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Obwohl es schon nach neun Uhr war, werkelte Namjoon immer noch an seinem neuen Bett in seinem Zimmer rum. Mom und er waren jetzt seit circa zwei Stunden wieder zu Hause und gingen ihren Tätigkeiten nach, während ich auf meiner Fensterbank von meinem Schiebefenster saß und meine Beine nach draußen baumeln ließ.

Oh Gott! Er könnte aus dem Fenster fallen und sterben!

Nein, man konnte durch diese Höhe nicht sterben, hatte ich schon versucht. Man brach sich nur etwas. War echt scheiße dem Arzt zu erklären, warum der Fuß so komisch am Gelenk baumelte.

Ich nahm einen letzten Zug von meiner Zigarette, ehe ich diese in dem Aschenbecher neben mir ausdrückte, bevor ich einen erneuten Schluck von der billigen Flasche Whiskey nahm. Schmeckte echt scheiße, aber nutzte seine Wirkung.

Nach weiteren Minuten des Nichtstuns stand ich auch mal auf und entleerte meinen Aschenbecher in meinem kleinen Mülleimer neben dem Schreibtisch, ehe ich die Flasche verschloss und auf meine Fensterbank zurückstellte. Das Fenster ließ ich offen, da endlich mal etwas kühle Luft in den stickigen Raum strömte.

Müde zerrte ich mich aus meinen nervigen Klamotten und ließ mich, nur in Boxershorts auf mein Bett fallen, in dem ich dann auch so verweilte. Morgen wäre Sonntag, ab Mittwoch musste ich für mein letztes Schuljahr zur Schule gehen, dann wäre ich fertig. Was ich mit meinem Leben anfangen wollte? Keine Ahnung, vielleicht Alkohol- oder Matratzentester. Davon brauchte man doch bestimmt immer welche, oder? Oder Zuhälter in einem geilen Puff. Jeden Abend 'ne nette Nutte an meinem Prachtstück, oh ja! Wenn sie dann passend zu ihren Bewegungen mit dem Mund ihre Hand einsetzen würde und-

"Seokjin? Es gibt Abendessen!" Mom.

Na toll, gerade als meine Gedanken sich zum Guten wenden wollten! Genervt rollte ich mich aus dem Bett und fischte mein Tshirt wieder vom Boden, um es mir schnell anzuziehen. Gedankenverloren lief ich zur Treppe und merkte deshalb nicht, wie ich frontal gegen etwas knallte. Besser gesagt, gegen jemanden.

Und als würde mein Leben mich noch nicht genug verachten, verlor ich natürlich sofort das Gleichgewicht, weshalb ich seitlich die Treppe hinunterstürzte.

Naja, ich rollte eher bis zur Hälfte, bis ich ruckartig am Arm festgehalten wurde. Namjoon hielt sich oben am Geländer mit einer Hand fest, wahrscheinlich, um nicht auch zu fallen. Mit der anderen hatte er mich fest gepackt, sodass ich nicht komplett die Treppe hinunter flog. Entgeistert starrte ich ihn an.

Er zog mich wieder nach oben und schubste mich von der Treppe weg, als meine Mom schon panisch aus der Küche gestürmt kam.

"Alles gut?"

"Oh ja, ich bin gerade nur blöd gestolpert und gegen das Geländer hier gefallen, nichts passiert", grinste Namjoon peinlich berührt und kratzte sich passend dazu verlegen im Nacken. Konnte der gut schauspielern...

"Oh, okay. Sagst du Seokjin bitte auch bescheid?" "Ja, mach ich." Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Mom wieder zurück in die Küche lief.

"Gerade noch einmal gut gegangen, was?", grinste Namjoon und ich nickte knapp. "Ja. Ist es wohl." "Du hast echt viel getrunken, kann das? Du riechst ziemlich extrem nach Alkohol", meinte Namjoon. Ich schaute nur fragend durch die Gegend, bis mein Gehirn die Frage verarbeitet hatte und nahm dann mein Tshirt in die Hand, um daran zu schnuppern. "Du riechst das selber nicht. Geh duschen und ich räume den Alkohol aus deinem Zimmer", kam es von ihm und er zog mich auf die Beine und ehe ich mich versah, stand ich auch schon unter der Dusche. Das einzige Problem? Ich hatte keine Klamotten mit.

