N E U N U N D Z W A N Z I G

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L á g r i m a s

11:26 Uhr

,,Wie bitte?", frage ich ihn fassungslos und stehe auf.
,,Setz dich hin", befiehlt er mit seiner tiefen Stimme. Meine Stimme bebt vor Wut. ,,Was soll hier heißen sie kommt in ein Internat?!"
Bedrohlich sieht er mich an. ,,Entweder du setzt dich wieder hin und mäßigst deinen Ton oder unser Gespräch ist vorbei und du wirst bis morgen ins Zimmer gesperrt."
Ich setze mich hin und spanne meinen Kiefer an. Mein Herz pumpt mir bis zum Hals. Den soll ich heiraten?!
,,Ich dachte, du würdest dich mehr für sie freuen", sagt er unbeeindruckt.
,,Ich will, dass sie zur Schule geht! Nicht, dass sie in irgendein Internat gesteckt wird wo sie niemanden hat!"
,,Es ist nicht irgendein Internat. Es ist eines der Besten. Ich habe schon alles bezahlt, sie muss also nur dorthin, gute Noten schreiben und ihre Schwester stolz machen. Was willst du denn mehr?", fragt er mich arrogant. Ich rümpfe die Nase.
,,Du willst sie doch nur loswerden!", sage ich aufgebracht und breche in Tränen aus.
,,Mein Haus ist kein Kindergarten", sagt er desinteressiert und will von seinem Glas trinken, aber so wütend wie ich bin, schlage ich es ihm aus der Hand. Das Glas fällt auf den Boden und zerbricht.
,,Jetzt hör' mir gut zu ...", zische ich aufgebracht und stehe wieder auf. ,,Du hast mir mein altes Leben genommen ... du und deine Männer habt mir meinen Vater genommen ... aber meine Schwester wirst mir weder du, noch sonst jemand wegnehmen können, hast du mich verstanden?!"
Wutentbrannt sehe ich ihm in die Augen. Er blickt mich nur stumm an.
Mein Blick ändert sich aber sofort in Fassungslosigkeit, als er beginnt in Lachen auszubrechen. Er lacht mich haushoch aus und hält sich den Handrücken vor den Mund, als ob er versuchen würde sich zusammen zu reißen. Ich hole aus und will ihm eine verpassen, aber er packt mich grob am Handgelenk und zieht mich nah an sein Gesicht ran. Seine Augen sind eiskalt. Er macht auch keine Anstalten aufzustehen, sondern sitzt weiterhin auf seinem Stuhl und zwingt mich stattdessen mich zu ihm zu beugen.
,,Ich lasse nur das mit dem Glas durchgehen. Überschätze dich bloß nicht", raunt er mir entgegen. Sein Griff um mein Handgelenk verstärkt sich.
,,Lass mich los!", versuche ich mich von ihm zu befreien, aber sein Griff ist eisern. Sein Blick ist mahnend.
,,Hör brav zu, bevor ich den Verstand verliere, entendido?", droht er mit seiner rauen Stimme und hält mich an Ort und Stelle. Angespannt, sage ich nichts und höre ihm zu. Mein Blick verweilt auf seiner Schulter, weil ich ihm nicht in die Augen sehen will.
,,Du gehst jetzt zurück ins Haus und bereitest dich auf unsere Hochzeit vor. Wenn ich morgen auch nur ein Widerwort höre, oder du mich vor meinen Gästen blamierst, dann verspreche ich dir, du wirst deine Schwester nie wieder sehen."
Nicht glaubend, was ich gerade gehört habe, sehe ich ihn an. Ich reiße mich von ihm los und gehe zurück ins Haus. Das Letzte was ich sehe ist, wie er meine Reaktion spöttisch belächelt.

× × × × ×

Seit Stunden laufe ich verzweifelt auf und ab. Ich bin in diesem Zimmer und versuche eine Lösung zu finden, wie ich meine Schwester bei mir behalten kann. Dieses elende Schwein! Er hat es mir absichtlich nicht vorher gesagt, weil er wusste, dass ich dieser Heirat niemals zustimmen würde und jetzt kann ich nichts machen! Natürlich hätte ich ihm gesagt, dass ich ihn dann nicht heiraten werde, aber er hat mir damit gedroht, dass ich meine Schwester nie wieder sehen werde, wenn ich mich nicht benehme. Er wird sie mir sofort wegnehmen, wenn ich mich gegen ihn auflehne. Oh Gott, was mache ich jetzt? Er wird meine Schwester irgendwohin verfrachten wo ich nicht auf sie aufpassen kann! Das kann ich nicht zulassen!

Als ich aus dem Balkon den Garten nach Ria absuche, erkenne ich plötzlich, wie Valeria meine Schwester grob am Arm packt und sie anschreit. Mein letztes Stück Geduld geht verloren, als sie Ria plötzlich hart Ohrfeigt. Wutentbrannt laufe ich so schnell ich kann aus dem Zimmer und renne aus dem Gebäude, raus zu dieser Schlampe.

LeyaWhere stories live. Discover now