf. Knarzend öffnete ich die Türe. Ein beißender Geruch schlug mir entgegen. Blut! Es war doch Blut. Ich sah von rechts nach links, dann wieder zurück. Überall hingen tote, halb verweste Tiere. Jemand war hier gewesen, nach Großvaters Tod. Mein Kreislauf sackte zusammen und ich kippte um.

Damon's PoV

Es war schon fast zu still im Haus. Wie lange ich hier gesessen hatte wusste ich nicht. Langsam schloss ich die Truhe und trug sie hinauf. Das grelle Licht des Kronleuchters stach in meinen Augen. Blinzelnd sah ich mich um. Wo war bloß Melissa? Die kleine Uhr auf dem Kaminsims zeigte, dass es kurz nach Mitternacht war. Ich stellte die Truhe neben dem Sofa ab. Das Sofa war kalt und im Kamin war mindestens seit einer Stunde kein Holz mehr nachgelegt worden. Ich schloss die Augen und lauschte. Oben war sie nicht. Nicht in der Küche, verdammt! Hatte ich sie verjagt? Mein Blick fiel auf die, einen Spalt breit geöffnete Türe, zur Terrasse. Goliath's und ihre Spuren fanden sich im Schnee wieder. Die Kälte interessierte mich nicht. Schnell folgte ich den Spuren, als mir der Geruch von Blut in die Nase stieg. Panik stieg in mir auf. Bei den ehemaligen Stallungen wurde der Geruch stärker. Ich hörte Goliath aus einem Gebäude heraus kläffen. Schnell riss ich die Türe auf und der beißende Geruch der Verwesung verätzte meine Nase. Blind blinzelte ich durch die Tränen hindurch und sah sie auf dem Boden liegen, von altem Tierblut benetzt. Wobei, so alt konnte das Blut noch gar nicht sein. Goliath stürmte zur Türe hinaus und rieb seine Nase durch den Schnee. Ich hob Melissa auf meine Arme und schmiss die Türe wieder zu. Sie war eiskalt! Völlig unterkühlt und ihre Atmung war bereits nur noch ein Flüstern. So zügig es ging, brachte ich sie nach drinnen. Goliath winselte leise und stupste immer wieder ihre Hand an. „Ja, doch!“, sagte ich. Ich wickelte sie in eine alte Decke und trug sie in mein Badezimmer. Kochend heißes Wasser ließ ich in die Badewanne ein und ließ noch kaltes dazu laufen, damit es halbwegs erträglich wurde. Ohne Erotik, zog ich ihre Kleidung aus und mich ebenfalls. Mit ihr in meinen Armen stieg ich vorsichtig in die warme Badewanne. Ich legte sie so, dass ihr Kopf auf meiner Brust zu liegen kam. Vorsichtig wusch ich mit einem Schwamm, über ihre kalten Arme. Sie hatte wieder abgenommen! Unsere räumliche Trennung tat nicht nur mir nicht gut. Sondern auch ihr. Grade als sie nach meiner Auferstehung wieder etwas Gewicht zu gelegt hatte, mussten wir uns wieder trennen und sie nahm wieder ab, was ihr Körper nicht entbehren konnte. Du Idiot, schalt ich mich! Sie kam mit dem Flieger hier her, die letzte Mahlzeit war wahrscheinlich über zehn Stunden her. Sie ist ein Mensch! „Ich kümmere mich besser um dich, versprochen.“ Ich küsste sie aufs Haar und lauschte darauf, dass ihre Atmung wieder kräftiger wurde und ihre Haut Farbe annahm. Irgendwann schlug sie träge blinzelnd die Augen auf. „Damon?“, nuschelte sie. „Ja, Principessa?“ „Hast du mich mal wieder gerettet?“ Ich lachte und das Wasser schwappte um uns herum. Jetzt erst schien sie zu bemerken, dass wir in einer Badewanne lagen. Sie kuschelte sich etwas an mich, bis das Wasser kalt wurde. Während ich sie abtrocknete fragte sie: „Was ist das da draußen?“ „Es waren mal Stallungen. Für eine der besten Lipizzaner-Zuchten Italiens. Aber was nun darin passiert, weiß ich auch noch nicht. Goliath ist draußen und will sich mal umsehen.“ An ihren herausstehenden Beckenknochen blieb ich hängen. „Melissa!“ „Nein, Damon. Ich will nichts hören.“ Sie entriss mir das Handtuch und stapfte aus dem Bad. Bedrückt, blieb ich alleine zurück. Leise kam ich in mein Schlafzimmer. Sie trug eine lange braune Hose und einen Kapuzenpullover, der ihr deutlich zu groß war. Ihre Haare standen wirr vom Kopf ab und sie begann diese mit einer Sprühflasche zu bearbeiten. „Wir gehen daran kaputt, oder?“, fragte ich sie. Sie hielt in ihrer Bewegung inne und sah mich vom Spiegel aus an. Dann sah sie auf den Boden. „Ich denke schon.“ Seufzend ließ ich mich mit dem Rücken zu ihr auf das Bett sinken. Ihre Arme schlossen sich um meinen Oberkörper. „Ich vergesse zu essen, Damon. Das ist alles. Okay? Mehr nicht. Ich sehe selber, dass ich immer dünner werde. Ich habe gestern das erste mal im neuen Haus gekocht und das nur weil Marc da war.“ „Ich denke dein Bruder isst nicht?“ Sie stockte. Und dann kochte plötzlich Eifersucht in mir hoch.

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