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Mit aufgerissenen Augen starrte ich zu Felix.

"Was war DAS?!", brüllte ich ihn förmlich an. Was bitteschön hatte ich denn Freitag verpasst?!

Jimin starrte genauso, das Funkeln in seinen Augen verschwand komplett. Chan starrte wutentbrannt zum Ausgang, aus dem Changbin sich gerade zwischen ein paar anderen Schülern hinausquetschte.

Mein Starren wurde unterbrochen, als Felix kurz schluchzte. Natürlich drehten wir drei uns sofort zu Felix um. Der Jüngste stand zitternd an seinem Schließfach gelehnt und ihm liefen still einige Tränen aus den Augen. Sofort nahm ich ihn in meine Arme, darauf bedacht, seinem Fuß nicht weh zu tun.

"Hey Felix", sprach ich sanft auf ihn ein. "Es ist alles gut. Lass uns nach Hause fahren, dort ist es angenehmer für dich." Felix nickte nur und auch Chan und Jimin verstanden. Ich nahm Felix auf meinen Rücken hoch, nachdem ich Changbin meinen Rucksack gegeben hatte, da dieser auch Felix' Rucksack trug. Jimin verschloss noch das offene Schließfach und schnappte sich dann die Krücken, ehe wir zu viert aus dem Gebäude liefen. Ich hatte ja noch die geringe Hoffnung, Changbin hier auf dem Parkplatz zu sehen, aber er war wohl schon auf und davon.

"Sagt jetzt nicht, dass Changbin weg ist", kam es empört von Chan hinter mir. "Junge, wir fahren immer zusammen mit dem Auto zur Schule! Als wenn ich jetzt 20 Kilometer nach Hause jogge!", regte sich Chan lauthals auf dem Parkplatz auf, auf dem wir gerade ankamen. Ich erkannte schon etwas weiter weg das Auto von Ms Kim stehen, da sie mich heute persönlich abholen wollte. Normalerweise fuhr ich ja immer mit den Jeons, aber Ms Kim musste heute morgen noch etwas mit der Schule klären, weshalb sie mich gebracht hatte und auch wieder abholen wollte. Das kam mir gerade gelegen.

"Lasst und zu Ms Kim gehen", schlug ich vor und bekam ein zustimmendes Gemurmel. Als wir dort ankamen, stieg Ms Kim auch schon mit einem fragenden Blick aus dem Auto aus.

"Jungs, was ist passiert?", fragte sie sofort nach und öffnete den Kofferraum. "Namjoon, setz deinen Freund doch dort ab", sagte sie und zeigte auf den geöffneten Kofferraum. Vorsichtig ließ ich Felix von meinem Rücken, sodass er sich hinsetzen konnte.

"Es tut mir leid", kam es dann von Jimin und er legte die Krücken auf den Boden. "Ich muss nach Hause. Mark fliegt schon heute Abend zurück nach Hause und wir müssen deshalb nachher zum Flughafen." "Alles gut Jimin", meinte Chan direkt. "Musst du weit? Sonst kann ich dich fahren", meinte Ms Kim sofort, aber Jimin schüttelte nur mit dem Kopf. "Nein danke, alles gut. Ich wohne nur einen kurzen Fußweg entfernt. Aber vielen Dank für das Angebot", kam es von Jimin, während er sich formell verbeugte und dann nach Hause ging.

"Und ihr Jungs?", fragte Ms Kim dann Chan und den immer noch still weinenden Felix. "Mein Gastbruder hat gerade Felix sitzen gelassen und ist dann abgehauen", kam es leicht wütend von Chan. "Oh, also müsst ihr erst zu einem Supermarkt und Eiscreme kaufen", meinte Ms Kim. "Steigt alle ein."

"Wartet", schniefte Felix dann. "Ich nicht wissen, ob Yugyeom weiß ich bin hier. I-Ich muss erst machen Telefon", zitterte er mit seiner Stimme sogar ein wenig. "Dann telefonier' schnell", grinste Ms Kim aufmunternd. Sie war so verdammt fürsorglich und liebevoll zu den beiden, obwohl sie Chan und Felix noch nie zuvor gesehen hatte. Und sie eigentlich tief im Inneren total aufgelöst wegen ihrem eigenen Sohn war.

"Felix!", hörte man dann schon von weitem die bekannte Stimme von Yugyeom, obwohl Felix noch nicht einmal sein Handy herausgeholt hatte. Yugyeom kam aus dem Schulgebäude in unsere Richtung gejoggt und blieb außer Atem vor uns stehen. "Ich habe dich gesucht", schniefte Yugyeom, während er sich mit beiden Händen auf seine Knie abstützte, um irgendwie nach Luft zu schnappen.

"Oh man ey, ich habe gerade echt die ganze Schule abgesucht", lachte er dann, während er sich wieder aufrichtete. "Yugyeom!", rief Felix aus, weshalb der Angesprochene um das Auto zu Felix lief und den Jüngeren sofort in seine Arme nahm. "Lass uns nach Hause, ja?" Felix nickte nur und stand dann mit Yugyeom zusammen auf. "Wo sind deine Krücken?"

"Hier liegen sie", meinte ich und hob die gewollten Gegenstände hoch, um sie dem Verletzten zu geben, der sich sofort auf diese stützte.

