57. Kapitel

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Ihr klappt der Mund auf. Nicht sein Ernst... Wie sehr kann man es eigentlich noch übertreiben? Sie schüttelt ungläubig den Kopf.

Die anfängliche Angst davor, dass er etwas gemerkt hat, wandelt sich nun in Empörung, die sich aber rasch legt. Es ist alle mal besser so, als Ärger zu bekommen.

Nervös streicht sie sich durch die Haare. „Na gut... Traurig, dass ich das nicht mehr darf, aber ich habe wohl eh keine Chance gegen dich eine Diskussion zu gewinnen."
„Richtig", erwidert Lucius gelassen. „Aber gut... Apropos Diskussion. Bei einer vergangenen habe ich meine Entscheidung geändert."

Lou sieht ihn fragend an. Auf Malfoys Züge schleicht sich ein sanftes Lächeln, als er an ihr und Flumpi, der er immer noch keinen einzigen Blick gönnt, vorbeigeht.

Er biegt um die Ecke zum Eingangsbereich und kommt schließlich mit einem Korb wieder. Er ist geflochten, darin befindet sich eine weiße Decke, die den gesamten Inhalt vor ihr verheimlicht.

Eine Klappe ist zu sehen, also befindet sich vermutlich ein Tier darin.

Lou versteht die Welt nicht mehr.

Lucius stellt den Korb auf den Wohnzimmertisch ab, deutet mit der Hand darauf. „Na los, Liebes, öffnet es."

Vorsichtig setzt Lou sich in Bewegung, blendet aus, wie Flumpi sich unsichtbar macht und aus dem Raum geht. Ihre ganze Aufmerksamkeit liegt auf dem seltsamen Korb. Welche Diskussion meint er?

Dort angelangt und neben Lucius stehend, schiebt sie die Riegel vor der Öffnung beiseite und schwingt die Tür zur Seite.

Ohne weiter darüber nachzudenken greift sie hinein, schiebt die Kuscheldecke ein Stück weg und fasst erneut in etwas weiches.

Ein Schrei ertönt und Lou zieht die Hände sofort zurück. Das ist ein Tier! Es hört sich an wie der Schrei einer erschrockenen Katze.

Schneller als sie reagieren kann, schlüpft eine schwarze Katze aus dem Korb und springt von dem Tisch auf den Boden, flitzt davon.

Lous Augen weiten sich. Sie schaut zu Malfoy, der ein selbstgefälliges Grinsen auf dem Gesicht hat. Er wirkt so arrogant und selbstverliebt wie eh und je.

Er hat wirklich nachgegeben! Ihr Wunsch nach einem Leidensgenossen hat sie schon wieder ganz vergessen, jetzt wo sie mit der Planung beschäftigt ist. Lucius hat damals Sex für ein Tier gefordert. Was ist nur los mit ihm, dass er plötzlich doch ein wenig mehr Mitgefühl zeigt? Ist es eine Belohnung und ein Ansporn für ihr Bemühen oder eher eine Erpressung? Schließlich wüsste Lou nicht, wie sie auch noch mit einer Katze flüchten sollte. Immerhin weiß sie jetzt, dass er bei John wirklich nicht gewesen sein kann und es hoffentlich auch nicht vorhat.

Gedanken rasen durch ihren Kopf, die sie einfach nicht richtig sortieren kann. Eine Menge an Gefühlen durchflutet sie, am dominierendsten die Freude.

Sie rennt auf Lucius zu, obwohl er fast direkt neben ihr steht, und schließt ihn in eine feste Umarmung.

Nach ein paar Sekunden der Verwirrung erwidert er die Umarmung und legt seinen Kopf auf ihrem ab.

„Danke Lucius! Das ist echt lieb von dir.", sagt sie. Seit Tagen breitet sich wieder ein richtig ehrliches Lächeln auf ihrem Gesicht aus, das sie einfach nicht zurückhalten kann.

Malfoy atmet gegen ihren Haaransatz, spricht undeutlich zu ihr. „Immer doch, ich bin nicht der Bastard, für den du mich hältst."

Auch wenn Lou sich nicht sicher ist, ob sie das wirklich gehört hat, antwortet sie besser nicht. Sie umarmt ihn einfach nur, hat das Bild der schwarzen, wunderschönen Katze mit den grünen Augen vor innerlich vor sich.

