S E C H Z E H N

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C e l o s

18:15 Uhr

Seit dem Vorfall gestern bin ich nicht mehr aus diesem Zimmer gegangen. Ab und zu kommt Clara herein um Staub zu wischen oder nach mir zu sehen. Sie versucht oft ins Gesprächt mit mir zu kommen, aber ich ignoriere sie. Alles was ich will, ist nach Hause zu Ria zu gehen. Aber das ist ohne Vascos Erlaubnis unmöglich. Manchmal höre ich Schritte an der Tür. Ich vermute dass es entweder Bedienstete oder Isabella und Valeria sind. Keine von ihnen kommt ins Zimmer, was ich auch gut finde. Wengistens habe ich vor denen meine Ruhe. Mittlerweile habe ich auch bemerkt, dass meine Taschenuhr nirgends aufzufinden ist. Sie ist wohl verloren gegangen. Clara weiß auch nicht wo es ist. Nicht mal ein Andenken an meine Eltern ist mir geblieben.

Ich stehe vom Bett auf und gehe ins Bad um mir das Gesicht zu waschen. Im Spiegel erkenne ich, wie meine Wange langsam heilt und der große Fleck verblasst. Auch meine Schürfwunden an den Knien und Armen gehen langsam weg. Allerdings sehe ich noch immer fertig aus. Mein Magen knurrt wie verrückt, weil ich mich geweigert habe zu frühstücken, obwohl Clara mir ein Tablett mit Essen gebracht hat.
Ich trockne mein Gesicht ab, seufze und gehe wieder aus dem Bad. Es klopft an der Tür. Clara kommt herein.
,,Ich habe Ihnen Mittagessen gebracht Señora. Sie müssen etwas essen, wenn Sie sich erholen wollen", sagt sie eindringlich und kommt mit einem Tablett rein. ,,Sie zittern schon vor Hunger", sagt sie. Erst jetzt fällt es mir auf. Ich habe mich wohl an das Zittern gewöhnt, sodass ich es nicht mehr gemerkt habe. Wäre ja nicht das erste Mal, dass ich dabei bin zu verhungern.
,,Ich will nicht", sage ich müde und gehe zum Bett. Ich setze mich. Auf meinen Wunsch hin gab Clara mir heute ein T-Shirt und Shorts. Darin fühlte ich mich einfach wohler.
,,Zu verhungern bringt Ihnen doch nichts Señora! Sie müssen stark bleiben!", sagt sie wie eine tadelnde Mutter. ,,Wenn Sie Ihre Schwester wiedersehen, würden Sie doch nicht wollen, dass sie Sie so zu Gesicht bekommt!"
,,Werde ich sie überhaupt wiedersehen? Er lässt mich nicht zu ihr!", sage ich wütend.
,,Wenn sie sich so anstellen wird er es natürlich nicht zulassen!" Sie kommt näher und flüstert. ,,Don Vasco hasst Ungehorsamkeit. Er ist ein sturer Mann der sich nicht mit ihm reden lässt, wenn Sie ihn so verärgern. Versuchen sie zur Abwechslung mal auf ihn zu hören. Sie müssen Geduld haben Señora!"
Ich runzle nachdenklich die Stirn. Sie sieht mich überzeugt an. ,,Ich weiß wovon ich spreche. Ich arbeitete schon für Don Salvador, seinem Vater."
Ich sehe sie überrascht an. ,,Wirklich? Dann kennst du Vasco schon länger?", frage ich sie. Clara nickt.
,,Ich weiß zwar nicht, was in seinem Kopf vor sich geht, aber eines ist sicher señora - ich habe gesehen wie er Sie angesehen hat", schmunzelt sie aufgeregt. Was soll das jetzt heißen?
,,Jetzt tun Sie nicht so, Sie wissen was ich meine", lacht sie und drückt mir das Tablett in die Hand. Sie geht aus der Tür und lässt mich allein. Wie er mich angesehen hat? Ich habe klare Mordlust in seinem Blick gesehen. Clara interpretiert da etwas ganz falsch.

× × × × ×

00:22 Uhr

Mal wieder ist es Mitternacht. Ich kann nicht schlafen und denke an das was Clara gesagt hat. Ich soll geduldig sein und ihn nicht verärgern hat sie gesagt. Wie soll das bitte gehen? Ich habe es schon so vernünftig wie möglich versucht, aber er ignoriert mich und erteilt mir stattdessen Befehle! Er hatte nicht mal einen Hauch von Mitleid als ich ihn angefleht habe. Es ist ihm egal was meine Gründe sind, er macht was er will. Ich bin im goldenen Käfig eines Mörders gefangen und soll auch noch warten bis es ihm danach ist mich frei zu lassen oder gar mit mir zu sprechen? Wie soll ich das anstellen ohne die Beherrschung zu verlieren? Außerdem kommt es mir so vor, als könnte ich mich so sehr bemühen wie ich will, er wird immer etwas finden um wütend zu sein.
Heute war er nicht im Haus. Soweit ich mitbekommen habe ist er nach dem Frühstück raus gegangen und ist noch immer nicht zurück. Ich sollte mir wirklich überlegen es so zu machen wie Clara es gesagt hat. Ich bin schon zu lange hier und etwas besseres fällt mir nicht ein, deswegen muss ich wohl eine Weile lang nach seiner Pfeife tanzen. Etwas anderes bleibt mir nicht übrig. Ich muss es versuchen.
Ich spüre wie meine Augen endlich schwer werden. Müde gähne ich auf.

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