Leya

Z W A N Z I G

R e s p u e s t a

21:40 Uhr

Er überlegt lange, bevor er antwortet. Ich sehe ihm gespannt dabei zu, als er sich zu mir dreht. Er mustert mich gründlich und spricht.
,,Du warst mir zu schade, um einfach umgebracht zu werden."
Ich runzle die Stirn. Mit so einer Antwort habe ich nicht gerechnet.
,,Wie meinst du das?", frage ich verwirrt.
,,Ich sagte nur eine Frage", gibt er gelassen wieder und trinkt aus seinem Glas. Ich beiße die Zähne fest zusammen. Das ist so unfair! Dann hätte ich auch was anderes fragen können! Ich atme tief durch und beruhige mich.
,,Danke", sage ich nur knapp, drehe mich um und will zurück.
,,Bleib hier."
Ich bleibe stehen und sehe ihn überrascht an. ,,Ich bin müde", gebe ich leise von mir.
,,Das war keine Bitte", sagt er ruhig. Ich stelle mich wieder, auch wenn nur zögerlich, neben ihn. Etwas erleichtert, dass ich jetzt doch nicht zurück in dieses Zimmer muss, aber auch etwas nervös, weil ich seine Aktionen nicht durchschauen kann. Ich spreche leise.
,,Dafür, dass ich deine ... Ware bin, scheinst du meine Gesellschaft zu mögen", sage ich vorsichtig und beobachte ihn dabei. Er führt das Glas mit Alkohol an seinen Mund und hält inne.
,,Ich mag es wenn du sprichst", sagt er plötzlich ohne mich anzusehen und nimmt einen Schluck. Ich spüre wie meine Wangen vor Pein kribbeln. Was redet er da? Er mag es wenn ich spreche? Das ist das erste Mal, dass er etwas nettes gesagt hat. Dabei hat er mich vor drei Tagen im Pool fast ertränkt.
Während ich überlege und versuche das alles irgendwie einzuordnen, bin ich still.
,,Sprichst du jetzt aus Trotz nicht mit mir?", fragt er stirnrunzelnd und stellt sein Glas auf einem Tisch ab. Ich sehe zu ihm hoch und sehe wie er langsam auf mich zukommt. Erschrocken weiche ich zurück, was ihm missfällt, weswegen er die Nase rümpft.

Plötzlich packt er mich und zieht mich an sich ran. Meine Brust ist eng an seine gepresst, seine Arme liegen um meine Taille und der Blick seiner grauen Augen gleitet schon fast genüsslich über mein Gesicht.
,,Was tust du da?", frage ich leise. Ich verstehe diesen Mann nicht! Wieso ist er plötzlich so ... so komisch?
,,Siehst du doch", sagt er gleichgültig und lässt sein Blick in meinen verwirrten Augen verweilen. Ungläubig versuche ich mich von ihm zu drücken und mich irgendwie zu befreien. ,,Eh, despacio (Eh, langsam)", sagt er mit rauem Ton und drückt mich enger an sich. ,,Du machst immer wieder den selben Fehler", sagt er und deutet hinter mich. Ein Blick nach hinten verrät mir, dass ich wieder am Beckenrand stehe. Er hat mich wohl wieder davor bewahrt, ins Wasser zu fallen.
,,Dann hör auf mich immer wieder zurück zu drängen", sage ich sauer, oder versuche wenigstens so zu klingen.
,,Zwing mich", gibt er rau wieder. Nicht wissend, was ich sagen soll, sehe ich weg. Es fühlt sich so falsch an, so nah an ihn gedrückt zu sein. Er hat zwei Frauen, hält mich hier gefangen und bezahlt die Männer, die Papá auf dem Gewissen haben. Er widert mich einfach nur an.
,,Wieso kannst du mich nicht einfach gehen lassen?", frage ich unruhig. ,,Du hast doch genug Geld! Mich zu verkaufen wird dich wohl kaum reicher machen. Wieso also dieser ganze Aufwand?"
,,Du durftest mir nur eine Frage stellen", sagt er ruhig und entfernt sich mit mir vom Beckenrand. Als er mich los lässt spüre ich, wie mir etwas kalt wird. Ich bekomme Gänsehaut und lege meinen Morgenmantel enger um mich, was er natürlich sofort bemerkt. Er kommt einen Schritt näher, jedoch weiche ich sofort zurück, drehe mich mit einem kleinlauten ,gute Nacht' um und zurück ins Haus.

Oben angekommen gehe ich ins Zimmer. Mit klopfendem Herzen schließe ich die Tür hinter mir und setze mich aufs Bett.

Der ist doch gestört! Weiß er überhaupt was er macht? Erst behandelt er mich wie Dreck, sperrt mich Tagelang ein und jetzt tut er so als sei nichts gewesen! Auf einmal bin ich ihm zu schade um zu sterben, auf einmal gefällt es ihm mich sprechen zu hören! Macht er Witze? Oder will er mich einfach nur provozieren? Er hat zwei Frauen, aber das scheint ihn nicht daran zu hindern mir so nahe zu kommen. Er verwirrt mich. Er macht das mit Absicht!