Leise stellte ich das Wasser aus und griff nach einem Handtuch, welches ich auch recht schnell fand. Nur grob rubbelte ich mich trocken und merkte dann, als ich in den Spiegel schaute, dass der Alkohol doch eine starke Wirkung hatte. Obwohl ich gerne und dann meistens viel trank, vertrug ich eigentlich nichts. Und damit meinte ich wirklich nichts.

Leichg taumelnd hob ich mein Handtuch vom Boden auf und wickelte es notgedrungen um meine Hüfte, ehe ich in die Richtung meines Zimmers polterte. Als ich die Tür aufriss, war keiner in meinem Raum. Bedeutete, Namjoon war unten mit meiner Mom am Essen, während ich nackt und angetrunken durch den Flur torkelte.

Schnell lief ich zum Schrank und zog mir eine Boxershorts an, ehe ich mich umdrehte, um mein Handtuch zurück ins Badezimmer zu bringen, um es dort trocknen zu lassen. Klappte aber nicht allzu gut.

Namjoon meinte nämlich genau in dem Moment in mein Zimmer kommen zu müssen, weshalb er mir kraftvoll die Tür in mein Gesicht schlug.

"Sag mal: Spinnst du?!", schrie ich ihn an und rieb mir schmerzerfüllt die Nase, die zu bluten anfing. "Oh, Seokjin! D-Das wollte ich nicht!" Er stotterte überfordert und sah mich entschuldigend an, was mich aber nur aggressiver machte. Das war seine Absicht!

"Hat dich deine Mutter als Kind zu oft vom Wickeltisch fallen lassen oder was?! Kannst du deshalb nicht klopfen, sondern nur Türen gewalttätig in die Fresse ballern?!"

"E-Es war ein Unfall, wirklich!", beteuerte er erneut seine Unschuld. Ja ja, Unfall! Reine Absicht nannte sich das!

Mit geballten Händen stand ich auf. Und da mein Hirn ziemlich krankhaft auf Kurzschlussreaktionen aus war, boxte ich ihm kräftig in sein hässliches Gesicht, sodass er zurück in den Flur gegen die Kommode taumelte.

"Kim Seokjin!"

Fuck. Das war Mom. Wutentbrannt rannt sie die Treppe hoch und riss mich zurück in mein Zimmer. Dort knallte sie laut meine Tür zu und wenn Blicke töten könnten... Yoongi sollte eine schöne Grabrede halten.

"Du bist nun endgültig viel zu weit gegangen! Egal, was er deiner Meinung nach gemacht hat, du spinnst doch!" Sie atmete einmal tief durch, wahrscheinlich, weil sie mir sonst eine übergebraten hätte. "Du wirst bis zum Ende deiner Ferien nicht mehr dieses Haus verlassen! Du darfst nur aus diesem Zimmer, um dir Essen zu holen oder ins Badezimmer zu gehen!"

"Aber Mom-" "Hast du mich verstanden?!" "Aber-" "Hast du mich verstanden?!" "Ja!"

Wütend riss sie wieder die Tür auf und stapfte aus dem Raum, nur um die Tür erneut laut hinter sich zuknallen zu lassen. Danach hörte man sie sich besorgt um Namjoon kümmern. Dass mir das Blut aus der Nase über das gesamte Gesicht floss, war ihr natürlich total egal!

Wütend rannte ich zum Bett und sprang dann auf dieses, um mein Gesicht im Kissen zu verstecken und laut zu schreien. Das Kissen dämpfte mein Geschrei ein wenig und es tat unheimlich gut, meinen Frust hinaus zu lassen. Als es mir dann halbwegs besser ging, setzte ich mich auf und schüttelte mein Kissen einmal auf. Na ganz große Klasse, überall Blut dran. Als wenn mein Leben nicht noch schlechter verlaufen könnte!

Exchange Student [{NamJin}]Where stories live. Discover now