Schreckliche Träume

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Melissa's PoV

Als ich in der Vision meine Augen öffnete, begrüßte mich eine mir unbekannte Stimme. „Bist du die, die meinen Enkel von seiner Brutalität geheilt hat?“ Ich zählte eins und eins zusammen, bevor ich meine Gegenfrage stellte: „Emanuele?“ „Ja!“ „Ich bin Melissa, Damon's Freundin. Ob ich ihn gänzlich von seiner Brutalität befreit habe, lasse ich mal dahingestellt.“ „Kannst du versuchen ihn her zu holen, in diese Trance, damit ich mit ihm reden kann? Du scheinst mir ein gutes Medium zu sein.“ „Ich versuche mein Bestes.“ Also dachte ich an Damon und versuchte ihn mir ganz nah hier, bei mir vorzustellen. Hätte ich mehr Blut von ihm in mir, dachte ich, dann wäre es sicher einfacher gewesen. Zwei mal klappte es nicht. Doch beim dritten Mal konnte ich spüren, wie sein Geist sich zu meinem gesellte. Er konnte sich selbst nicht bewegen, weil er sich zu sehr wehrte, doch seine Gestalt, wurde von meiner angezogen. Nachdem ich ihm sagte, dass er sich darauf ein lassen musste, schloss er die Augen und konzentrierte sich. Als er meine Hand drückte, wusste ich, dass es geklappt hatte. „Opa? Wie ist das möglich?“ „Liebe, mein Junge, Liebe! Ich habe dich vermisst.“ „Es tut mir Leid, ich wollte dich aufsuchen, kurz nach meiner Wandlung, aber ich hatte Angst, dass ich dich verschrecke.“ Er lachte tief und kehlig. „Mich erschreckt so schnell nichts, mein Junge. Dass deine Mutter Guiseppe geheiratet hat, das hat mich verschreckt! Sie war so ein Engel und sie hat sich auf den Teufel eingelassen. Aber ihr beiden wart so rein und gut. Als ich von den Umständen eures Todes erfuhr, hatte ich bereits meine Schrotflinte geladen und einen Flug gebucht. Doch dann ereilte mich die Nachricht, dass auch Guiseppe tot sei. Ich wurde stutzig und ließ seine Akte, von einem guten Freund bei der Polizei, anfordern. Die Bilder ließen mich stutzen. Ein Tierangriff? Ein sauberes Loch in seiner Magengegend? Im verflossenen Blut ein Fußabdruck? Menschlich? Ja klar, denn welches Tier trug Schuhe. Ich recherchierte weiter, weil ich mir sicher war, dass es auch andere mörderische Wesen gab. Das war etwas, was ich mit deinem Vater gemeinsam hatte. Der Glaube an die Existenz von Vampiren. Deswegen wusste ich, dass einer von euch, ihn getötet haben musste. Stefan's Weg war einfach zu verfolgen. Aber zu gefährlich, um ihm zu folgen. Er hätte mich in seiner Blutgier einfach getötet. Aber du, du warst kontrolliert. Grausam, aber kontrolliert. Du warst um einiges vorsichtiger, bis ich deine Spur in New York auf nahm. Gabst dich als reicher Herr aus, umwarbst die Frauen mit Charme und Aussehen. Deine Partys waren legendär. Die meisten konnten sich kaum noch erinnern, natürlich nicht wegen des übermäßigen Alkoholgenusses. Du brachtest den ein oder anderen um. Aber nicht so viele wie Stefan und meist unabsichtlich. Stefan's Spur verlor sich irgendwann ebenfalls. Deine verschwand aus New York, kurz nach dem Feuer und ward dann verborgen. Ich konnte dir damals nicht mehr folgen. Es wäre zu gefährlich gewesen. Aber ich habe immer geahnt, dass ihr noch lebt.“ „Ich habe auf der Durchreise ein Gespräch mitbekommen. Auf dem Markt in Venedig. Es war der Händler der uns damals die Katzen verkaufen wollte. Er erzählte einem anderen Reisenden, dass er heute auf eine Beerdigung müsse, von einem großartigen Mann. Er erzählte von der besten Lipizzaner Zucht, die nun enden würde, weil es keinen Erben gab. Großvater, ich habe mit dem Gedanken gespielt, die Zucht zu übernehmen, doch ich wäre aufgeflogen. Nie wäre ich gealtert und woher sollte dieser Erbe plötzlich kommen. Bei deiner Beerdigung hielt ich mich im Hintergrund, lauschte Maria's Worten der Trauer.“ Damon hielt inne. „Ich habe dich vermisst, Großvater. Glaub mir ich wäre damals lieber gestorben, statt so zu werden. Stefan zwang mich damals, Menschenblut zu trinken. Ich wollte sterben, auch wenn es aus dem falschen Grund gewesen sein mag.“ „Mein Junge,“ sagte Emanuele und breitete die Arme aus. „Du kannst mich wieder haben. Ein Familienmitglied, das euch wieder auf die Beine holt und euch bei steht.“ „Aber wie?“ „Ich habe viel Magie mit in den Tod genommen und einige Hilfsmittel warten in meinem Keller, den du, wie ich ja hier ran sehe, gefunden hast. Ihr findet einen Weg.“ Das Bild seines Großvater's verschwamm. „Habe keine Zeit mehr. Wenn ihr es schafft, holt mich zurück.“ Ich spürte ein Reißen und wusste, dass der Kontakt abgebrochen war. Verschwitzt und gleichzeitig vor Kälte zitternd kam ich wieder zu Bewusstsein. Goliath saß winselnd vor mir. „Alles gut, mein Junge. War nur ein kurzer Ausflug.“ Ich hielt mein Handy fest in der Hand, in der Hoffnung, dass Damon mich jetzt anrufen würde, doch ich wartete über eine halbe Stunde, vergebens.

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