"Ich nehme seine Tasche", meinte Yugyeom direkt und setzte sich Felix' Rucksack auf, um sich dann bei uns zu verabschieden und mit Felix an der Seite zu gehen.

"Tut mir leid, wenn ich jetzt störe", grinste Chan verlegen, "aber könnten Sie mich bitte nach Hause fahren? Ich wohne in der Nähe von Jeon Jungkook, wenn Sie die Straße kennen." "Ja, tatsächlich kenne ich diese", lachte Ms Kim. "Am anderen Ende liegt unser Haus. Naja, wir wohnen in den Doppelhaushälften, aber in derselben Straße." "Wirklich? Könnten Sie mich dann bitte drei Straßen davor an der Straße mit der Kreuzung rauslassen? Ich wäre Ihnen verdammt dankbar!" "Natürlich, steig ein!"

Wir fuhren schon eine Weile, als Chan dann die angenehme Stille unterbrach, um etwas zu fragen.

"Ms Kim, wie geht es eigentlich Seokjin?"

Ms Kim seufzte hörbar aus, antwortete Chan dann trotzdem, als sie auf den Highway fuhr. "Es ging ihm schon einmal deutlich schlechter, aber gut geht es ihm momentan auch nicht. Ich habe ihn jetzt erstmal für einen Monat krank gemeldet, aber niemand weiß, wie lange er wirklich braucht, um wieder vollkommen gesund zu werden."

"Oh, könnten Sie ihm bitte Gute Besserung von mir wünschen?", kam es danach von Chan und Ms Kim bejahte lachend. "Kein Problem. Ich finde es äußert charmant von euch, dass ihr euch alle solche Sorgen um Seokjin macht." Danach murmelte sie noch einige Worte, die wahrscheinlich niemand mitbekommen sollte.

"Ich wünschte mir nur, er würde es genauso gut aufnehmen."

Der Rest der Fahrt war ruhig, nur das Radio lief leise im Hintergrund. Ms Kim fuhr gerade in die von Chan gewollte Straße ein.

"Da vorne ist das Haus", kam es dann von Chan und er deutete auf ein kleines Einfamilienhaus mit einem schönen Vorgarten. Das Haus sah fast so aus wie das der Jeons. Und gerade, als wir in die Einfahrt fuhren, stürmte eine aufgebrachte Frau aus dem Haus. Verwirrt stiegen wir drei aus dem Auto aus.

"Chan! Wenigstens du bist da! Wo ist Changbin?!", schrie die Frau vor uns fast, da ich das Auto umrundet hatte und nun neben Ms Kim und Chan stand. Wahrscheinlich war die Frau Mrs Seo.

"Changbin ist ohne mich gefahren. Schon vor einer Stunde ungefähr", kam es verwirrt von Chan. "Er hat mir geschrieben, dass er ein Problem hat und hat sich danach nicht mehr gemeldet!" Mrs Seo fuhr sich aufgebracht durch ihre dunklen Haare, die in einem ordentlichen Pferdeschwanz nach hinten gebunden waren.

"Er hat Felix geküsst", kam es wieder von Chan. "Changbin ist so ein Idiot! Erst muss er Felix unheimlich verletzen, heult dann tagelang rum und nun muss er ihn küssen?! Kann er sich nicht ein verdammtes mal entscheiden?!" "Wo ist Changbin denn jetzt?!", wollte ich wissen, da ich eindeutig zu verwirrt war. "Weg. Der wird schon wieder auftauchen", kam es entspannt von Mrs Seo, nachdem sie tief durchgeatmet hatte.

"Sie finden es nicht schlimm, dass ihr Sohn verschwunden ist?", fragte nun auch Ms Kim verwundert nach. "Ach, das hat er öfters mal. Abends kommt er dann wieder, entschuldigt sich tausend mal und weint dann etwas länger. Er ist ein kleiner Softie", lachte Mrs Seo.

Ms Kim lächelte ein wenig. Man sah ihr an, wie sehr ihr die Situation mit Seokjin schwerfiel. Wie sehr sie ihn vermisste, aber trotzdem den anderen zuhörte, statt über ihre Probleme zu reden. Und das war das großartige an dieser Frau.

"Chan, wir haben in der Küche Kuchen stehen, geh doch schon einmal rein", lächelte die Frau vor uns dann und Chan nickte, ehe er aus dem Kofferraum seinen Rucksack nahm und in das Haus lief. Dann wandte sich Mrs Seo wieder an uns.

"Vielen Dank, dass ihr Chan hergebracht habt. Wollt ihr beiden auch noch ein Stück Kuchen haben?" "Nein danke", lehnte Ms Kim freundlich ab. "Ich muss gleich zur Arbeit und Namjoon wollte heute Nachmittag packen, da er morgen in seine wohlverdienten Ferien fährt." "Oh", schaute mich Mrs Seo an. "Wo geht es denn hin?" "Ich fahre nach Daegu, meinen Cousin besuchen. In den anderen Ferien fliege ich nach Hause nach Amerika." "Das ist schön. Ich wünsche dir enorm viel Spaß und gute Erholung!"

Wir verabschiedeten uns noch alle voneinander, ehe Ms Kim und ich wieder ins Auto stiegen und noch den Rest des Weges nach Hause fuhren.

Exchange Student [{NamJin}]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt