S E C H S U N D Z W A N Z I G

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R e s c a t e

02:32 Uhr

Mein Verstand setzt aus, als dieses Monster mir lüstern mein Oberteil mit dem Messer in seiner Hand durchschneidet. Mir kommen die Gesichter von Sergio und Ricardo vor die Augen. Sie haben dasselbe versucht und letztendlich gewonnen. Wäre Ria nicht, hätte ich mich schon längst von Mateo mit diesem Messer töten lassen anstatt von ihm missbraucht zu werden, aber ich muss leben. Wenn ich sterben würde, wäre Ria diesem Monster ganz allein ausgesetzt und das würde ich niemals zulassen.

Sein starker Mundgeruch steigt mir in die Nase, als er so gierig wie ein hitziger Hund beginnt meinen Hals zu küssen. Ich schließe wimmernd die Augen und versuche nichts von seinen widerlichen Berührungen zu spüren, aber das ist nahezu unmöglich. Keuchend nimmt er meine Hand und öffnet seine Hose. Übelkeit überkommt mich als mir klar wird was er vor hat. Ich kann nicht anders als ängstlich zu wimmern. Ich fühle mich taub und leer. Verlassen. Hilflos. Einsam. Gefangen. Gedemütigt.
War's das also? Habe ich das alles durchgemacht, nur um am Ende diesem Schwein ausgeliefert zu sein? Wie ist es möglich, sich so sehr in Menschen zu täuschen? Cassius hatte mich davor gewarnt. Ich sollte niemandem vertrauen. Er sagte ich sei naiv. War es wirklich so naiv zu glauben, das eine Freundin der Familie die ich mein ganzes Leben lang kenne, mir wirklich helfen würde? Ich frage mich ob wirklich ich das Problem war, oder ob die Welt es ist, die immer verdorbener wird. Meine Eltern würden sich im Grab drehen, wenn sie davon wüssten. Wenn sie wüssten, dass ihre erste gemeinsame Tochter unseren Nachbarn, denen wir immer so sehr vertraut hatten, auf derart bestialische Art ausgeliefert ist. Ich bete, dass ich nach dem hier nicht den Verstand verliere und noch bei Sinnen bin. Ich muss bei Sinnen sein, wenn ich meine Schwester beschützen will...

Ein lautes Krachen ertönt und Mateo hält in seiner Bewegung inne. Er wird von mir weggezogen. Sofort lege ich meine Arme um mich und versuche mich zu verdecken.
Erstarrt sehe ich dabei zu, wie Vasco Mateo wutentbrannt an den Haaren packt, sein Gesicht krachend gegen die Betonwand knallt und ihm das Messer aus der Hand schlägt. Ria fällt mir in die Arme. Ich drücke sie fest an mich und halte ihr die Ohren zu.
Dann schleudert er Mateo gegen ein Holzregal. Mateo fällt blutend zu Boden und krümmt sich vor Schmerzen. Vasco zieht sein Jackett aus und wirft ihn zu einem seiner Männer, der es geschickt auffängt.
Er zerrt Mateo auf die Beine und in die Küche. ,,Bringt mir den Spiegel", sagt Vasco zornig zu einem seiner Männer. Dieser nimmt den großen Spiegel der im Flur hängt und stellt ihn vor Vasco und Mateo in der Küche ab.
,,Wer bist du? Was soll das?!", ruft Mateo der schon fast auf dem Boden kauert, weil Vasco ihn an den Haaren runter drückt. ,,Hilfe!", ruft Mateo ängstlich.

Vasco öffnet mehrere Schubladen in der Küche und holt ein Fleischmesser raus.

Marta wird von einem der Männer festgehalten und auf den Boden gedrückt.
,,Mateo! Lass meinen Jungen los!", ruft Marta entsetzt.
,,Sieh' genau hin, puta", sagt Vasco zu Marta und drückt das Messer an Mateos Hals.
,,Nein! Es tut mir leid! Es tut mir leid!", fleht er um sein leben und weint dabei. ,,Sag doch was!", fleht er mich plötzlich an. Vasco sieht zu mir. Beide sehen mich erwartungsvoll an.

