A C H T Z I G

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V e n  C o n m i g o

Ich höre wie Cassius die Sonnencreme öffnet. Statt sie zuerst auf seiner Hand zu verteilen, trägt er sie von der Flasche direkt auf meine Haut auf. Meine Wangen kribbeln wie verrückt als seine Hände meinen Rücken berühren. Es fühlt sich an wie eine Massage als er die kühle Creme auf meinem Rücken verteilt. Seine Hände sind groß, es sollte also nicht lange dauern das Zeug zu verteilen und doch fühlt es sich an wie eine Ewigkeit.
,,Te haré daño? (Tue ich dir weh?)", fragt Cassius mich. Als Antwort schüttle ich nur den Kopf. Ich kann verstehen wieso er mich das fragt. Im Vergleich zu ihm wirke ich wie hauchdünnes Porzellan - schmal und zerbrechlich. Ich spüre wie er mit seinen Händen unter meine Träger gleitet, was alles andere als sittlich ist. Als ich merke, dass mir diese Berührungen ein Tick zu viel gefallen, drehe ich mich um.
,,Sollen wir ins Wasser?", frage ich ihn schnell. Stumm nickt er. Er steht auf und hält mir die Hand hin. Ich hingehen stehe von alleine auf und ziehe meine Sandalen an.

Ich folge ihm in Richtung Wasser. Er läuft ohne Schuhe durch den Sand. Es scheint Cassius nichts auszumachen dass der Boden so glüht. Ich ziehe meine Sandalen aus und trete mit ihm Stück für Stück ins Wasser.
,,Es ist kalt ...!", sage ich angestrengt während ich mich versuche an die Kälte zu gewöhnen. Die Nässe von vorhin ist komplett ausgetrocknet als ich auf der Matte saß, und das im Schatten. Cassius reibt sich mit dem Salzwasser ein und atmet die Luft scharf aus. Er springt kopfüber ins Wasser und taucht mehrere Meter entfernt wieder auf. Ich hingegen bin nur bis zu meinem Becken drin und habe auch nicht vor weiter rein zu gehen.
,,Es ist nicht tief, komm schon", ruft Cassius mich. Ich schüttle den Kopf.
,,Ich bin hier zufrieden", sage ich und tauche meinen Körper bis zu den Schultern ins Wasser. Meine Verletzungen brennen wieder, aber die Kälte gleicht es aus.
,,Es passiert schon nix, du musst keine Angst haben", versucht er mich zu überreden. Ich schüttle nur den Kopf.
,,Wie du willst", sagt er und taucht unter. Es muss bestimmt Spaß machen so frei zu schwimmen und zu tauchen. Ria und ich haben manchmal Unterwasser Dokumentationen geguckt und waren immer von diesen vielen bunten Fischen begeistert. Es gab aber auch sehr komische Kreaturen wie Quallen oder Krabben oder-

