6. Kapitel

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Lou sitzt schweigend auf ihrem Bett, denkt an den vergangenen Tag und gibt sich dann einen Ruck um aufzustehen. Ihre dunkelbraunen Haare bindet sie zu einem Zopf zusammen, färbt sie etwas heller und schminkt sich. Solche Mühe gibt sie sich nur damit Malfoy sie nicht mehr erkennt, falls sie ihm begegnen sollte. Lou vermutet nämlich, dass sie heute auf ihn treffen könnte.

Soweit sie sich beim Frühstück mit den anderen Gästen des Wirtshaus unterhalten hat, arbeitet er unter Anderem im Ministerium. Und genau dort muss sie heute bedauerlicherweise hin. Da sie als Lou Flinker auftreten muss, hat sie sich nur leicht ihre Haarfarbe verzaubert. In der Universität soll man sie schließlich wiedererkennen. Es werden Fotos für die Papiere gemacht, die sie heute bekommen soll.

Gerne würde sie das wann anders machen, doch leider steht der Termin fest und sie möchte ihn nicht in ihren Anfangstagen in einem neuen Land versäumen. Das passt nicht zu ihr und außerdem hat sie sich fest vorgenommen, sich nicht durch diesen reichen arroganten Typen aufhalten zu lassen.

Deshalb rafft sie sich auch auf, tritt durch die Tür und geht die Treppe runter zum Speisesaal.

Dort sitzen andere Gäste, betrinken sich bereits um 11 Uhr, was Lou absolut nicht nachvollziehen kann. Von Alkohol lässt sie lieber die Finger. Sie hat keine Lust am Morgen in irgendjemandes Bett aufzuwachen und nicht mehr zu wissen, was alles passiert ist.

Schnurstracks steigt sie in einen Kamin, nimmt Flohpulver und hofft, dass sich nicht alles davon auf die Schminke legt und daran kleben bleibt.

Lou holt tief Luft, bereut schon jetzt über das Kaminnetzwerk zu reisen und wirft das Pulver in die Luft. „Ministerium", sagt sie möglichst deutlich und die Flammen tauchen auf, umgeben sie und kurze Zeit später befindet sie sich in einen anderen Kamin und tritt sofort raus.

Das rege Treiben im Ministerium wundert sie und immer wieder muss sie leicht zusammenzucken, wenn andere Hexen und Zauberer durch die Kamine treten und das zischende Geräusch ertönt.

Sie sieht an sich herunter, stöhnt leicht auf und zieht dann ihren Zauberstab. War ja klar dass sie dreckig ist. Schnell zaubert sie sich sauber und betrachtet in einer Spiegelung der mehr als glatten und glänzenden Wänden aus Fließen ihr Gesicht. Zu ihrem Pech ist genau das eingetreten, was sie schon erahnt hat und entfernt deshalb auch die Schminke mit dem Ruß darauf.

Um Neue aufzutragen fehlt die Zeit und sie wüsste auch nicht, wo und wie sie das tun sollte.

Deshalb belässt sie es so, fühlt sich zwar ein wenig unsicherer wegen Malfoy, aber es muss so sein.

Lou lässt sich einfach von der Menge tragen, die sie in den großen Saal bringen, und schaut sich begeistert um.

Überall prächtige Gemälde an den Wänden, die alle sehr edel gehalten sind. Viel besteht aus Marmor und wie am Tag zuvor muss sie unbewusst stehen bleiben und das Bild auf sich wirken lassen.

Die Hexen, Zauberer, Hauselfen und noch Vieles mehr machen entweder einen Bogen um sie, stöhnen auf, weil sie den Weg blockiert, oder rempeln sie leicht an.

Doch das ist ihr egal. Ihre Mutter hat mal zu ihr gesagt, sie wäre ein Traumtänzer. Damals dachte sie, es wäre eine Beleidigung. Doch bei näherer Betrachtung war es eigentlich das Wunderbarste, was sie zu ihr hätte sagen können. Lou ist in diesem Moment, wie in vielen davor, tatsächlich wirklichkeitsfremd, versinkt in ihrer eigenen Welt und staunt über diesen Ort.

Ob sie nun angerempelt wird oder nicht ist ihr dabei vollkommen egal.

Ihre Augen gleiten nur über alles Mögliche, prägen sich alles ein und untersuchen jeden Winkel. Sei es die große Statue der Zaubereiministerin und die des goldenen Trios

Lou atmet erfüllt aus. Wie oft sie schon von diesem Ort gehört hat und hier sein wollte.

Malfoy hat sie vollkommen vergessen und stellt sich vor, wie das Ministerium früher ausgesehen hat. Vor ein paar Jahren, als die Statue des goldenen Trios noch nicht dort stand zu Zeiten vom dunklen Lord. Wie muss es hier ausgesehen haben, als er es unter Kontrolle hatte? Düster, leer, depressiv?

Sie weiß es nicht, hat nur Bilder im Kopf von Büchern und Zeitungen und kann sich den Rest ausmalen.

Lou versinkt weiter in ihrer Vorstellung, als sie plötzlich ziemlich stark halb umgerannt wird und sich aus ihrer Fantasie gerissen umdreht.

Eine ältere, ziemlich unsympathisch aussehende Frau schaut sie streng und wütend an und eilt dann weiter. Sie schaut ihr hinterher, wie sie, wie viele Andere, durch die Menge rennt um an ihr Ziel zu kommen.

Die Frau gerät schnell wieder aus ihrem Sichtfeld und bevor Lou tiefer in ihre Gedanken versinken kann, geht sie weiter, hält nach Ausschilderungen Ausschau und sucht die Aufzüge.

Leider sind hier nur sehr spärlich Informationen angebracht und sie muss sich für einen Weg entscheiden, der am ehesten zu ihrem Anliegen passt.

Ohne auf ihre Mitmenschen zu achten steigt sie in einen der bereitstehenden Aufzüge, stellt sich zum Gitter, die gerade zu schwingen und sich ineinander verhaken. Lou spielt leicht nervös an ihren Fingern herum, spürt die Anspannung in sich und strafft die Schultern. Neben und um ihr stehen andere Zauberer und Hexen. Sie kann auch viele Jüngere erkennen, die vielleicht sogar aus demselben Grund hier sind wie sie.

Lou betrachtet gerade einen jungen stattlichen Mann, der eine kleine Aktentasche in der Hand hält und nach vorne blickt.

Seine Ausstrahlung und der positive Ausdruck in seinem Gesicht lässt sie sich ein wenig beruhigt fühlen und sie schaut selbst auf die Akte in ihrer Hand.

Als sie plötzlich etwas an ihrer Schulter spürt, zuckt sie zusammen. Es sind zwei Hände, die sich auf die Bluse und den Umhang darüber legen und ein wenig fester zugreifen. So, als wolle der Besitzer dieser Hände sie nicht mehr so schnell loslassen.

Lou versteift sich sofort, spürt den heißen Atem in ihrem Nacken. Sie will ihre Arme heben und die Hände wegstreichen, sich selbst umdrehen und der Person in die Augen blicken. Doch als sie realisiert, dass die Person mehr als nur nah sein muss, wenn sie den Atem bereits spürt und eigentlich noch ein wenig Platz im Aufzug ist, lässt sie es bleiben. Ihr Puls erhöht sich und sie wagt es nicht mehr, sich zu bewegen.

Eine böse Vorahnung macht sich in ihr breit.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now