19. Kapitel

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Obwohl Lou es nicht möchte, kullern die Tränen weiter ihre Wangen hinab und ihr Brustkorb bebt. Würde sie jetzt anfangen zu sprechen, klänge ihre Stimme wohl sehr weinerlich. Sie will es nicht wagen, nicht wenn Lucius' Miene sich gerade so verändert. Ist es, weil sie nach seinen Worten nicht sofort aufhört zu weinen?

Er schaut nicht mehr lieblich wie zu einem Kind zu ihr. In seinem Blick liegt Ärger. Warum auch immer. Wenn dann sollte er sich doch schlecht fühlen, Mitleid mit ihr haben. Lou bezweifelt aber, dass er sich wirklich in sie hineinversetzen kann. Schließlich sieht er sich selbst als der Beste in der Welt an und als Bereicherung für sie. Er versteht nicht, warum sie weint. Zumindest vermutet das Lou. Oder er will es sich selbst nicht eingestehen.

Ihr Weinen stört ihn, so viel ist schon mal klar. Sein Mund öffnet sich langsam und Lou ist sich bewusst, dass er sie gleicht bestimmt deswegen anschnauzen wird. Sie versucht, sich zu beruhigen, doch es klappt nicht. Sie kann einfach nicht aufhören zu weinen, selbst wenn sie an etwas Schönes denkt. Sie erinnert sich daran zurück, wie sie mit ihren Freundinnen in ihrer Schulzeit fangen gespielt hat, frei war und einfach nur glücklich.

Der Gedanke macht sie aber nicht fröhlicher. Eher trauriger. Lou vermisst dabei einerseits ihre Freunde und anderseits hat sie die Befürchtung, so etwas nie wieder tun zu können. Wegen Malfoy, versteht sich. Wenn es dazu kommen sollte, so etwas, auf dem ersten Blick kindliches zu wiederholen, wird es wohl eher eine Fluch mit Todesangst für sie sein.

Diese Vorstellungen machen sie noch trauriger, am liebsten würde sie sich zusammenkauern und alleine sein, sich richtig ausheulen. Doch das geht nicht, nicht bei ihm. Die Situation ist jetzt schon viel zu demütigend für sie. Kann es sein, dass er genau daran so viel Spaß hat? Es würde sie nicht wundern, schließlich ist er ein Sadist.

„Du sollst nicht weinen.", befiehlt er in einem strengen Ton, der keine Widerrede zulässt. Er sieht ihr direkt in die Augen, mit einer Warnung darin, sich jetzt sofort zusammenzureißen.

Weshalb ist ihm das so wichtig? Warum kann er nicht mitansehen, wie sie weint? Weil er sie liebt und er sie deshalb glücklich sehen will? Aber dann würde er doch etwas dafür tun, dass sie glücklich ist. Ihr nur zu erlauben, ihren Bildungsweg fortzusetzen und dafür sonst alles zu nehmen, reicht da nicht als Ausgleich.

„Warum?", fragt sie, verzieht das Gesicht wütend, ballt die Hand zur Faust. Malfoy hebt die Braue über ihren Ausbruch, kann es wohl kaum glauben, weshalb sie fragt. Vermutlich fände er es, nach Lous Wahrnehmung aus, nicht schlimm, wenn sie allgemein nur nach dem Grund dafür fragen würde. Es ist wohl nicht die Frage, sondern der Ton, der ihn stört.

Auch wenn sie das realisiert, so kann sie sich einfach nicht zurückhalten, kann ihre Emotionen nicht kontrollieren. Ihr wird hier ihre Existenz zerstört. Da sollte sie weinen und so viel schreien dürfen, wie sie will. „Warum?", fragt sie mit weinerlicher Stimme, spuckt ihm die Worte geradezu ins Gesicht. „Weil dann deine Illusion zerstört wird? Von einer glücklichen Partnerschaft oder sonst was, in der ich alles akzeptiere, was DU MIR ANTUST?", brüllt sie die letzten Worte. „Wie kannst du es wagen? Ich habe auch Gefühle! Denk nicht nur immer an dich!"

Malfoy verharrt für einige Sekunden einfach so in der Position. Er scheint sprachlos zu sein.

Lou weiß nicht, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen ist und er nur sprachlos ist, weil er nicht glauben kann, dass sie es wagt, so mit ihm zu sprechen oder weil er sich der Lage aus Lous Perspektive bewusst wird und versteht was sie meint.

Ist es ein Fehler, so jemandem wie ihm ein Gewissen einreden zu wollen oder nicht? Wie wird er darauf reagieren?

„Du...", beginnt er, findet seine Sprache wieder und beißt dennoch die Zähne aufeinander. Die Oberlippe hebt und senkt sich beim Sprechen, die Nasenflügel weiten sich. Die Laute die er von sich gibt, erinnern weniger an Worte, als an ein Knurren. „Du wagst es... das zu sagen?", fragt er mit einem bebenden Unterton.

Ruckartig steht er auf, sodass sie von seinem Schoß fällt und sich abstützen muss, um den kleinen Sturz abzufangen. Lou weiß in dem Moment: Das zu sagen war ein Fehler. Ein großer Fehler.

Sie dreht sich auf den Rücken, sitzt nur halb und schaut zu ihm auf. In der erhöhten Position sieht er auf sie hinab, seine Augenlider zucken vor Wut.

Lou ist so sehr von Angst erfüllt, dass ihre Tränen versiegen, einfach weil die Furcht vor dem Bevorstehenden zu groß ist. Wird er sie jetzt bestrafen? Sie hält die Luft an... Wird er sie jetzt vergewaltigen? Oder was hat er mit ihr vor?

Er schaut einfach nur wütend aus, er senkt seinen Kopf nicht und mustert sie nur mit den Augen. Wie Lous Brustkorb hebt und senkt sich auch seiner vor Wut.

Kein gutes Zeichen.

Alle Funktionen ihres Körpers sagen ihr: Los, lauf Mädchen und renn um dein Leben!

Doch sie kann nicht. Es würde alles noch viel schlimmer machen, als es eh schon ist. Er würde sie finden, hat er gesagt. Sie zweifelt nicht daran. Zumindest nicht, wenn sie so dumm versuchen würde, wegzulaufen. Aus einer Kurzschlussreaktion heraus würde das wohl nichts bringen.

„Du denkst also, dass es nicht so sein wird? Dass ich nur an mich denken würde, wenn ich von uns spreche?", fragt er mir hochgezogener Braue. Er ist wütend, doch seine Stimme ist nur noch kalt wie Eis. „Dann werde ich dich belehren. Du wirst schon noch sehen, dass es so sein wird, wie ich es will. Und dass du gehorchen wirst.

Sehe ich dich noch einmal weinen...", er macht eine dramatische Pause, „...dann wirst du um Gnade flehen. Unterschätze mich nicht, Kleines."

Lou schaut in seine Augen, kann noch immer keine Luft holen. Gänsehaut breitet sich auf ihrem Körper aus. Leider keine Gute. Es ist Angst. Pure Angst vor dem, was nun kommt.

So als würde er ihre Gedanken lesen, packt er sie blitzschnell an ihren langen, dunkelbraunen Haaren und zerrt sie ein Stück hoch.

Automatisch geht ihr Kopf zurück und sie sieht ihn noch ängstlicher und panischer an. Es tut weh. Es tut verdammt weh. Er soll los lassen, verdammt! Er soll sie gehen lassen!

Doch sie weiß, dass das nicht passieren wird.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu