68. Kapitel

674 41 16
                                    

„Nun komm, Liebes.", sagt er und zieht sie an der Hand hinter sich her ins Innere des Gebäudes. Lou schaut von einer Seite zur anderen, versucht ihre Umgebung besser wahrzunehmen. Überall stehen Gemälde herum, die teilweise durch weiße Lacken verdeckt werden. An den Wänden ist Graffiti gesprüht. Mal schön, mal weniger schön und chaotisch. Die meisten von ihnen zeigen Tiere, Gesichter oder Landschaften.

„Mr Robin?", ruft Lucius in seiner voluminösen Stimme, sodass Lou zusammenzuckt. Er spricht so herabwürdigend, ohne Liebe. Es ist so kalt, wenn er mit anderen redet.

Eine Flut von angehenden Lichtern erhellt endlich den Raum, sodass eine zweite Etage sichtbar wird. Sie erstreckt sich über die Hälfe der Fläche vom Erdgeschoss und ist nur aus Holz gezimmert. Es sieht nicht sonderlich sicher aus, die Dielen sind sehr alt. Sie verzichtet gerne darauf, dort hoch zu dem Mann zu gehen. Oben steht nämlich ein Mann mittleren Alters, mit einem weißen Shirt und Hose, beides voller Farbe. Einen langen Bart trägt er, ebenso wie längere, rote Haare. Er hat eine Brille auf seiner Nase und schaut zu Lucius und Lou hinunter.

„Guten Tag, Mr Malfoy." ruft er von dort hinab und geht die Treppenstufen, die kein Geländer besitzen, hinab. Lucius mit Lou und er gehen aufeinander zu, ehe alle stehen bleiben.

Der für Lou unbekannte Künstler betrachtet sie von oben bis unten, besonders ihr Gesicht. Obwohl nichts Lustvolles in seinem Blick liegt, fühlt sie sich unwohl, mag es nicht betrachtet zu werden. Dabei kann sie sich ausmalen, warum er sie so innig anschaut. Er muss sie bestimmt malen. Sonst wären sie nicht hier. Was würde Malfoy auch sonst mit einem Künstler wollen? Sie ist sich sicher, dass er auch noch ein Muggel ist. Erstaunlich, dass Lucius ihn nicht gleich abwertet und ausgerechnet auf ihn zukommt. Obwohl, als sie so in seine Richtung schaut, sieht sie eine grimmige, arrogante Miene. Lucius scheint ihn auch zu verabscheuen, braucht den Mann aber noch, weshalb er sich zu einem Nicken als Begrüßung zwingt.

Der fremde Mann zieht die Hand, die er ihm eigentlich ausstrecken wollte, wieder zurück. Er lächelt nervös. „Sie haben sich schon umgezogen, sehr gut. Ihr Umhang gefällt mir, Sir. Wie es scheint, möchten Sie auch auf dem Bild sein."

Lou schaut zu Lucius, der nur eine Braue hebt. Bisher hat sie noch kein Wort gesagt und gedenkt auch nicht, zu sprechen. Lucius' Eifersucht baut sich schnell auf, um die Menschen um sich herum zu schützen ist es immer besser, wenn sie in seiner Gegenwart schweigt. Außerdem wüsste sie nicht, was sie sagen sollte. Nach der Aussage des Mannes weiß sie, dass er keine Ahnung von Zauberei hat und ein Muggel ist. Dass Lucius ein Gemälde von ihr haben möchte, auf dem er sie immer betrachten kann, ist verständlich. Aber warum lässt er sich eins von einem Muggel machen und nicht auf Zaubererart, wo sich die Gemälde sogar bewegen können? Möchte er durch ein Bild nicht auch noch ihre Ablehnung erfahren? Sie runzelt die Stirn. Es würde Sinn ergeben, schließlich wäre ein Muggelbild das einzige, dass ihm zumindest das Gefühl gibt, lieben zu können und geliebt zu werden.Trotzdem ist es mehr als nur seltsam für ihn.

Lucius gibt ein Schnauben von sich. „In der Tat... Ich habe Sie durch meine Partner aber nicht engagiert, um irgendwelche Feststellungen zu tätigen, sondern um zu malen. Ich möchte zwei Gemälde haben, in Lebensgröße. Eins von meiner Verlobten und mir und das andere nur von ihr alleine. Ich erwarte gute Leistung, andernfalls bezahle ich Sie nicht. Es soll möglichst echt aussehen. Und sie soll glücklich wirken, als sei zum Beispiel ihr Geburtstag. Glücklich mit einem verliebten Ausdruck in den Augen. Zur Not müssen Sie ihren Gesichtsausdruck dahingehend ändern."

Lou schaut wenig begeistert zu Malfoy, dessen Hand noch immer in ihrer ist. Er schaut sie nicht an. Mit den Gemälden will er weiter in seiner Illusion, in seiner falschen Vorstellung von Liebe leben. Es soll den Eindruck erwecken, als sei sie glücklich in ihn verliebt. Deshalb auch das Gemälde mit ihm zusammen.