Mich packt plötzlich etwas am Fußgelenk und ich schreie auf. Erst als er auftaucht erkenne ich dass es Cassius ist und ziehe ihm eins über.
,,Bist du verrückt geworden?!", schreie ich ihn an als er seine nassen Haare nach hinten streicht und sich kaputt lacht. Ich schlage ihm auf die Schulter.
,,Mach das nie wieder!"
,,Schon gut, tut mir leid!", lacht er und bringt etwas hervor. In seiner Hand hält er eine Muschel die spitz zuläuft.
,,Angeblich soll man ein Rauschen hören wenn man das offene Ende ans Ohr hält", erklärt er mir. Ich sehe ihn erst verwundert an und nehme die Muschel aus seiner Hand. Ich halte es mir ans Ohr.
,,Ich höre nichts", sage ich zu Cassius.
,,Du musst genau hinhören", entgegnet er. ,,Am besten drehst du dich etwas weg", sagt er und dreht mich an den Schultern um.
Dann höre ich genau hin. Wieso funktioniert es nicht?
Ich will gerade die Muschel von meinem Ohr nehmen, als dann Cassius die Muschel an mein Ohr hält. Er steht dicht hinter mir.
,,Ich bin's ... La Almeja! (... die Muschel!) Wer wagt es meinen Schönheitsschlaf zu stören?", verstellt Cassius seine Stimme. Ich lache und sehe hinter mir zu Cassius.
,,Du solltest lieber antworten, oder willst du Señor Almeja wütend machen?", fragt Cassius mich mit gehobenen Augenbrauen.
,,Entschuldige die Störung Señor!", antworte ich lachend.
,,Für eine Entschuldigung ist es zu spät! Wie heißt du?!", brummt Cassius hinter mir. Ich kann nicht aufhören zu lachen.
,,Ich heiße Leya", antworte ich gut gelaunt.
,,Leya also! Nun denn, Leya! Wenn du nicht von mir verflucht werden willst, musst du drei Aufgaben erledigen!"
,,Und die wären?", frage ich.
,,Erstens! Du musst dich drei mal drehen!"
,,Drehen?", frage ich Cassius.
,,Was siehst du mich an? Du hast ihn gehört", sagt er unbeteiligt, als würde er nicht gerade die Muschel an mein Ohr halten. Kopfschüttelnd tue ich was er sagt und drehe mich drei mal.
,,Die erste Aufgabe hast du bestanden! Nun lautet deine Aufgabe einmal ins Wasser zu tauchen!"
Ich halte mich an Cassius fest und halte mir die Nase zu. Ich tauche bis zu meiner Nase ins Wasser. Amüsiert hält Cassius die Muschel wieder an mein Ohr. ,,Das lasse ich mal gelten! Aber die letzte Aufgabe wird dir wohl nicht gefallen."
,,Lass es mich hören Señor Almeja!"
,,Sei bloß nicht übermütig!", schimpft die Muschel mit mir, oder eher Cassius der daran Spaß zu haben scheint.
,,Tut mir leid, ich wollte nicht übermütig klingen Señor", entschuldige ich mich und muss ständig lachen.
,,Wie auch immer ...", sagt die Muschel und räuspert sich. Ich muss wieder grinsen. Was lässt dieser Mann sich nur einfallen?
,,Deine dritte und letzte Aufgabe ist es - Cassius - den unglaublich gutaussehenden, unglaublich starken, und überaus lustigen - zu sagen was du von ihm hältst! Nimm bloß keinen Blatt vor den Mund!"
Ich drehe meinen Kopf hinter mir zu Cassius.
,,Was ich von ihm halte?", frage ich überrascht.
,,Genau", sagt er. Schnell räuspert er sich. ,,Ich meine, genau!", verstellt er wieder seine Stimme. Ich lache und nehme ihm die Muschel aus der Hand. Ich halte es an mein Ohr als sei es ein Telefon.
,,Nun ja ... wo soll ich nur anfangen Señor Almeja", sage ich amüsiert und drehe mich mit dem ganzen Körper zu Cassius, der nur gespannt darauf wartet was ich zusagen habe.
,,Cassius ist sehr nett und hilfsbereit, weißt du?", sage ich unsicher. Cassius runzelt unzufrieden die Stirn. Ich muss schmunzeln.
,,Aber abgesehen davon, ist er der erste Mensch der mich jemals so sehr zum lachen gebracht hat", sage ich wahrheitsgemäß. Jetzt hebt er hellhörig den Kopf.
,,Er ist stur und verleitet mich zu Dingen, die ich lieber nicht tun sollte. Ich denke er weiß, dass ich ihm vertraue. Wohl der erste Mensch seit langem, dem ich vertrauen kann", sage ich leise. ,,Er ist ein ganz besonderer Mensch, dessen Platz niemand einnehmen kann. Das sollte er wissen", flüstere ich. ,,Und egal wie wenig Zeit wir hier auch haben, mit ihm scheint die Zeit still zu stehen. Es fühlt sich an als würde ich ihn schon mein ganzes Leben kennen ..."
Cassius sieht mich aus diesen unbeschreiblich lebhaften Augen an. Es freut ihn wohl, das alles zu hören. Ich räuspere mich.
,,Vor allem aber ist er ein Idiot! Ständig schleicht er sich an und erschreckt mich! Kannst du glauben dass er mal von einem alten Mann ausgeraubt wurde?", lockere ich die Stimmung. Er lacht und schüttelt den Kopf. Ich tue so als wäre ich überrascht.