Ich bin wie versteinert und kein Wort verlässt meine Lippen. Ich weiß nicht, ob es aus Angst und Schock ist, oder ob ich diesen Mann einfach nur leiden sehen will.
Als Vasco sieht, dass ich nichts dazu sage, lächelt er zufrieden. Das ist das erste Mal, dass ich ihn so lächeln sehe. Vasco knallt Mateos Kopf mehrmals gegen den Spiegel wodurch er zersplittert.
,,Quieres vivir? Implorame, pendejo!", spuckt Vasco ihm erzürnt entgegen.
,,No señor, por favor! Te daré lo que quieras!", fleht er Vasco an. Plötzlich drückt Vasco sein Gesicht an das Glas des zersplitterten Spiegels. Quer zieht er Mateos Gesicht über den kaputten Spiegel, wodurch sich tausende kleine Splitter in sein Gesicht bohren. Er schreit gequält auf, während Blut aus seinem ganzen Gesicht fließt und eine Spur auf dem Spiegel hinterlässt.
,,Mateo!", kreischt seine Mutter aus ganzer Kehle während sie festgehalten wird und dabei zusehen muss, wie sie ihren Sohn foltern.
,,Halt's Maul!", brüllt der Mann, der sie festhält. Sie hyperventiliert.
Durch den kaputten Spiegel sieht Vasco auf Mateo herab. Er bückt sich zu Mateos Ohr. Dunkel flüstert er.
,,Ich werde dir die Kehle rausschneiden, du verdammter Hurensohn"
Er zwingt Mateo in den Spiegel zu sehen. Mir gefriert das Blut in den Adern, als er das Messer ansetzt und einen sauberen Schnitt durch seinen Hals macht. Mateos Schrei verstummt sofort und ändert sich in ein grausames Gurgeln. Ich sehe angsterfüllt weg und drücke meine Schwester eng an mich. Seine Mutter brüllt so laut auf, dass es mich bis ins Knochenmark erschüttert. Ich höre, wie sein Körper leblos zu Boden sackt.
,,Du hast deinen Sohn sehr schlecht erzogen", höre ich Vasco kalt sagen, bevor Marta das Bewusstsein verliert.
,,Kümmert euch um die Leiche."
Ich höre Wasser laufen. Ich öffne die Augen und sehe dabei zu, wie Vasco sich die Hände wäscht, als würde er sich Schmutz von den Händen waschen. Erstarrt bleibe ich mit Ria in meinen Armen sitzen, als er langsam auf uns zukommt. Einer seiner Männer schließt auf seinen Befehl hin die Küchentür, damit wir nicht die Leiche sehen. Er bleibt vor mir stehen und betrachtet mich. Ich sitze obenrum nur im BH vor ihm und verdecke mich mit Ria in meinen Armen. Die ganze Zeit über, habe ich ihr die Ohren zugehalten und an mich gedrückt.
,,Alfonso", ruft Vasco. Ein anderer kommt mit einer Decke und seiner Jacke hereingestürmt.
,,Guck auf deine Schuhe", sagt Vasco zu ihm als er merkt, dass ich kein Oberteil anhabe. Alfonso tut was er sagt und starrt runter auf seine Schuhe.
Vasco nimmt ihm die Decke ab und kommt zu Ria und mir. Als er sie um Ria legt, zuckt sie erschrocken zusammen und dreht sich um. Aber als sie ihn erblickt, fällt sie ihm weinend um den Hals. Ohne jeglichen Ausdruck im Gesicht, lässt er es zu. Dabei sieht er mich die ganze Zeit durch seine grauen Augen an. Ich blicke nur perplex zurück.
,,Bring sie in den Wagen", sagt er zu diesem Alfonso, nimmt sein Jackett und drängt Ria zu ihm. Ria blickt zu mir. Ich sehe kurz zu Vasco, dann zu meiner Schwester.
,,Ich komme gleich nach", sage ich und versuche sie beruhigend anzulächeln. Sie nickt und folgt dem Mann. Sie gehen aus dem Haus. Er nimmt sein Jackett und legt es mir um die Schultern. Sofort ziehe ich das viel zu große Jackett an und halte es vorne zu. ,,W... woher wusstest du ..."
,,Deine Schwester hat mich mit dem Handy angerufen, dass du bekommen hast."
Ich gucke verwirrt auf meinen Schoß.
,,Ich hatte es doch weggeschmissen...", murmle ich benommen. Ihm gefällt diese Aussage nicht.
,,Dann hast du wohl Glück gehabt", sagt er kalt und richtet sich auf. Ich erkenne frisches Blut an seinen Ärmeln.
,,Hast du dich umentschieden?", fragt er mich plötzlich. Ich blicke zögerlich auf den Boden.

Ich verstehe gar nichts mehr. Als wäre mein Gehirn einfach stehen geblieben.
Nachdem keine Antwort meine Lippen verlässt, dreht er sich wortlos um und will gehen. Ich halte ihn auf.
,,Was wenn?", frage ich ihn nervös.
Er bleibt stehen.
,,Was ... wenn ich ja sagen würde?"
Er spricht ohne sich umzudrehen. ,,Das siehst du dann, wenn du's getan hast", sagt er mit seiner rauen Stimme. Ich atme tief durch.

Wenn ich das tue, wird sich unser Leben komplett verändern. Ich weiß nicht, ob es sich positiv oder negativ auf unser Leben auswirken wird, aber Ria wird mit Sicherheit zur Schule gehen können. Sie wird nie hungern müssen, ein warmes Bett haben und tun können, wovon sie immer geträumt hat. Sie wird das Leben haben, dass ich nie hatte und endlich glücklich sein. Ich kann es nicht riskieren, dass sie wie ich alles aufgeben muss um zu überleben. Ich kann niemals zulassen, dass ihr Dinge passieren, die mir seit Papás Tod passiert sind. Aber schaffe ich das denn? Werde ich es schaffen, den Rest meines Lebens mit einem Mann zu verbringen, für den ich nichts als Furcht empfinde? Nach allem, was er getan hat, nach allem, was ich gesehen habe ... wie soll ich das schaffen? Vor allem hat er schon zwei Frauen. Wie soll das denn gut gehen? Wie soll ich das alles aushalten? So stark bin ich nicht aber ich weiß, dass ich es sein muss. Wenn es heißt, uns von diesen Qualen zu befreien, dann muss ich es tun. Ich muss es für Ria tun. Ich muss diesen Mann heiraten.

,,Und? Wie lautet deine Antwort?", fragt er mich. Ich atme erneut tief durch.

,,Ich bin einverstanden. Ich werde dich heiraten."

LeyaTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang