Z W E I U N D A C H T Z I G

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J u s t i c i a

08:13 Uhr

Am nächsten Morgen werde ich durch den Lärm von Besteck geweckt. Als ich die Augen öffne nehme ich den Geruch von Essen wahr. Rosita bereitet das Frühstück vor.

Ich stehe von der Couch auf als mir auffällt, dass etwas fehlt. Wo ist die Muschel?
Ich stehe auf und suche auf der Couch nach diesem kostbaren Erinnerungsstück, als Rosita ins Wohnzimmer kommt.
,,Es ist auf dem Fernsehtisch", sagt sie und zeigt in die Richtung. Ich gehe hin und nehme es in meine Hand.
,,Das Frühstück ist fertig meine Liebe", sagt Abuela sanft und nickt mich in die Küche. Ich lege die Muschel an ihren Platz. Gefolgt von ihr verlasse ich das Wohnzimmer und setze mich in der Küche an den Esstisch. Wirklich Appetit habe ich nicht, aber ich will jetzt kein Thema daraus machen.
Rosita setzt sich mir gegenüber. Wir beginnen zu essen, oder eher gesagt ich. Rosita hingegen beobachtet mich nur nachdenklich. Sie möchte bestimmt wissen was hier vor sich geht.
,,Es ist köstlich geworden", lobe ich meine Abuelita um die Stille zu brechen.
,,Lass es dir schmecken", sagt sie und streicht mir eine Strähne hinter mein Ohr um mir danach über den Rücken zu streicheln. Sie hat sich wohl große Sorgen gemacht. Ich nehme sie in den Arm und gebe ihr einen Kuss auf die Wange.
,,Bitte mach dir keine Sorgen mehr. Mir geht es gut, wirklich."
Sie sieht mich nicht wirklich überzeugt davon an. ,,Willst du mir wirklich nicht sagen was passiert ist? Du weißt dass ich immer zu dir halte, egal was passiert. Ich bin die letzte die dich jemals verurteilen würde amor."
Ich nicke. ,,Das weiß ich doch!", sage ich schnell und nehme ihre weichen Hände in meine. ,,Aber es ist so viel passiert worüber ich nicht sprechen möchte. Alle glauben ich sei tot, selbst Ria."
,,Das arme Kind ...", flüstert sie betrübt.
,,Du hast doch noch Marios Nummer, nicht wahr? Kannst du ihn für mich anrufen und ihm sagen er soll mich abholen? Ich muss so schnell es geht zurück."
Sie nickt nur stumm. Ihre Augen füllen sich mit Tränen. ,,Was musst du denn noch alles durchmachen? Du bist noch so jung, das ist doch nicht auszuhalten ...", murmelt Rosita und beginnt zu schluchzen. Nein sie darf nicht noch mehr Tränen wegen mir vergießen ...!
Ich nehme ihr Gesicht in meine Hände und lächle sie sanft an.
,,Mir geht es gut, besser als es eigentlich sollte! Eigentlich hätte ich wirklich nicht überleben sollen, aber das habe ich. Ich bin unversehrt, also mach dir keine Sorgen ja?"
Sie atmet tief durch und nickt. Ich wische ihr die Tränen weg. Rosita wischt sich ihre Brille mit einem Tuch sauber und sieht mich dann an.
,,Weiß keiner dass du hier bist?", fragt sie mich. Ich nicke.
,,Vasco glaubt ich wäre tot. Ich weiß nicht was er mit Ria gemacht hat. Bei dir scheint sie ja nicht zu sein", sage ich beunruhigt, versuche aber dennoch nicht die Beherrschung zu verlieren.
,,Soll ich Mario jetzt anrufen?", fragt sie. Ich nicke stumm.

Sie steht auf und geht ins Wohnzimmer. Mein Herz klopft mir bis zum Hals weil ich bald meinen Mann wiedersehen werde. Es ist erschreckend wie nervös mich es macht den Mann wiederzusehen, der mich fallen gelassen hat. Ich frage mich was er die ganze Zeit getrieben hat. Ob es ihm weh getan hat zu glauben ich sei tot?
Was wird er tun wenn er mich wiedersieht? Wird er sich freuen, vielleicht sogar vor Freude weinen? Denkt er überhaupt noch an mich?
Ich ... kann es nicht einschätzen. Einerseits glaube ich dass er um mich getrauert hat, aber andererseits kann ich mir nicht vorstellen dass mein Tod ihn erschüttert haben könnte. Schließlich wollte er es ja so. Aber er war nie eine Person die seine Gefühle ausdrücken konnte. Kaum in Taten und erst recht nicht in Worten. Er war wie eine Mauer die man nie geschafft hat zu durchbrechen. Es macht mich traurig in Betracht zu ziehen, ihn habe mein Tod nicht lange gekümmert. Ich werde versuchen nicht zu viel von ihm zu erwarten. Was könnte ich überhaupt noch von ihm erwarten, außer dass er sich gut um Ria gekümmert hat?

Rosita kommt mit einem Zettel in der Hand und ihrem Telefon zurück.
,,Soll ich sprechen oder möchtest du?"
Ich schlucke schwer, strecke dann meine Hand nach dem Telefon in Rositas Hand aus. Sie legt es mir mit der Nummer in die Handfläche. Mit zittrigen Fingern wähle ich die Nummer und rufe Mario an. Diese Aufregung in mir ist kaum auszuhalten.
Es klingelt lange, aber er nimmt nicht ab. Ich lege auf und rufe erneut an. Vielleicht ist er beschäftigt oder er hat sein Telefon auf stumm geschaltet?
Es klingelt wieder längere Zeit, aber keiner nimmt ab. Ich versuche es zwei weitere Male, trotzdem geht Mario nicht ran. Ich selbst kann nicht zu Vasco, weil ich nicht weiß wie man dorthin kommt, schließlich liegt die Villa versteckt.

LeyaWhere stories live. Discover now