Der Mann nickt und deutet eine Verbeugung an. „Natürlich, der Herr. Ich werde mein Bestes geben. Sie können schon einmal Platz nehmen, ich muss noch die Materialien und die passende Leihwand holen. Posieren Sie so, wie Sie es sich wünschen und es relativ bequem ist, um das stundenlang auszuhalten. Anschließend werde ich bei Bedarf noch an der Pose korrigieren." Mit diesen Worten dreht der Künstler sich um, dessen Miene mit dem Verhalten von Lucius immer dunkler wird, und geht die Treppen empor.

Malfoy zieht sie mit zu einer Wand, an die eine bloße Landschaft gesprayt ist und vor der eine Bank steht.

„Setz dich neben mich, nachdem ich mich hingesetzt habe, mein Engel. Es wird lange dauern.", sagt er und zupft den Umhang zurecht, als er sich elegant niederlässt und sie an sich zieht und sie neben ihm sitzt. Er positioniert sie so, dass sie an ihn lehnt und ihr Kopf auf seiner Brust liegt. Er legt einen Arm über sie und hüllt sie mit in seinen weichen Umhang. Lou kommt sich seltsam vor, so halb zu liegen. „Tue mir den Gefallen und lächle, ja? Ich weiß, dass es ein anstrengender Tag war und auch noch sein wird, aber ich möchte, dass das hier ein Meisterwerk wird."

Lou nickt langsam, lächelt noch nicht, weil der Künstler noch nicht da ist. „Darf ich mir etwas wünschen?", fragt sie langsam, während sie auf seiner sich hebenden und senkenden Brust liegt, seitlich an ihn gelehnt.

Lucius streicht ihr mit seinem Gehstock, den er wie als Symbol mit einer Hand hält, eine Strähne aus dem Gesicht. „Kommt ganz darauf an, was.", entgegnet er nur, ehe er den Gehstock wieder auf dem Boden aufstellt. Allgemein macht er einen heroischen, stolzen Eindruck. Die zu beschützende Frau in seinen Armen verstärkt das nochmal zusätzlich.

Lou atmet tief durch, schaut nach oben und das, was sie von der zweiten Ebene sehen kann und vergewissert sich so, dass der Mann noch nicht wieder nach unten kommt, sondern mit dem Tragen beschäftigt ist.

„Ich möchte mit Flumpi in die Universität. Ich kenne Garnu nicht und er hat mir nicht weitergeholfen, als ich ihn gebraucht habe. Zum Beispiel wollte ich den Weg finden und er hat mir nach meiner Bitte nicht geholfen... solche Situationen eben. Ich fühle mich unwohl in seiner Gegenwart.", bringt sie schließlich heraus und hebt dabei den Kopf, um ihm in die Augen zu schauen.

Er scheint zu überlegen, nickt dann aber nach einer Zeit.

„Und ich brauche meinen Zauberstab. Heute musste ich mir eine Ausrede einfallen lassen und versprechen, bald einen neuen mitzubringen. Ich habe heute morgen gar nicht daran gedacht, dich darum zu bitten, mir ihn zu geben. Ich brauche ihn für mein Studium und werde es nicht missbrauchen."

Lucius spannt sich bei dieser Bitte deutlich an. Lou schaut ihn abwartend und nervös an, obwohl sie schon mehr als nur froh darüber ist, dass das mit Flumpi klappt und sie schon bald weg von ihm sein kann. Ein Stein fällt ihr damit von den Schultern, jedoch muss sie noch so viele andere tragen.

„Nun ja, ich habe mich bereits darüber gewundert. Aber ich kann dir deinen Zauberstab noch nicht geben. Ich werde darüber nachdenken müssen. Meine Bedingung wäre, einen unbrechbaren Schwur zu leisten, mit dem du keine Dummheiten gegen mich anstellen kannst."

Er senkt den Kopf, um ihr zu zeigen, dass es von ihr abhängig ist. Lou nickt und lehnt sich wieder an seiner Brust an. Sie hat zwar genickt, würde aber am liebsten in Wut ausbrechen. Einen unbrechbaren Schwur kann sie nicht leisten! Das würde alles unmöglich machen. Sie dachte, er wäre darüber hinaus, weil ein unbrechbarer Schwur sie auch umbringen könnte und das das ist, was er und sie nicht wollen.

Wie dem auch sei, sie muss nun wirklich auf Flumpi vertrauen und, dass diese ihren Stab besorgen kann. Sie spürt die Nervosität schon jetzt in sich und versucht sie zu unterdrücken. Lou stellt eine weitere Frage zu einem Thema, das ihr ebenfalls alles zerstören könnte und das sie sehr belastet. „Warst du das mit dem Tagespropheten? Wie hast du das gemacht? Du wolltest es mir noch erklären."

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now