,,Was sagst du da? Du willst hören was Cassius über mich zusagen hat?", sage ich gespielt verwundert.
Cassius runzelt amüsiert die Stirn als ich ihm die Muschel reiche. Er jedoch hält meine Hand mit der Muschen an sein Ohr.
,,Ich rede nicht lange um den heißen Brei", sagt Cassius und sieht mir in die Augen. ,,Sie ist voll mein Typ. Vom aussehen bis hin zum Charakter stimmt alles, aber ich glaube das hat sie schon gemerkt."
,,Ich dachte du stehst auf Blondinen?", frage ich ihn stirnrunzelnd. Er lacht.
,,Das hast du dir gemerkt?", stellt er grinsend fest. Ich laufe knallrot an.
,,Lass mich gefälligst ausreden Princesa", sagt er und nimmt mir die Muschel aus der Hand. Er hält es an sein Ohr. Schmunzelnd höre ich ihm zu.
,,Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, also ...", beginnt er. ,,Dass sie wunderschön ist muss ich dir bestimmt nicht sagen Señor. Mich stört nur dass sie sich so aufführt als würde sie jede Last auf sich nehmen müssen. Ich meine, bleib mal locker? Genieß das Leben? Hab ich nicht Recht, Señor?"
,,Hör auf über mich zu lästern, klar?", sage ich und verschränke die Arme.
,,Aber abgesehen davon ist sie so ziemlich meine Traumfrau. Weißt du, als ich sie das erste mal getroffen habe, habe ich ihr einen indirekten Heiratsantrag gemacht. Wie es ausgegangen ist fragst du? Hm ...", sagt er grübelnd. Ich blicke betrübt herunter. Seine Worte haben etwas trauriges an sich. Er spricht so als hätten wir uns auf schöne Art und Weise kennengelernt, und nicht unten in einem Kerker wo mich mein jetziger Ehemann hinein stecken ließ.
,,Ich schätze besser als ich dachte. Ich meine ich lebe noch und sie ist gerade hier an meiner Seite ...", raunt er letzteres sanft und zieht mich am Handgelenk an sich ran. Seine starken Arme umhüllen mich, seine breite Brust schützt mich vor den salzigen Wellen die an seinem Felsenfesten Rücken abprallen. Wie hypnotisiert sieht Cassius mich an, lehnt seine Stirn an meine.
,,Und wenn ich könnte würde ich sie entführen ... dafür sorgen dass sie mir gehört ... dass sie irgendwann meine Kinder austrägt. Sofía y Gabriel, no? (Sofía und Gabriel, nicht wahr?)", flüstert er letzteres leise.
,,Du erinnerst dich?", frage ich ihn überwältigt und entferne mich etwas von ihm, um ihm ins Gesicht zu sehen. Es ist als würde man mein Herz herausreißen um es dann wieder gesund zu pflegen.
,,Ich wünschte ich könnte es vergessen", flüstert er leise. Seine Augenbrauen schmerzverzogen, als würde man ihm physisches Leid zufügen. ,,Dann müsste ich nicht immer daran denken wie es mit dir gewesen wäre."
Ehe ich mich versehe, nehme ich sein Gesicht in meine Hände. Er schließt die Augen und legt seine Hände an meine, um sie beide zu küssen. Ich streiche ihm das nasse Haar, welches ihm in der Stirn liegt, zurück.
,,Versuchst du mich zu verführen?", fragt er mich leise.
,,Nein", wispere ich nur kopfschüttelnd und möchte ihn loslassen, er jedoch hält meine Hände an Ort und Stelle.
,,Es wäre nicht schlimm wenn du es versuchst. Niemand sieht uns", sagt er frech.
,,Ich versuche es aber nicht!", sage ich beschämt.
,,Schade", flüstert er und lehnt seine Stirn an meine. ,,Ich versuche es nämlich."
,,Cassius ...", entfährt es nur meinem Mund.
,,Princesa. (Prinzessin.)"
,,Cassius!"
,,Sí amor? (Ja, Geliebte?)", sagt er spielerisch.
,,Basta. (Hör auf.)"
,,No puedo. (Ich kann nicht.)"
,,O no quieres. (Oder du willst nur nicht.)"
,,Sí, no qiero. (Stimmt, ich will nicht.)"
,,Du musst aber", flüstere ich leise.
,,Nur wenn ich dich küssen darf."
,,Cassius!"
,,Nur ein einziges Mal", sagt er.
,,No."
,,Por favor. (Bitte.)"
Ich schüttle den Kopf.
,,Wieso nicht?", fragt er leise.
,,Du weißt wieso", antworte ich beschämt.
,,Niemand sieht uns. Niemand erfährt es, versprochen."
,,Nein."
,,Ganz kurz."
,,Nein."
,,Nur drei Sekunden."
Ich muss anfangen zu lachen.
,,Cassius!"
,,Zwei Sekunden?"
,,Nein!"
,,Du kannst auch deine Hand dazwischen tun", gibt er nicht auf.
,,Meine Hand?", frage ich.
,,Na ja, deine ganze Hand wäre etwas übertrieben. Mit zwei Fingern wäre ich einverstanden."
,,Das ist albern", sage ich kopfschüttelnd. Er entfernt sich ein wenig um mir ins Gesicht zu sehen.
,,Ich meine es aber tot ernst", sagt er leise. Mir wird warm ums Herz. Na ja ... hier ist niemand und unsere Lippen würden sich nicht berühren also ...

LeyaWhere stories live. Discover now