82. Kapitel

519 37 7
                                    

Kann ich dir helfen?"

Lou schüttelt nach einer kurzen Überlegung den Kopf. „Nein, das geht schlecht. Ich möchte flüchten, aber ich kann nicht von dir verlangen, mit mir zu gehen. Versprich mir bitte nur eins: Erzähle nie jemandem von diesem Gespräch. Bitte."

„Niemals.", sagt er todernst und greift an ihren Oberarm. „Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst."

Am liebsten würden Lou hohl auflachen. Jack weiß doch nicht, von was er redet! Er hat doch keine Ahnung, in welcher Situation und Zerrissenheit sie sich befindet! Würde sie die Hilfe von ihm annehmen und das rauskommen, dann wäre das sein Todesurteil!

„Wieso schaust du so? Denkst du, ich würde dich alleine lassen?", fragt er sie und senkt den Blick.

„Ich weiß es nicht. Ich kenne dich nicht, Jack. Ich schätze sehr, was du bereit bist zu tun. Aber du kennst die Ausmaße davon nicht. Ich werde das Land verlassen und kann nicht mehr nach Norwegen, weil ich dorther komme und er mich in meinem Heimatland als erstes suchen wird. Ich möchte auf einer anderen Universität studieren und hoffe, dass er die Hoffnung aufgibt und nicht jede Universität durchsuchen wird. Ich werde sowieso damit warten müssen, bis sich alles beruhigt. Mein Leben ist gerade zerstört und ich muss es mir erst neu aufbauen. Glaube mir, Lucius kann Leben zerstören." Wenn er so bleibt wie er ist. Ich hätte in der Hand, das zu ändern, fügt sie ihn Gedanken hinzu. „Ich kann dir das nicht antun. Ich werde das schaffen, hörst du? Vielleicht wäre es unter anderen Bedingungen anders gewesen und wir hätten wirklich befreundet sein können. Aber nicht unter diesen. Was ich höchstens brauchen werde, ist Geld. Alles andere wäre zu viel verlangt.", murmelt sie.

Jacks Augen richten sich wieder auf ihre und er scheint angestrengt nachzudenken und beißt sich auf die Lippe. Von dem kindlichen Mann ist gar nichts zu sehen. „Ich möchte dich begleiten."
„Das zeigt, was für ein großartiger Mensch du bist. Aber ich möchte dein Leben nicht zerstören."

„Aber was, wenn du es gar nicht zerstörst? Du kannst bei mir wohnen, ich kann dich verstecken. Du wärst nicht in großer Gefahr, ich wäre nicht in Gefahr.", versucht er es anders. Sein Gesicht läuft bei dieser Frage rot an.

Lou setzt an etwas zu sagen, überlegt es sich dann aber doch anders. Ja, das wäre eine Möglichkeit für die Überbrückung. Trotzdem ist es riskant, zumal Lucius bereits von Jack weiß. Bei ihm wird er zuerst schauen.

Dazu kommt noch, dass die unsichtbare Flumpi an ihrer Hose, die sie heute glücklicherweise anziehen durfte, zupft. Die Hauselfe scheint etwas dagegen zu haben oder wie soll Lou das anders deuten? Sie könnte das Wesen jetzt fragen, aber das wäre sehr dumm. Wenn Lucius Jack in die Finger bekommt und ihm Veritaserum geben würde oder Legiliments anwenden würde, dann wäre das das Ende der Hauselfe. Natürlich wird das Fehlen von Flumpi auffallen, zumal sie nun nicht mehr auf Malfoy hört. Aber Flumpi fürchtet sich bestimmt vor einer Rache. Er wird Gnade für Lou haben, aber nicht für eine, aus seiner Sicht, wertlose Hauselfe.

„Ich kann nicht. Ich danke dir über alles für dein Angebot, Jack. Aber er wird mich dort finden. Er hat von dir erfahren und wird bestimmt zu dir kommen und dich ausfragen.", sagt sie schweren Herzens und drückt sein Kinn mit ihrer Hand vorsichtig hoch, damit sie die Wichtigkeit durch Mimik verdeutlichen kann.

Schweigen entsteht zwischen den beiden. „Er... weiß von mir und meinen Sympathien zu dir?"

Lou nickt vielsagend. Ganz sicher ist sie sich jedoch nicht. Lucius hat nur von einem Jungen gesprochen und nicht seinen Namen verwendet.

„Ich werde nichts sagen, versprochen. Aber wenn er wirklich das getan hat, was du mir erzählt hast,... dann schreckt er... vor Gewalt nicht zurück. Warum hast du mir das dann erzählt? Was, wenn er von deinen Plänen erfährt, weil ich versage?" Angst ist in seinen Augen zu lesen und seine Stimme zittert voller Mitleid und Sorgen um sie.

Lou beißt sich auf die Lippen. „Weil ich vielleicht auch will, dass er mich findet. Ach, ich weiß nicht mehr, was ich will und was nicht!"

Der junge Mann vor ihr schluckt merklich und entfernt seine Hände von ihren Oberarmen. „Du... willst eigentlich gar nicht fliehen? Du verwirrst mich. Was meinst du damit?"

Ein verzweifeltes Wimmern entfährt Lou, ihr Herz zieht sich zusammen. „Ich habe doch keine Ahnung! Ich weiß nicht, ob ich es will oder nicht! Für mich ist es das beste aber für ihn nicht... Ach, ich weiß nicht mal das! Diese Situation ist verrückt! Ich blicke doch selbst nicht mehr durch! Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll."

„Du magst ihn also doch!", murmelt er und er kneift schmerzhaft die Augen zusammen. Er geht einen Schritt zurück und beginnt schwer zu atmen.

„Nein, ich mag ihn nicht. Er ist mir nur wichtig.", schließt Lou mit möglichst fester Stimme. Es scheitert, sie bekommt nur Gestotter heraus.

„Ich verstehe es nicht. Erkläre es mir."

Lou wirft verzweifelt die Hände in die Luft. „Hast du Geschwister? Ich habe keine, aber ich denke dass es sich so anfühlen muss, wie bei Lucius und mir. Man hasst und liebt sich zugleich. Ich kann es nicht beschreiben. Ich weiß es doch selbst nicht! Ich versuche nur, das für mich beste zu tun. Aber zeitgleich mache ich es damit nur schlimmer, ihn schlimmer." Alles bricht aus ihr heraus. Es schmerzt, erleichtert sie aber auch.

Jack mustert sie. Nach einer halben Ewigkeit nickt er. „Wenn du etwas brauchst, dann kannst du immer zu mir kommen. Ich muss zugeben, dass ich es nicht ganz verstehe. Ich akzeptiere und respektiere es aber. Zumindest versuche ich es. Wenn du möchtest, helfe ich dir eine neue Heimat zu finden und alles zu organisieren, um dich in Sicherheit zu bringen." Diese Worte scheinen für ihn schwer aussprechbar zu sein. Als er jedoch den Mund wieder schließt, nickte er ihr voller Ernst zu.

Lou atmet tief durch und achtet nicht mehr auf ihr Herz, das immer schneller geschlagen hat und sich jetzt beruhigt.

„Ich danke dir, Jack. Wirklich."

Er nickt.

„Bitte gib auf dich Acht. Und nimm meine Entschuldigung wegen meines Egoismus an und verwehre sie nicht. Es tut mir leid, dass ich dich da mit hineinziehe und er von dir weiß. Bitte nimm sie an. Tue das für mich!"

„Ich kann nicht.", sagt er daraufhin knapp. Lou stoppt mitten in der Bewegung. Jack verzeiht ihr nicht dafür, dass sie ihn dort mit hineinzieht und keine Rücksicht auf seine Sicherheit gibt. „Es tut mir wirklich leid. Ich weiß doch, dass es falsch ist, dass ich dir all das erzählt und dich so damit verbunden habe."

„Eine Entschuldigung ist nicht nötig.", erwidert er wieder nur.

Lou schluckt und nickt dann. Sie spürt, wie sich die Tränen wieder ihren Weg bahnen.

„Willst du wissen warum? Eine Entschuldigung ist nicht nötig, weil ich dir schon längst verziehen habe. Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, es nicht zu tun. Ich sehe doch, welche Probleme du hast und dass es dir schwer fällt. Du brauchst Hilfe, weil du es alleine nicht schaffst. Du musstest dich mal aussprechen. Ich kann nachvollziehen, weshalb du es getan hast. Weshalb sollte ich dir das dann übel nehmen? Es ist selbstverständlich, dass ich dir vergebe. Ich sehe doch, dass es dir leid tut und du darüber nachdenkst. Das ist vollkommen ausreichend für mich. Was bringen mir Worte einer Entschuldigung, wenn sie nur dahingesagt und leer sind? Deine richtige Entschuldigung ist die Situation und dein Reflektieren. Das bedeutet mir viel mehr als ein einfaches Entschuldigung. Es ist nicht nötig, das zusätzlich zu sagen, wenn doch schon alles klar ist. Ich verstehe deine Intension und mache dir absolut keinen Vorwurf. Manchmal gibt es Situationen, in denen Menschen nicht weiter wissen und am Ende sind.

Außerdem hast du es versucht. Ich bin selbst schuld, wenn dieser Malfoy zu mir kommt. Du hast versucht Abstand zu mir zu halten. Und ich habe es nicht gesehen und nicht akzeptiert, weil ich die Gründe dafür nicht kannte. Vielleicht musstest du dich bei ihm für so etwas, was streng genommen nicht in deiner Macht liegt, entschuldigen. Bei mir musst du es nicht."

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyМесто, где живут истории. Откройте их для себя