Das Tier muss geschlafen haben, bevor Lou sie geweckt hat. Hoffentlich ist die Katze nicht nachtragend!

Sie löst sich von Lucius, um zu dem Tier zu gehen und es in ihrem neuen Zuhause herumzuführen, welches Lou eigentlich selbst kaum kennt.

Sie spürt den Blick von ihm auf sich, als sie sich umdreht und zur Tür rausgehen möchte, ihre Sorgen für einen Moment vergessen will. Doch das lässt Lucius nicht mit sich machen.

Blitzschnell greift er nach ihrem Arm und dreht sie zu sich um.

„Nicht so schnell. Schon vergessen, was wir noch vorhaben?", fragt er mit diesem Funkeln in den Augen, streicht ihr eine der braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Lou runzelt die Stirn. Kommt er doch noch auf den Sex zurück? Ihr wird ganz mulmig zumute.

„Was denn? Wir wollten in den Garten."

„Stimmt, das werden wir oder zumindest du auch tun. Aber dafür musst du noch einen Brief schreiben. An deine Eltern und an deine... Freunde.", sagt er und betont das letzte Wort so, als würde er diese Menschen vollkommen für überflüssig halten.

Ihr Lächeln gefriert. War klar, dass er sie nicht mit der Katze spielen lässt, sie stattdessen dazu zwingt, ihre eigenen Eltern zu belügen. Sie kann nicht das schreiben, was sie möchte, aber immerhin wird sie Briefe von ihren Liebsten erhalten. Es hat positive und negative Seiten, so wie fast alles im Leben.

„Natürlich Lucius.", sagt sie bemüht freundlich, damit es den Eindruck macht, als wäre sie ihm extrem dankbar für das Geschenk. Genau das ist sie nämlich auch, kann es auf ehrlichem Wege aber wegen all der anderen Dinge nicht zeigen.

Er nickt erfreut, greift nach ihrer Hand und zieht sie langsam mit sich. Lou spürt die Wärme seiner Hand, folgt ihm schweigend. Immer mal wieder schaut sie sich um, versucht die Katze zu entdecken. Aber diese hat sich offensichtlich versteckt. Schade.

Er führt sie in sein Arbeitszimmer mit großem Blick auf den Garten. Es ist luxuriös, ganz oben im riesigen Anwesen. Der Boden besteht wie so oft aus Marmor, vor seinem Schreibtisch liegen schwarze Teppiche. An den Seiten stehen vollgestopfte, aber geordnete Regale mit Büchern und Ordnern.

Hier arbeitet Malfoy also.

Der große Schreibtisch zieht besonders ihre Aufmerksamkeit auf sich. Von dort aus kann man perfekt aus den Fenstern schauen und beobachten. Ein teurer Füller mit Holz als Griff liegt auf dem Marangonitisch, daneben Pergament und viele Briefe. Dahinter, zwischen Tisch und Bücherregal, steht ein großer Lederstuhl, auf dem der Hausherr nun Platz nimmt.

Ihm gegenüber ist ein kleinerer, aber auch gemütlicher Stuhl, auf den sich Lou setzt.

Lucius hebt darüber die Braue, als er gerade nach dem Füller greift. „Habe ich dir gesagt, du sollst dich dorthin setzen? Komm doch auf meinen Schoß, Liebling."

Mit lautem Einatmen erhebt sich Lou widerwillig, geht auf ihn zu und setzt sich vorsichtig auf seine Oberschenkel.

Er schaut an ihrem Kopf vorbei direkt auf das bereit gelegte Stück Pergament.

Lou spürt seinen Atem nahe an ihrem Ohr. Ihr ist mehr als nur unwohl, in dieser Position. Die Freude über die Katze ist schon fast vollständig verflogen, verdrängt.

Wie erstarrt sieht sie auf den Füller herab, das Schreibutensil, das für gewöhnlich eher die Muggel verwenden. Wie ausgerechnet Malfoy zu einem kommt und dazu noch mit persönlicher Gravur, ist ihr ein Rätsel.

„Beginne mit dem Gruß.", fordert er sie auf. „Ich möchte deine Schrift sehen." Er raunt es ihr ins Ohr, sodass Lou kleine Blitze durchzucken, wegen denen sie sich anspannt.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWhere stories live. Discover now