A C H T U N D D R E I ß I G

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S ó l o  e n  P a p e l

09:11 Uhr

Nachdem ich aufgewacht, mich geduscht und mir die Zähne geputzt habe, ziehe ich mich an und gehe pünktlich zum Frühstück runter ins Esszimmer. Mich im Zimmer zu verschanzen wird mir recht wenig bringen. Je schneller ich mich an alles gewöhne desto weniger Probleme wird es geben. Das erhoffe ich mir jedenfalls.

Im Esszimmer setze ich mich an den Tisch. Clara wünscht mir einen guten Morgen als sie mit einem Tablett in der Hand den Raum verlässt. Kaum habe ich mich hingesetzt, betritt Valeria den Raum. Mich nur giftig anstarrend setzt sie sich mir gegenüber.
,,Clara", ruft sie mit ihrer kalten Stimme.
,,Guten Morgen Señora", begrüßt Clara sie freundlich nachdem sie ins Esszimmer eilt.
,,Du hast nur für zwei serviert, wieso?", fragt sie Clara. Als ich zum Tisch sehe bemerke ich, dass wirklich nur für zwei Personen serviert wurde. Das habe ich gar nicht bemerkt.
,,Nun ja...", zögert Clara unruhig.
,,Eine Antwort, Clara", drängt Valeria ungeduldig. Clara sieht zu mir, dann zurück zu Valeria.
,,Don Vasco und Señora Isabella frühstücken gemeinsam in ihrem Zimmer."
Als Valeria das hört, ändert sich ihr Gesichtsausdruck und sie nickt bevor sie einen Schluck aus ihrem Glas trinkt. Mit einem kurzen nicken und einem Blick zu mir geht Clara aus dem Raum.
Nicht sicher was ich sagen soll, bin ich einfach nur still. Er hat also bei Isabella geschlafen.
,,Ich habe doch gesagt, dass er nicht lange an dir interessiert sein wird", spottet Valeria und sieht mich wieder zornig an. Von ihrer Trauer keine Spur mehr zu erkennen. ,,Fühlt sich toll an oder? Du bist frisch verheiratet und dein Mann schert sich einen Dreck um dich. Schläft stattdessen mit einer anderen Frau", murmelt sie und schmiert sich Butter auf ihr Brot.
,,Du bist seine erste Frau, oder?", frage ich sie, ihren streitlustigen Ton ignorierend. Sie blickt von ihrem Brot auf und sieht mich an. Das Messer in ihrer Hand legt sie zur Seite.
,,Richtig erfasst", antwortet sie und beobachtet mich aufmerksam.
,,Wieso hast du beschlossen ihn zu heiraten? Jeder Blinde sieht doch, dass man in einer Heirat mit ihm keine gesunde Beziehung führen kann", frage ich sie. Sie schnaubt verächtlich.
,,Das selbe könnte ich dich fragen", antwortet sie mit gehobener Augenbraue.
,,Sicher nicht weil ich ihn liebe, im Gegensatz zu dir."
Bei meinen Worten verkrampft sie sich. Ich mag sie nicht, aber hassen tue ich sie ganz bestimmt auch nicht. Sie tut mir eher leid.
Nicht sicher was sie sagen soll, trinkt sie wieder aus ihrem Glas.
,,Ich verstehe zwar, dass das Geld und der Wohlstand ein guter Grund ist, aber so wie du dich jeden Tag immer wieder aufregst und versuchst seine Aufmerksamkeit zu gewinnen ... er sieht dich nicht einmal an. Ist es das wirklich wert?", frage ich sie verständnislos. Sie kommt doch aus einer reichen Familie? Sie ist nicht einmal auf ihn angewiesen, wieso tut sie sich das an?
,,Was wird das hier, eine Therapiestunde?", zischt sie genervt.
,,Ich versuche nur zu verstehen wie eine Frau, die aus einer wohlhabenden Familie kommt und nicht auf eine Heirat mit diesem Mann angewiesen ist, sich das alles antut. Du hast nichts zu verlieren, bist jung, hübsch und hast nicht mal ein Kind das dich an ihn bindet! Du-"
,,Sei still!" Mit einem ruck steht sie auf und schlägt mit ihren Händen auf den Tisch. Ich zucke erschrocken zusammen. Mit giftigem Blick starrt sie mir in die Augen.
,,Ich weiß doch was du vor hast! Du glaubst du könntest mich davon überzeugen abzuhauen damit du mich los wirst - aber das kannst du vergessen! Isabella hat das schon oft genug versucht, also stell dich hinten an, denn ich gehe nirgendwo hin!"
,,Was? Nein, du verstehst das falsch ich habe das nicht so gemein-"
,,Tu nicht so unschuldig! Vasco kannst du vielleicht reinlegen aber ich habe Frauen wie dich schon oft genug aus dem Weg geräumt. Und glaub bloß nicht Isabella wäre die einzige, mit der Vasco schläft, er hat da draußen genug andere putas. Nur bin ich nicht so billig wie Isabella und der Rest!"
Jetzt stehe auch ich auf.
,,Es ist mir egal wer mit wem schläft! Ich versuche dir nur zu erklären, dass du dein Selbstwertgefühl nicht nach Vascos Beziehung zu dir messen sollst! Ich sage dir, dass du ihn nicht nötig hast um auf eigenen Beinen stehen zu können! Im Gegensatz zu dir muss ich hier sein, verstehst du? Ich muss ein Dach mit diesem Mörder teilen, weil ich alles verloren habe! Ich habe absolut nichts womit ich für meine kleine Schwester sorgen kann! Damit sie zur Schule gehen kann und nicht so endet wie ich, hörst du?! Er hat sie in ein Internat gesteckt, ohne dass ich mich von ihr verabschieden konnte und du glaubst, dass ich ausgerechnet dich loswerden will?! Vasco ist zwar mein Mann, aber nur auf dem Papier. Mehr wird er für mich auch niemals sein!", spucke ich ihr zornig entgegen. Ich gehe um den Tisch herum und stelle mich vor ihr hin. Still beobachtet sie mich. Ich blicke sie giftig an.
,,Ich habe genug andere Probleme - du - bist keines davon."
Dann drehe ich mich um und gehe aus dem Raum. Doch genau als ich den Raum verlasse, steht Vasco neben der Tür. Er hat alles gehört. Stumm sieht er mich an. Wütend sehe ich von seinen Augen weg und gehe einfach an ihm vorbei.

LeyaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt