81. Kapitel

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„Ich werde nicht aufgeben.", sagt Jack, der nun direkt neben ihr steht.

Lou schaut noch an die Stelle und hebt in Zeitlupe die Hand, um sich die Tränen wegzuwischen.

„Ach Lou!", stöhnt Jack und schlingt seine Arme um sie.
Einen Moment denkt sie, es sei Lucius, der sie umarmt. Aber diese Person riecht anders und sieht auch anders aus.

Die Taubheit verschwindet aus ihren Gliedmaßen und ihre Sinne werde wieder schärfer. Die Traurigkeit bliebt jedoch.

Als sie realisiert, wer da vor ihr steht, weiß sie nicht, wie sie reagieren soll. Ein Schluchzen entfährt ihr. Ihre Arme schlingen sich wie automatisch um die gezwungene Umarmung und machen sie zu einer gewollten und gebrauchten. Sie legt den Kopf auf seine Schulter. Diesmal ohne die Angst, dass Lucius davon etwas mitbekommen könnte. Flumpi würde sie nie verraten.

Obwohl sie Jack umarmt, denkt sie an Lucius. Sein Gesicht konstruiert sie innerlich vor sich.

Ein erneutes Schluchzen verlässt ihren Mund. Jack hält sie aufrecht und streicht ihr beruhigt über den Rücken.

„Pscht... Pscht...", flüstert er in ihr Ohr.

Lou atmet tief durch und nickt dann. Sie sollte doch keine Träne für ihn vergießen! Das ändert die Situation auch nicht, ganz und gar nicht!

Einige Minuten liegt sie noch in Jacks Armen, ehe sie sich von ihm löst und auf einen sanften aber auch besorgten Gesichtsausdruck von ihm trifft.

„D-danke, Jack."

„Gern geschehen. Auch wenn ich enttäuscht bin, weil du den Kontakt zu mir abbrechen willst oder musst. Bei dem Blick, den er dir geschenkt hat, schließe ich darauf, dass es wohl eher von ihm ausgeht."

Lou schaut zu Boden und dann hinter Jack, um Hilfe bei Flumpi zu suchen. Diese ist jedoch bereits unsichtbar, sodass sie sie nicht erkennen kann. „Es tut mir leid. Es ist einfach nicht möglich... ich werde auch nicht mehr lange hier blieben."

„Es ist wegen ihm, oder?", fragt Jack plötzlich hart. Lou schaut auf und in seine Augen.

„Ich möchte nicht darüber reden."

„Hat er dir weh getan?" Seine Hände greifen an ihren Oberarm und schütteln sie. „Brauchst du Hilfe? Hält er dich fest? soll ich irgendetwas für dich tun?"

Lou verzieht das Gesicht. Ja, Lucius hat ihr viel angetan. Aber Hilfe zu holen ist deutlich übertrieben, jetzt wo sie schon bald weg von ihm ist. Sie wünscht Lucius trotz allem alles Gute.

„Nein, ich bekomme das hin. Ich werde nicht mehr hier auf diese Universität gehen, weil ich hier bald nicht mehr leben werde.", flüstert sie mit einem flauen Gefühl im Magen. Was, wenn Jack mit Lucius unter einer Decke steckt? Aber Jack ist radikal ehrlich... das passt nicht zusammen. Es sei denn, er ist nicht der, den er vorgibt zu sein. Schweiß bricht bei ihr aus. Seit wann ist sie so misstrauisch anderen gegenüber?

„Bekommst du nicht. Sonst würdest du gerade nicht so scheiße aussehen und fast zusammenbrechen."
„Danke, jetzt fühle ich mich besser.", entgegnet Lou sarkastisch, woraufhin er nur die Augen verdreht. „Ich verlange eine Antwort, eine Begründung. Ich möchte nicht ohne Grund abgewiesen werden. Ich vermute mal, dass dieser Malfoy dich dazu zwingt. Aber das ist kein Grund, weshalb wir nicht befreundet sein können. Warum zwingt er dich eigentlich?"

Lous Augenlid beginnt zu zucken. Sie möchte nicht über Lucius reden! Vor allem nicht mit Jack! Reicht ihr Vertrauen aus, um sich ihm zu öffnen? Was, wenn sie es bereuen wird?

Aber eigentlich ist es genau das, was sie tief im Inneren möchte: Dass es scheitert. Vielleicht wäre es gar nicht mal so schlimm, wenn Jack es Lucius sagen würde... und sie zurück zu ihm käme...

Quatsch...

Was ist das denn bitte für eine Motivation? Wenn sie so denkt, kann sie auch gleich aufgeben!

Das Problem ist eben folgendes: Sie weiß nicht mehr, was sie denken soll und was nicht.

Voll von inneren Konflikten schüttelt sie den Kopf und packt ihn kurzerhand am Oberarm und zieht ihn mit sich. Die Leute um sich herum ignoriert sie. Alle schauen zu ihnen, wissend welche Bindung sie zu Lucius hat. Es muss ein seltsames Bild abgeben, wenn sie Jack jetzt mit sich zieht, doch das Risiko geht sie ein. Natürlich möchte sie ihn keineswegs mit hineinziehen. Doch was soll sie anderes tun, wenn er so aufdringlich wird?

„Was zum...", murmelt er, doch Lou zieht ihn schon weiter.

Als sie bei einer Ecke von zwei Gebäuden ankommt, bleibt sie stehen und schaut ihm tief in die Augen. „Ich bin nicht freiwillig bei ihm. Ich kann nicht mit dir über alles reden, wenn andere in der Umgebung sind. Ich werde beobachtet. Verstehst du das? Von Hauselfen!", zischt sie ihm zu. Etwas, das in ihrer Zeit bei Lucius selten geworden ist. Wegen Angst vor den Konsequenzen hat sie versucht, nicht patzig zu werden. In letzter Zeit hatte sie aber keine Angst mehr davor...

Ihr Herz schlägt ihr bis zum Hals.
Jack beginnt zu grinsen. „Also hast du gar nichts gegen mich! Wusste ich es doch!"

„Das ist nicht lustig. Mein Kurs beginnt in 15 Minuten und ich möchte dort noch anwesend sein."

Jack 8streicht sich einmal durchs Haar, bevor er seine Krawatte fester zieht und sie richtet. „Natürlich nicht. Warum warst du gestern nicht da? Und wie bist du überhaupt in diese Situation gekommen? Und was ist mit den Hauselfen?"

Lou holt erneut tief Luft. „Jack...", Sie dreht schmerzhaft den Kopf bei den Erinnerungen. „Lu- Mr. Malfoy hat mich gesehen, sich in mich verliebt, mich entführt und möchte mich heiraten. Deswegen war ich gestern auch nicht da... wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit. Aber sag das niemanden weiter. Bitte, Jack. Ansonsten geht es mir an den Kragen.", sprudelt Lou los. Flumpi erwähnt sie mit Absicht nicht. Sollte Lucius durch Jack doch etwas herausfinden, dann wäre die Hauselfe in allergrößter Gefahr. Obwohl dieses Wesen auch in Gefahr wäre, wenn sie sie nicht erwähnen würde. Schließlich hätte sie ihre Aufsichtspflicht nicht erfüllt und würde klar als Verräterin erkannt werden.

Jacks Miene wird immer ernster. „Das tut mir leid. Ich wusste, dass du unglücklich damit bist, aber nicht das krasse Ausmaß davon. Entschuldige die Nachfragen. Malfoy hat wirklich einen Kinnhaken verdient. Nicht nur das. Eigentlich halte ich nichts von Gewalt, aber er hat es wirklich nötig.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now